Aktuelle Aufnahmen der Raumsonde DAWN zeigen, dass der Zwergplanet Ceres über eine beeindruckende Bandbreite an verschiedenen Oberflächenstrukturen verfügt. Bereits in wenigen Wochen wird die Raumsonde in eine Umlaufbahn um Ceres eintreten und den Zwergplaneten anschließend über mehrere Monate hinweg eingehend untersuchen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, JPL.
Zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter befindet sich der Asteroiden-Hauptgürtel unseres Sonnensystems. In einer Entfernung zwischen 2,0 und 3,4 Astronomischen Einheiten zur Sonne befinden sich dort vermutlich mehrere Millionen Asteroiden mit Durchmessern von mehreren hundert Kilometern bis hinunter zu lediglich wenigen Metern, bei denen es sich um Überbleibsel aus der Entstehungsphase des Sonnensystems handelt. Zwecks der Untersuchung von zwei der größten der dort befindlichen Objekte wurde am 27. September 2007 die Raumsonde DAWN gestartet.
DAWN schwenkte am 16. Juli 2011 in eine Umlaufbahn um den Asteroiden (4) Vesta ein und untersuchte diesen drittgrößten Himmelskörper im Bereich des Asteroidengürtels anschließend bis zum September 2012 ausführlich mit den drei an Bord der Raumsonde befindlichen wissenschaftlichen Instrumenten. Neben dem im visuellen und infraroten Spektralbereich arbeitenden VIR-Spektrometer und dem Gamma- und Neutronenspektrometer GRAND kam dabei auch ein unter der Leitung von Mitarbeitern des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen entwickeltes und betriebenes Kamerasystem, die aus zwei identischen Optiken bestehende Framing Camera, zum Einsatz.
Nach dem Abschluss dieser Untersuchungen setzte die Raumsonde ihre Reise durch unser Sonnensystem fort und begab sich dabei zu ihrem zweiten Forschungsziel, den ebenfalls im Haupt-Asteroidengürtel gelegenen Zwergplaneten (1) Ceres. Mittlerweile ist dieses nächste Ziel jetzt fast erreicht. Gegenwärtig befindet sich DAWN in einer Entfernung von nur noch etwa 49.000 Kilometern zu Ceres und nähert sich dem Zwergplaneten dabei derzeit – mit einem Ionentriebwerk angetrieben – pro Stunde um weitere 288 Kilometer.
Bereits seit dem Dezember 2014 fertigt die Framing Camera während der Annäherung an Ceres in regelmäßigen Abständen Fotoaufnahmen von dem Zwergplaneten an, durch deren Auswertung sich für die beteiligten Wissenschaftler erste detaillierte Einblicke auf dessen Oberfläche ergeben. Seit dem Januar 2015 erreichen diese Aufnahmen eine bessere Auflösung als die zuvor am höchsten aufgelösten Ceres-Fotos, welche mit dem Hubble Space Telescope angefertigt wurden (Raumfahrer.net berichtete).
Die jüngsten Aufnahmen, welche bereits am 12. Februar 2015 aus einer Entfernung von etwa 80.000 Kilometern angefertigt wurden, zeigen jetzt erstmals auch die Seite des Zwergplaneten, welche die Raumsonde DAWN bisher noch nicht beobachten konnte. Wie auf diesen Fotos zu erkennen ist findet sich auf Ceres eine beeindruckende Bandbreite an Oberflächenstrukturen. Neben einer Vielzahl an tiefen Kratern erstreckt sich dort zum Beispiel eine halbkreisförmige, kantenartige Struktur über eine Breite von etwa 250 Kilometern, welche an eine Art Steilhang erinnert.
Da die Sonne bei den aktuellen Aufnahmen ‚links hinter‘ der Raumsonde stand, werfen nur die Krater am rechten Bildrand ausgeprägte Schatten und wirken deshalb besonders plastisch. Die Strukturen in der Mitte und auf der linken Seite sind deutlich schwerer zu erkennen. Insgesamt deuten die Beobachtungen der vergangenen Wochen jedoch darauf hin, dass nahezu die gesamte Oberfläche des Zwergplaneten von Kratern überzogen ist.
Besonders auffällig ist ein großer und verhältnismäßig heller Krater auf der Nordhemisphäre von Ceres, welcher sich deutlich von seiner Umgebung abhebt. Dort lässt sich eine Art Strahlenkranz erahnen, wobei linienförmige Strukturen – vom Zentrum des Kraters ausgehend – radial nach außen verlaufen. Ähnliche Formationen, welche auch als Strahlenkrater bezeichnet werden, sind den Planetologen vom Mars, vom Mond und von verschiedenen größeren Monden bekannt. Auf diesen Himmelskörpern bestehen derartige hellen Strahlen aus Material, welches durch den Impakt eines kleineren Körpers ausgeworfen wurde. Derzeit ist noch unklar, ob im Fall von Ceres eine ähnliche Interpretation zutrifft. Auch die bisher erkennbaren diversen ‚hellen Flecken‘ auf der Ceres-Oberfläche werden derzeit noch als verhältnismäßig junge Impaktkrater interpretiert.
Voraussichtlich am 6. März 2015 wird sich die Raumsonde Ceres so weit genähert haben, dass diese durch die Gravitation des Zwergplaneten ‚eingefangen‘ wird. Anschließend soll DAWN den Zwergplaneten über einen Zeitraum von 16 Monaten umkreisen und dabei aus unterschiedlichen Höhen mit den drei mitgeführten Instrumenten erforschen. Die im Rahmen dieser Untersuchungen anzufertigenden Fotoaufnahmen werden den beteiligten Planetologen dabei helfen, die Entstehungsgeschichte der verschiedenen Oberflächenstrukturen zu entschlüsseln.
Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Betrieb der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.
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