Zwei Gaswolken in der kosmischen Nachbarschaft

Die Europäische Südsternwarte veröffentlichte kürzlich eine Aufnahme der Großen Magellanschen Wolke, auf der zwei Gaswolken erkennbar sind. Obwohl diese vom Aussehen her sehr verschieden ausfallen, wurden beide Wolken durch starke stellare Winde von extrem heißen, neu geborenen Sternen geformt.

ESO, IAU, Sky&Telescope
Die hier grün umrandete Große Magellansche Wolke befindet sich im Grenzgebiet der beiden Sternbilder Schwertfisch (Dorado) und Tafelberg (Mensa) am südlichen Sternhimmel.
(Bild: ESO, IAU, Sky&Telescope)

In der unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft zu unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, befinden sich mehrere Zwerggalaxien, welche die deutlich größere und entsprechend massereichere Milchstraße teilweise umrunden. Bei einer dieser Galaxien handelt es sich um die „Große Magellansche Wolke“, die auch unter der englischen Bezeichnung „Large Magellanic Cloud“ (kurz „LMC“) bekannt ist. Mit einer visuellen Helligkeit von 0,9 mag kann diese bereits mit dem bloßen Auge betrachtet werden.

Allerdings muss sich der interessierte Betrachter dazu auf der südlichen Erdhalbkugel befinden, denn nur von dort aus können die beiden Sternbilder Schwertfisch (lateinischer Name „Dorado“) und Tafelberg („Mensa“) beobachtet werden. Die Große Magellansche Wolke befindet sich im Grenzbereich zwischen diesen beiden Sternbildern. Erstmals schriftlich erwähnt wurde sie im Jahr 964 von dem persischen Astronomen Al Sufi in dessen „Buch der Fixsterne“. Der erste Europäer, welcher die Wolke beschrieb, war der portugiesische Seefahrer Ferdinand Magellan, der die LMC während seiner in den Jahren 1519 bis 1521 erfolgten Weltumseglung beobachten konnte.

Ein Studienobjekt für Astronomen
Mit einer Entfernung von lediglich etwa 163.000 Lichtjahren zum Zentrum zu unserer Heimatgalaxie (Raumfahrer.net berichtete über die Ermittlung der Entfernung) ist die LMC einer unserer nächsten kosmischen Nachbarn, was sie zugleich zu einem wichtigen Beobachtungsobjekt für professionelle Astronomen macht. Die etwa 14.000 Lichtjahre durchmessende LMC wird aufgrund ihrer Form und Größe als irreguläre Zwerggalaxie bezeichnet, deren Gestalt sehr wahrscheinlich durch eine gravitative Wechselwirkung sowohl mit der Milchstraße als auch mit einer weiteren Zwerggalaxie, der „Kleinen Magellanschen Wolke“ hervorgerufen wird.

ESO
Diese Aufnahme zeigt zwei leuchtende Gaswolken in der Großen Magellanschen Wolke: NGC 2014 (rechts) hat eine unregelmäßige Form und erscheint in rötlichen Farben. Ihre Nachbarin NGC 2020 ist dagegen rundlich und blau. Diese sehr verschieden Formen wurden beide durch starke stellare Winde von extrem heißen, neu geborenen Sternen geformt. Diese strahlen das Gas an und regen es dadurch zum Leuchten an.
(Bild: ESO)

Im Inneren der Großen Magellanschen Wolke laufen diverse aktive Sternentstehungsprozesse ab. Einige der dort befindlichen Sternentstehungsgebiete wie zum Beispiel der Tarantelnebel (NGC 2070) können dabei ebenfalls mit dem bloßen Auge betrachtet werden. Es existieren jedoch noch weitere, genauso interessante Regionen, für deren Beobachtung allerdings ein Teleskop benötigt wird.

Eine am vergangenen Mittwoch von der Europäischen Südsternwarte (ESO) veröffentlichte Aufnahme zeigt gleich zwei dieser Gebiete: Den rötlich leuchtenden Gasnebel NGC 2014 und dessen in bläulichen Farben erscheinenden Nachbarn NGC 2020. Obwohl diese beiden Gasnebel von ihrer chemischen Zusammensetzung her sehr verschieden sind, wurden beide Wolken durch vergleichbare Prozesse geformt. Stellare Winde verteilen das Gas im Weltall und junge, extrem heiße Sterne regen es zum Leuchten an.

NGC 2014
Der Nebel NGC 2014, welcher erstmals im Jahr 1826 von dem schottischen Astronomen James Dunlop beschrieben wurde, setzt sich in erster Linie aus Wasserstoff zusammen. Im Inneren des Nebels befindet sich eine Ansammlung von jungen, heißen Sternen. Die energiereiche Strahlung dieser relativ jungen Sterne schlägt Elektronen aus den Atomen des umliegenden Wasserstoffgases heraus. Dieser sogenannte Ionisationsprozess führt zu dem charakteristischen roten Leuchten des Gases. Zusätzlich zu dieser starken Strahlung produzieren massereiche junge Sterne aber auch starke stellare Winde, welche schließlich dazu führen, dass das in ihrer Umgebung befindliche Gas sich „zerstäubt“ und von den Sternen wegströmt.

NGC 2020
Links von NGC 2014 befindet sich ein einzelner heller und sehr heißer Stern. Dieser Stern gehört der seltenen Klasse der sogenannten Wolf-Rayet-Sterne an. Diese relativ kurzlebigen stellaren Objekte sind sehr heiß – ihre Oberfläche kann mehr als zehn mal so heiß sein wie die Oberfläche unserer Sonne – und zudem sehr hell. Somit dominieren Wolf-Rayet-Sterne die Gebiete um sie herum.

ESO, Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin
Eine Weitfeldaufnahme der Region im Spektralbereich des sichtbaren Lichts. Neben NGC 2014 ist hier in Zentrum der Aufnahme auch der links davon befindliche Nebel NGC 2020 in rötlichen Farben erkennbar.
(Bild: ESO, Digitized Sky Survey 2. Acknowledgement: Davide De Martin)

Der betreffende Stern hat durch die von ihm ausgehenden Sternwinde das in seiner Umgebung befindliche Gas „ausgehöhlt“. Mittlerweile scheint er dadurch bedingt von einer blasenartigen Struktur umgeben zu sein – der Gaswolke NGC 2020. Die ausgeprägte bläuliche Farbe dieses Objektes wird ebenfalls durch die auf das Gas einwirkende Strahlung verursacht. Jedoch wird in diesem Fall Sauerstoff statt Wasserstoff ionisiert.

Die verschiedenen „Färbungen“ von NGC 2014 und NGC 2020 sind somit das Ergebnis der unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen des umliegenden Gases sowie der unterschiedlichen Temperaturen der Sterne, welche für das Leuchten der Gaswolken verantwortlich sind. Der Abstand zwischen den Sternen und der zugehörigen Wolke spielt bei diesem Prozess ebenfalls eine Rolle.

Die hier gezeigte Aufnahme wurde mit Hilfe des „FOcal Reducer and low dispersion Spectrographs“ (kurz FORS2, wörtlich übersetzt „Brennweitenreduzierer und niedrig auflösender Spektrograf“) erstellt – einem der Instrumente, mit denen das von der Europäischen Südsternwarte (ESO) in den chilenischen Anden betriebenen Very Large Telescope (kurz „VLT“) ausgestattet ist. Das Bild stammt dabei aus dem „Cosmic Gems“-Programm der ESO. Hierbei handelt es sich um eine ESO-Initiative zur Erstellung von astronomischen Aufnahmen für die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Das Programm nutzt hauptsächlich Beobachtungszeiten, während derer die Beobachtungsbedingungen nicht den strengen Ansprüchen einer wissenschaftlichen Beobachtungsarbeit genügen.

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