Wie stellen Sie sich einen Astronauten vor? Groß, mit einem silbernen Raumanzug bekleidet, und auf Namen wie Armstrong, Lovell oder Merbold hörend? Die Raumfahrer der Zukunft, so eine neue Studie der europäischen Raumfahrtagentur ESA, könnten anderer Natur sein – winzig kleine, wirbellose Lebewesen namens Bärtierchen.
Ein Beitrag von Christian Bewermeyer. Quelle: New Scientist.
Für den Astronauten-Job haben die Tiere exzellente Qualifikationen: Sie überleben im Vakuum des Weltraums, überstehen große Mengen an Strahlung und selbst jahrelange Austrocknung lässt sie kalt. Auf der Erde sind die Tardigrada bereits für ihre annähernde Unkaputtbarkeit bekannt.
Im September vergangenen Jahres schossen einige Wissenschaftler unter der Leitung des Schweden Ingemar Jönsson die Tiere zusammen mit weiteren Experimenten an Bord der russischen FOTON-M3-Kapsel in den Orbit, wo zwei vorher „ausgetrocknete“, also dehydrierte Bärtierchen-Spezies erneut ihre Widerstandskraft unter Beweis stellen mussten. Nach zehn Tagen in der Umlaufbahn landete die Kapsel mit ihren achtbeinigen Insassen wieder. Die Bärtierchen wurden von den Forschern rehydriert, um zu sehen, wie sie die Strahlung der Sonne und die luftlose Umgebung verkraftet haben.
Das Ergebnis: Während das Vakuum keinen allzu großen Effekt auf die Lebewesen gehabt haben zu scheint, hat die ultraviolette Sonnenstrahlung, die Zellmaterial und DNA schädigen kann, deutliche Spuren hinterlassen. Nur eine Handvoll Tiere überlebte die UV-Strahlung, die im Weltraum 1000-mal stärker als auf der Erde ist. Bei einer der beiden mitgeflogenen Arten überlebten jedoch 68 Prozent der Tiere, da sie vor der Sonnenstrahlung geschützt wurden. „Kein Tier hat bisher im offenen Weltraum überlebt“, sagte der Biologe Bob Goldstein von der
University of North Carolina. „Die Erkenntnis, dass Tiere die Rehydratation nach 10 Tagen im Weltraum überstehen, ist wirklich bemerkenswert.“
Vor diesem Experiment wusste man nur von Flechten und Bakterien, dass sie die für Menschen tödliche Kombination aus Vakuum und Strahlung überleben. Die Autoren der Studie sind sich nicht sicher, warum ausgerechnet Bärtierchen im Kosmos leben können und derartig widerstandsfähig sind. Sie spekulieren, dass die Tiere sich vielleicht als Schutzmaßnahme vor der Austrocknung so angepasst haben.
Raumcon: Foton-M 3 auf Sojus