Zeiss-Großplanetarium Berlin nach Umbau wieder offen

Das Zeiss-Großplanetarium in Berlin Prenzlauer Berg öffnete nach zweijähriger Umbauzeit und fasziniert wieder seine Besucher. Raumfahrer.net war bei einer der ersten Veranstaltungen am 26. August 2016 mit Dr. Sigmund Jähn dabei und konnte mit dem Planetarium-Chef Tim Florian Horn sprechen.

Ein Beitrag von Andreas Weise. Quelle: Veranstaltungsbesuch.

Zeiss-Großplanetarium in Berlin Prenzlauer Berg
(Bild: SDTB / Hans Friedger Lachmann)
Zeiss-Großplanetarium in Berlin
Prenzlauer Berg
(Bild: SDTB / Hans Friedger Lachmann)

„Mein Gott, es ist voller Sterne … .“ Diese letzten Worte von Astronaut David Bowman in Stanley Kubricks Science-Fiction-Meisterwerk „2001 – Odyssee im Weltraum“ kommen einem unweigerlich in den Sinn, wenn man in der Kuppel des Planetariums Berlin Prenzlauer Berg sitzt und in die Himmelsprojektion eintaucht. Dabei darf aber schon vor Eintritt in die Himmelskuppel gestaunt werden: Denn Berlin hat sich sein Großplanetarium und dessen Modernisierung im Ostteil der Stadt richtig etwas kosten lassen.

Das Planetarium am Prenzlauer Berg war schon etwas in die Jahre gekommen. Errichtet im Jahre 1987 anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin war es damals eines der größten Sternentheater überhaupt. Nun tat eine Rekonstruktion Not.

Für die Erneuerung der Medientechnik und die baulichen Maßnahmen des Zeiss-Großplanetariums sowie zur Teilfinanzierung der Eröffnungsproduktion „Sterne über Berlin“ wurden vom Land Berlin Mittel in Höhe von 12,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Man hat also richtig ran geklotzt in Berlin. Anders als bei anderen (luftfahrtbezogenen) Bauprojekten in Berlin ist dabei etwas Großartiges entstanden.

Planetariumssaal
(Bild: SPB / Frank Michael Arndt)
Planetariumssaal
(Bild: SPB / Frank Michael Arndt)

Bei den umfangreichen Investitionen ging es nicht nur um die Projektionstechnik, sondern um die gesamte Gebäudesubstanz. Brandschutz, Wasserleitungen, Klimaanlagen seien hier stellvertretend genannt. Augen zwinkernd zeigt Horn, wie der neue Sternenprojektor im Boden versenkt werden kann und meinte, man hätte von dort unten direkt in den Empfangsbereich sehen können. Der Einbau einer Sichtscheibe scheiterte aber an den überproportionalen Kosten für den Brandschutz. Leider.

Natürlich ist das Prunkstück der Sternenprojektor vom Typ ZEISS UNIVERSUM Modell IX, der speziell für die 23-Meter-Kuppel des Hauses modifiziert wurde.

modifizierter ZEISS UNIVERSUM Modell IX
(Bild: A. Weise)
modifizierter ZEISS UNIVERSUM Modell IX
(Bild: A. Weise)

Zusätzlich wurden acht Planetenprojektoren installiert, um die Bewegungen der Wandelsterne am Firmament zu zeigen. Ergänzt wird der Sternprojektor außerdem um ein mehrkanaliges, digitales Projektionssystem mit zehn ZEISS VELVET Videoprojektoren für die 360°-Fulldome-Projektion, die ein kuppelfüllendes Videobild erzeugt.

Die Verbindung aus analogem Sternprojektor und digitalem Planetarium ermöglicht es den Besuchern, in Zukunft nicht nur die Sterne von der Erde aus zu sehen, sondern auch die Erde und das Sonnensystem zu verlassen und dreidimensional durch das Universum zu reisen. Die auf astronomischen Datenbanken basierende 3D-Software visualisiert das gesamte beobachtbare Universum.

Aber auch der gute Ton kommt jetzt neu und in 3D-Sound herüber.
Das Atmosphea-System, das aus der Zusammenarbeit von Shure und dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT entstand, sorgt für ein beeindruckend räumliches Klangerlebnis. 49 Lautsprecher ergeben mit dem neu installierten Ganzkuppelprojektionssystem eindrucksvolle dreidimensionale Welten für Auge und Ohr.

Eine Erneuerung der alten Technik war nach 26 Betriebsjahren zwingend notwendig. Heute ist es kaum noch vorstellbar, wie man mit Diaprojektoren und Glühlämpchen das Universum in diese große Koppel hinein zaubern konnte. Darüber hinaus war es inzwischen fast unmöglich geworden, bei Ausfällen passende Ersatzteile zu beschaffen.

Wer also einmal ein älteres Planetarium besucht, sollte in Ehrfurcht vor den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verharren, die solche Altanlagen am Leben halten, wo immer das auch sei. Übrigens: Der alte Sternprojektor Cosmorama von Carl-Zeiss-Jena, der seit 1987 rund drei Millionen Zuschauer mit seinem Sternenhimmel begeisterte, ist in das Foyer des Hauses umgezogen und kann dort besichtigt werden.

Direktor Tim Florian Horn
(Bild: A. Weise)
Direktor Tim Florian Horn
(Bild: A. Weise)

Tim Florian Horn, der Hausherr und Planetarium-Chef strahlt von einem Ohrläppchen zum anderen. „Dieser Sternenprojektor von Zeiss ist der erste Sternenprojekter dieser Größe, der Komplett auf LED-Licht basiert. Wir haben also keine Bogenlampen mehr, keine Lampen müssen mehr ausgetauscht werden, die Quelle wird sicherlich 25 Jahre laufen.“

Nun steht die Bewährung im Alltagsbetrieb an. Nicht nur Astronomie-Programme werden gezeigt. Das Angebot umfasst auch Themen zu Biologie, Physik, Geologie, außerdem auch Musikunterhaltung.

Mit der Wiedereröffnung der Planetariums Prenzlauer Berg im Osten Berlins geht fast unbeachtet eine Neusortierung der Betreiberstruktur einher. Berlin hat, bedingt durch die Jahrzehnte lange Teilung der Stadt, noch ein weiteres Großplanetarium: Das Planetarium am Insulaner im tiefsten Westen der Stadt. Schon auf Grund der geographischen Lage in der Großstadt haben beide Standorte ihre Daseinsberechtigung.

Dann gibt es noch ein kleines Planetarium in der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow. Dort befindet sich auch das größte Linsenfernrohr der Welt. Treten nun alle Standorte in Konkurrenz zueinander? Die Zauberformel heist Abstimmung der Programme. Alle drei Standorte sind nun unter einem organisatorischen Dach vereint: Der Stiftung Planetarium Berlin.

Tim Florian Horn (re.) mit Sigmund Jähn (li.)
(Bild: A. Weise)
Tim Florian Horn (re.) mit Sigmund Jähn (li.)
(Bild: A. Weise)

Horn ist nicht nur Direktor des Zeiss-Großplanetariums, sondern auch Kommissarischer Vorstand der Stiftung Planetarium Berlin.

Auch das Planetarium am Insulaner bedarf einer Verjüngungskur. Dazu Horn: „Das werden wir versuchen. Wir werden das Planetarium am Insulaner mehr noch zu einem Bildungszentrum ausbauen. Dazu müssen wir auch bauliche Veränderungen vornehmen. Und natürlich das Planetarium am Insulaner und die Wilhelm-Förster-Sternwarte an die technischen Standards hier des Zeiss-Großplanetariums anpassen. Dafür haben wir schon ein bisschen vom Land Berlin bekommen und ich hoffe, dass wir das weiter ausbauen können… .“

Das Programm des Abends bestand in der Hauptsache aus einem Vortrag von Dr. Sigmund Jähn. Horn überraschte den ersten deutschen Raumfahrer mit einem Zitat aus dem Gästebuch des Planetariums vom 13. November 1987. Dort war von Jähn seinerzeit eingetragen, dass der Sternenhimmel im Planetarium fast so schön wäre, wie der, den er seinerzeit im Weltraum gesehen hatte.

Sigmund Jähn (Mitte) mit Vertretern des Raumfahrer Net e.V.
(Bild: A. Weise)
Sigmund Jähn (Mitte) mit Vertretern des
Raumfahrer Net e.V.
(Bild: A. Weise)

Horn ließ natürlich zwischenzeitlich zeigen, was die neue Planetariumstechnik so möglich macht. Am Schluss der Veranstaltung, nach einem „Besuch der ISS im Orbit“, sagte Jähn spontan und überwältigt: Das ist für Ihn das schönste Planetarium der Welt … . Der folgende lautstarke Applaus stimmte ihm zu.

Wir danken Herrn Tim Florian Horn, Kommissarischer Vorstand der Stiftung Planetarium Berlin und Direktor des Zeiss-Großplanetariums für die Zeit und die Geduld, alle unsere Fragen zu beantworten.

Der Leser möge sich davon selber bei einem Besuch überzeugen. Es lohnt sich ganz bestimmt. Wir von Raumfahrer.net wünschen dem Hause immer einen vollen Saal und nie versiegende Ideen für spannende Himmelsdarstellungen.

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