Nach ihrem Start am Mittwoch bereiten sich die Taikonauten von Shenzhou 6 auf die Landung in der inneren Mongolei vor. Ihre Mission dürfte ein voller Erfolg gewesen sein.
Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: Xinhua.
Es war fast auf den Tag genau zwei Jahre nach dem ersten bemannten chinesischen Raumflug, als am vergangenen Mittwoch um 3.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit eine Rakete vom Typ Langer Marsch 2F vom Weltraumbahnhof Jiuquan abhob. Die Kapsel Shenzhou 6 beherbergte die beiden Taikonauten Fei Junlong und Nie Haisheng, beide Mitglieder der chinesischen Volksarmee.
Zehn Minuten nach dem Start in der Wüste Gobi brandet Applaus durch das Kontrollzentrum: Die Kapsel hat sich erfolgreich von seinem Träger gelöst. Weitere zehn Minuten darauf erreicht Shenzhou 6 seinen Zielorbit: Die Kapsel kreist nun in einer Höhe zwischen 200,65 und 344,7 Kilometern mit einem Neigungswinkel von 42,4 Grad um die Erde. Die Mission wird währenddessen von chinesischen Bodenstationen sowie drei weiteren Schiffen überwacht, die sich auf drei verschiedenen Ozeanen befinden.
Nach ihrer Ankunft im All führten die beiden Taikonauten nach Angaben chinesischer Medien einige Routinearbeiten durch. Hierbei wurden jedoch nur wenige Details über ihre genauen Aufgaben während der Mission publik gemacht, sondern eher die „normalen“ Aktivitäten einer Weltraummission in den Vordergrund gehoben. So telefonierten Junlong und Haisheng mit ihren Familien, unterzogen das Shenzhou-Raumschiff einer Inspektion und führten Notfallübungen durch. Die aus drei Modulen bestehende Kapsel, der Orbitalsektion, der Rückkehrkapsel sowie der Gerätsektion wurde komplett in Betrieb genommen.
Während des Fluges wurden zudem auch einige wissenschaftliche Experimente durchgeführt. Deren Inhalt wurde im Detail nicht veröffentlicht. Allerdings ging es wohl größtenteils um Untersuchungen des Raumschiff selbst, das immerhin erst seinen zweiten bemannten Flug durchführt, so dass die Sicherheit der Insassen ständig genau überwacht werden muss. Unter anderem wurde geprüft, wie sich die Bewegung der Taikonauten innerhalb der Kapsel auf die Flugbahn auswirkt und wie sie von Weltraummüll beeinträchtigt wird.
Das Shenzhou-Raumschiff, das aus Bauplänen der russischen Sojus-Kapsel entwickelt wurde, ähnelt in seiner aktuellen Form weiterhin seinem russischen Vorbild. Es hat jedoch z.B. mit seinem autonomen Orbitalmodul auch deutliche Unterschiede. Während des dritten Flugtags gab Shenzhou-Chefentwickler Zhang Bainan zu erkennen, dass ab Shenzhou 8 deutliche Änderungen am System der Kapsel vorgesehen sind. Zudem habe man mit der eigenen Kapsel „die Defekte der russischen Sojus verhindert.“
Während einer kleinen Kurskorrektur am Freitag, die eine erfolgreiche Landung in der nördlichen inneren Mongolei sichern sollte, machten sich Teams am Boden daran, die erfolgreiche Landung der Shenzhou-Kapsel, die für Montag geplant ist, zu erproben. Die Taikonauten sollen nach ihrer sicheren Landung mit Helikoptern aufgelesen werden. Nach einem etwa 20-minütigem Telefongespräch mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao am Samstag bereitete sich die Besatzung schließlich auf die Landung vor.
Der Flug von Shenzhou 6 war ein großer Schritt vorwärts für die chinesische Raumfahrt. Nicht zu vergessen ist, dass es erst der zweite bemannte Flug für die Volksrepublik war. Nichts desto trotz waren bereits zwei Insassen an Bord der Kapsel, die technologisch deutlich von den ersten Raumkapseln der USA und der Sowjetunion abweicht. So ist davon auszugehen, dass bereits mit der aktuellen Version von Shenzhou bis zu vier Taikonauten transportiert werden können. Dass auf dem aktuellen Flug noch keine riskanten Weltraumausstiege versucht wurden, spricht für eine risikobewusste Planung der ersten bemannten Weltraummissionen.
Jedoch stehen in den nächsten Jahren große Änderungen im Weltraumprogramm an. So wird es nicht bei „bemannten“ Flügen bleiben: Kürzlich wurde die Aufnahme von Frauen in das Taikonautenchorps angekündigt. Es ist zudem anzunehmen, dass während der nächsten Missionen, die ersten „Weltraumspaziergänge“ (Extravehicular Activities, EVAs) und Kopplungsmanöver durchgeführt werden. Diese wiederum sind der erste Schritt zum Bau einer Raumstation, den die chinesische Führung nach eigenen Angaben anstrebt.