Ein internationales Astronomen-Team hat zwei Exoplaneten entdeckt, welche einen lediglich 13 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt gelegenen Stern umkreisen. Einer der Planeten befindet sich sogar innerhalb der habitablen Zone dieses Sterns, in der es theoretisch flüssiges Wasser geben könnte. Ob es sich bei Kapteyn b, so der Name dieses Planeten, allerdings um einen Ort handelt, an dem sich in der Vergangenheit Leben bilden konnte, muss aufgrund der gewonnenen Daten allerdings bezweifelt werden.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Universität Göttingen, Royal Astronomical Society.
Der im Sternbild Maler (lat. Name „Pictor“) gelegene Stern „Kapteyns Stern“ wurde im Rahmen einer fotografischen Himmelsdurchmusterung im Jahr 1897 von dem niederländischen Astronomen Jacobus C. Kapteyn von Südafrika aus entdeckt. In der Folgezeit fiel der Stern den Astronomen besonders durch seine hohe Eigengeschwindigkeit auf, mit der er sich über den Himmel bewegt – nach Barnards Pfeilstern weist er die zweithöchste Eigenbewegung eines Sterns am Firmament auf. Mit einer Helligkeit von 8,86 mag kann Kapteyns Stern bereits mit kleineren Teleskopen beobachtet werden. Aufgrund seiner Position am Südhimmel ist hierfür allerdings ein Beobachtungsstandort erforderlich, welcher sich südlich des 45. nördlichen Breitengrades befindet.
Kapteyns Stern
Mit einer Entfernung von lediglich rund 12,76 Lichtjahren zählt Kapteyns Stern zu den 25 Sternen, welche sich am nächsten zu unserem Sonnensystem befinden. Der Roten Zwergstern besitzt etwa 28 Prozent der Masse der Sonne und verfügt über rund ein Drittel des Sonnendurchmessers. Sein Alter wird von den Astronomen auf etwa 11,5 Milliarden Jahre geschätzt. Die spektrale Analyse seiner chemischen Zusammensetzung sowie die Untersuchung seiner Bewegungsrichtung relativ zur Ebene der Milchstraße deuten darauf hin, dass Kapteyns Stern nicht in unserer Heimatgalaxie entstanden ist. Vielmehr stammt dieser Stern sehr wahrscheinlich aus dem Halo unserer Galaxie.
Ursprünglich, so die Astronomen, war Kapteyns Stern das Mitglied einer Zwerggalaxie, welche bereits vor mehreren Milliarden Jahren von dem Milchstraßensystem ‚eingefangen‘ wurde. Die dabei auf die Sterne der eingefangenen Zwerggalaxie einwirkenden gravitativen Einflüsse führten dazu, dass diese zu einem mehrere 10.000 Lichtjahre langen Sternstrom auseinander gezogen wurden. Hierbei handelt es sich um eine Ansammluing von Sternen, welche über eine verwandte chemische Zusammensetzung und ein ähnliches Alter verfügen und die das Zentrum unserer Galaxie auf einer langgestreckten elliptischen Bahn umkreisen. Als ein möglicher Überrest der ursprünglichen ‚Heimat‘ von Kapteyns Stern wurde der Kugelsternhaufen Omega Centauri identifiziert.
Die Radialgeschwindigkeitsmethode zum Nachweis von Exoplaneten
Ein internationales Astronomenteam unter der Leitung von Dr. Guillem Anglada-Escudé von der School of Physics and Astronomy der University of London hat Kapteyns Stern jetzt etwas näher ‚unter die Lupe genommen‘ und dabei unter der Verwendung der Radialgeschwindigkeitsmethode nach eventuellen planetaren Begleitern Ausschau gehalten. Bei diesem Verfahren zum Nachweis von Exoplaneten wird ein Stern zunächst über einen längeren Zeitraum hinweg abgebildet.
Wird der beobachtete Stern von Planeten umkreist, so üben diese durch ihre Masse einen gravitativen Effekt auf ihren Zentralstern aus, was dazu führt, dass sich der Stern und dessen Planet(en) in periodischen Zeitabläufen um ihren gemeinsamen Masseschwerpunkt bewegen. Die dadurch verursachte ‚Taumelbewegung‘ des Sterns führt zu einem Doppler-Effekt, der sich in einer minimalen Verschiebung der Spektrallinien – der ‚Rotverschiebung‘ beziehungsweise der ‚Blauverschiebung‘ – bemerkbar macht. Bewegt sich ein Stern dabei ‚auf die Erde zu‘, so verschieben sich dessen Spektrallinien minimal zu kürzeren Wellenlängen und werden dabei ‚blauer‘. Bewegt sich der Stern dagegen von uns fort, so werden diese Wellenlängen länger und somit ‚rötlicher‘. Durch diese Methode ist es den Astronomen nicht nur möglich, einen Exoplaneten nachzuweisen, sondern auch die Untergrenze für die Masse dieses Planeten und dessen Umlaufzeit um seinen Stern zu bestimmen.
Für die Untersuchung von Kapteyns Stern nutzte das Team, dem auch Wissenschaftler von der Universität Göttingen angehörten, Daten, welche mit dem HARPS-Spektrometer der Europäischen Südsternwarte (ESO) in den chilenischen Anden, dem ebenfalls in Chile befindlichen Las Campanas-Observatorium und dem 10-Meter-Teleskop des Keck-Observatoriums auf Hawaii gewonnen wurden.
Zwei Exoplaneten
Bei der Analyse der Daten stellte sich heraus, dass Kapteyns Stern von zwei Exoplaneten umkreist wird. Bisher sind von diesen beiden Planeten allerdings lediglich deren ungefähren Massen, die Umlaufperioden und der jeweilige Abstand zu dem Zentralstern bekannt. Aus diesen Daten ergibt sich, dass sich einer der Planeten innerhalb der habitablen Zone von Kapteyns Stern bewegt. „Kapteyn b“, so die Bezeichnung dieses Planeten, könnte somit theoretisch die Umweltbedingungen aufweisen, welche das dauerhafte Vorhandensein von Wasser im flüssigen Aggregatzustand ermöglichen. Das Vorhandensein von Wasser, so die allgemein anerkannte Meinung, ist wiederrum eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass sich auf einem Planeten Leben bilden kann.
„Der erste Planet des Sterns, Kapteyn b, hat eine Umlaufperiode von 48 Tagen und könnte über flüssiges Wasser verfügen“, so Prof. Dr. Ansgar Reiners vom Institut für Astrophysik der Universität Göttingen, einer der an der Analyse der Daten beteiligten Wissenschaftler. Allerdings verfügt Kapteyn b über mindestens die rund fünffache Masse der Erde. Somit dürfte es sich bei diesem Planeten sehr wahrscheinlich um einen Vertreter der Klasse der Super-Erden handeln. Aufgrund seiner hohen Masse kann wohl ausgeschlossen werden, dass es sich bei diesem Planeten um eine ‚zweite Erde‘ handelt.
Auch der zweite Planet von Kapteyns Stern, der Exoplanet Kapteyn c, verfügt nicht über Umweltbedingungen, welche sich mit denen auf unserem Heimatplaneten vergleichen lassen. Kapteyn c ist nochmals massereicher als sein innerer Nachbar – mindestens rund sieben Erdmassen – und er benötigt für einen kompletten Umlauf um seinen Zentralstern eine Zeitspanne von 121 Tagen. Aufgrund der dadurch gegebenen Distanz von etwa 47 Millionen Kilometern zu seinem Stern herrschen auf den Oberfläche des Planeten vermutlich Temperaturen, welche zu niedrig sind, um das Vorhandensein von flüssigem Wasser zu ermöglichen. Trotzdem, so Prof. Dr. Ansgar Reiners, soll im Rahmen zukünftiger Forschungen untersucht werden, ob es auf den Oberflächen dieser beiden Planeten Wasser gibt.
Die hier kurz vorgestellten Forschungsergebnisse wurden kürzlich unter dem Titel „Two planets around Kapteyn’s star: a cold and a temperate super-Earth orbiting the nearest halo red-dwarf“ in der Fachzeitschrift ‚Monthly Notices of the Royal Astronomical Society‘ publiziert.
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