Zweite EVA der Expedition 36 sehr erfolgreich

Die Astronauten Chris Cassidy und Luca Parmitano haben den zweiten Außenbordeinsatz der ISS Expedition 36 sehr erfolgreich abgeschlossen. Parmitanos Einsatz war der erste Ausstieg eines Italieners.

Ein Beitrag von Sascha Haupt. Quelle: NASA-TV, NASA, Raumcon.

Für die aktuell laufende ISS-Expedition 36 sind insgesamt 5 Außenbordeinsätze (EVAs, Extra Vehicular Activities) geplant, um Wartungsarbeiten zu verrichten, Außenexperimente auszutauschen und die ISS auf neue Module und Besuchsraumschiffe, unter anderem das russische Forschungsmodul Naúka (MLM) vorzubereiten.

Ähnlich wie bei der russischen EVA Nr. 33 standen für diese US-EVA Nr. 22 zahlreiche Aufgaben auf dem Plan, die sich im Laufe des letzten Jahres angesammelt hatten. Chris Cassidy und Luca Parmitano waren bei der Bewältigung dieser vielseitigen Aufgaben sehr erfolgreich.

Es war die fünfte EVA für Cassidy nach seinen drei Ausstiegen bei STS 127 und der Reparatur einer Ammoniak-Pumpeinheit bei Expedition 35 sowie die erste EVA für Luca Parmitano.

Parmitano ist der erste Italiener, der einen Außenbordeinsatz durchgeführt hat und der erste ESA-Astronaut außerhalb der Station seit dem deutschen Hans Schlegel bei der Shuttlemission STS 122 im Februar 2008.

Chris Cassidy und Luca Parmitano (Bild: NASA)

Nach dem Verlassen der Quest-Luftschleuse arbeiteten die beiden Astronauten zunächst getrennt: Chris Cassidy tauschte einen im letzten Jahr ausgefallenen Transmitter für eine der beiden KU-Band Antennen der Station aus. Dabei hatte er zunächst Probleme, weil eine Schraube des neuen Transmitters klemmte. Bei einem neuen Versuch mit mehr Drehmoment lies sich der Transmitter dann aber installieren.

Währenddessen deinstallierte Luca Parmitano das Materialexperiment MISSE-8, das für zwei Jahre Proben dem freien Weltraum ausgesetzt hatte. Dabei hatte er auch die Möglichkeit, das Alpha-Magnetic-Spectrometer (AMS) zu fotografieren. Ingenieure hatten eine etwas schwächere Leistung eines der Radiatoren des AMS beobachtet. Die Fotos sollen dabei helfen, die Ursache dafür zu finden.

Nach dem Austausch des Transmitters verlegte Chris Cassidy ein Stromkabel für das MLM (Nauka), das im nächsten Jahr zur Station starten soll, von Unity zu PMA-1, dem Übergang zum russischen Modul Sarja. Das Kabel war bei einem Außenbordeinsatz im letzten Jahr an Unity zurückgeblieben, weil nicht mehr genug Zeit geblieben war.

Anschließend arbeiteten Cassidy und Parmitano zusammen, um die beiden mit dem Dragon-CRS-2-Flug angelieferten RGBs (Radiator Grapple Bars) zu den Radiatoren an den S1- und P1-Truss-Gittersegmenten zu bringen. Diese Halterungen, die zum Austauschen eines der beiden großen Radiatoren benötigt würden, falls einer davon ausfallen sollte, wurden im März mit dem Roboterarm zunächst temporär an der POA befestigt. Die POA (Payload and ORU Attachment Assembly) befindet sich am Mobile Base System (MBS) auf dem Mobile Transporter, der sich auf Schienen entlang der Truss-Struktur der ISS bewegen kann. Sie ist im Prinzip identisch mit den Enden des Roboterarms SSRMS und kann Nutzlasten an den gleichen Greifpunkten (Grapple Fixtures, GFs) halten.

https://www.raumfahrer.net/wp-content/uploads/2020/11/RGB.jpgDie beiden RGBs bei der Anlieferung mit Dragon (Bild: SpaceX)

Für diese Aufgabe befestigte Luca Parmitano eine Fußhalterung am Ende des SSRMS und bestieg diese. Nachdem die beiden RGBs voneinander gelöst waren, manövrierte Karen Nyberg vom Inneren der Station aus den SSRMS mitsamt Parmitano und der ersten RGB zum S1-Truss. Die zweite RGB verbliebt zunächst am POA. Nach der Installation der ersten RGB am Truss ging es zurück zum MBS, wo Luca Parmitano zunächst eine defekte Kamera deinstallierte. Sie soll bei der Dragon CRS-3 Mission zur Reparatur zurück auf die Erde gebracht werden. Dann holte er die zweite RGB vom POA und wurde mit dem Roboterarm zum zweiten großen Radiator an P1 herübergeschwenkt, wo er sie gemeinsam mit Cassidy installierte.

Nach dem Abschluss der Arbeiten mit den RGBs machte sich Chris Cassidy daran, zwei Überbrückungskabel an der Z1-Trussstruktur zu installieren, die den Ausfall wichtiger Systeme im Fall eines Defekts an einem der Gleichstromtransformatoren (DDCU) verhindern sollen. Diese Arbeiten sollen bei der nächsten EVA in einer Woche abgeschlossen werden. Es können nicht beide Kabel bei einer EVA komplett installiert werden, da dazu jeweils Systeme herunter gefahren werden müssen, die nicht gleichzeitig außer Betrieb sein sollen.

Nachdem Luca Parmitano Aufräumarbeiten am SSRMS und der Fußhalterung abgeschlossen hatte, befestigte er eine Schutzabdeckung an PMA-2 vorne am Harmony-Modul der Station. PMA-2 ist der Adapter, an dem bis vor zwei Jahren regelmäßig die Space Shuttles angedockt hatten. Jetzt wird er bis zur Einführung von kommerziellen bemannten US-Raumschiffen nicht mehr benötigt und soll deshalb durch die Abdeckung vor Mikrometeoriten, kleinem Weltraumschrott und Temperaturschwankungen geschützt werden.

Da die Astronauten nach Erledigung dieser geplanten Aufgaben dem Zeitplan über 30 Minuten voraus waren, konnten noch Zusatzaufgaben angegangen werden: Chris Cassidy begab sich zum vorderen Ende des russischen Moduls Sarja, wo sich eine PDGF (Power and Data Grapple Fixture), also ein „Fußpunkt“, von dem aus der kanadische Roboterarm (SSRMS) operieren kann, befindet. Cassidy kontrollierte zunächst den Mechanismus dieser PDGF und stellte fest, dass sich entgegen der Befürchtungen der Ingenieure kein Erdungskabel im Mechanismus befindet. Anschließend legte er ein Datenkabel von der PDGF zu PMA-1. Bei der nächsten EVA soll dann ein Kabel von PMA-1 zu Tranquility (Node-3) verlegt werden.

Mit dem Schließen der äußeren Luke der Luftschleuse und dem wieder Unter-Druck-Setzen von Quest endete der Außenbordeinsatz nach 6 Stunden und 7 Minuten, geplant waren 6 Stunden und 30 Minuten.

Cassidy (links) und Parmitano (rechts) in Quest Mitte: Karen Nyberg (Bild: NASA)

In einer Woche, am 16. Juli, geht es für Cassidy und Parmitano wieder „vor die Tür“. Dann stehen die endgültige Installation des zweiten Überbrückungskabels an Z1, das Verlegen des zweiten Teils des Datenkabels für die PDGF an Sarja sowie eines Ethernetkabels für das MLM, die Installation von Führungsschienen an den heute installierten RGBs, das Umsetzen einer Antenne und das Entfernen der Schutzabdeckung von der im letzten Jahrs ausgefallenen MBSU (Main Bus Switching Unit, einem Schaltkasten) auf dem Programm.

Diskutieren Sie mit:

Nach oben scrollen