Yamal-402-Start: Oberstufenantrieb mit Lagerdefekt

Die Ursache für die vorzeitige Beendigung der letzten Brennphase der Breeze-M-Oberstufe, die am 8. Dezember 2012 den Kommunikationssatelliten Yamal 402 nicht auf der vorgesehenen Bahn absetzen konnte, ist nach Informationen aus Russland gefunden.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Raumcon, vz.ru.

Roskomos
Yamal 402 auf Breeze-M-Oberstufe bei Startvorbereitungen
(Bild: Roskomos)

Ein von Chrunitschew in Russland gebauter Proton-M-Träger mit drei Raketenstufen hatte am 8. Dezember 2012 die Orbitaleinheit, bestehend aus der Oberstufe Breeze-M und dem Satelliten Yamal 402, ins All transportiert. Eine erste Zündung der wie die Proton von Chrunitschew hergestellten Breeze-M-Oberstufe brachte die Orbitaleinheit in einen Parkorbit. Nach weiteren Brennphasen, von denen die vierte und letzte von der Breeze-M-Oberstufe 240 Sekunden zu früh beendet wurde, kam es zum Aussetzen von Yamal 402 rund 9 Stunden nach dem Abheben. Nach Angaben der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos erfolgte das Aussetzen rund vier Minuten vor dem geplanten Zeitpunkt.

Für die russische Raumfahrtindustrie bedeuten die neuerlichen Probleme mit einer Breeze-M-Oberstufe einen weiteren bitteren Rückschlag. Allein die Nachlässigkeiten bei der Herstellung und Vorbereitung von Breeze-Oberstufen sorgten in den letzten beiden Jahren für eine unansehnliche Reihe von Fehlschlägen:Am 6. August 2012 waren die Kommunikationssatelliten Express-MD 2 und Telkom 3 in unbrauchbaren Umlaufbahnen gestrandet, nachdem eine Raketenoberstufe des Typs Breeze-M wegen Verschmutzung einer Treibstoffleitung, die man auf einen Fehler bei der Herstellung zurückführt, ihren Betrieb vorzeitig eingestellt hatte. Ein Problem mit der Flugsteuerung ist mutmaßlich für das Versagen einer Breeze-M im August 2011 verantwortlich – es führte dazu, dass der Kommunikationssatellit Express-AM 4 auf eine unbrauchbare Bahn gelangte. Ein russischer militärischer Erdvermessungssatellit vom Typ GEO-IK-2 erreichte im Februar 2011 nicht den vorgesehenen Orbit, weil eine Breeze-KM-Oberstufe nicht funktionierte wie geplant.

Die russische Onlinezeitung vz.ru meldete hinsichtlich des Versagens der Breeze-M beim Flug mit Yamal 402 mit Datum vom 25. Dezember 2012 jetzt, dass in einem Lager des Turbopumpensystems des Triebwerks der Oberstufe ein Defekt aufgetreten sei. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des stellvertretenden Roskosmos-Chefs Alexander P. Lopatin habe sämtliche vorliegenden Telemetriedaten untersucht. Dabei sei ein Problem mit dem Antrieb der Oberstufe ermittelt worden. Als ursächlich für das vorzeitige Abschalten der Oberstufe betrachte man eine mechanische Zerstörung eines Lagers im Turbopumpensatz. Das automatischen Kontrollsystem der Stufe reagierte unmittelbar auf den Schaden und initiierte den Brennschluss des Antriebssystems, das in Folge dessen vier Minuten weniger als vorgesehen zum Einsatz kam.

Eine offizielle Bekanntgabe von Untersuchungsergebnissen will Roskosmos angeblich Ende des Jahres vornehmen. In nächster Zeit sollen Spezialisten eine ganze Reihe bereits gebauter Turbopumpensätze untersuchen, um herauszufinden, ob der Lagerschaden auf ein Konstruktions- oder ein Herstellungsproblem zurückzuführen ist. Für Kunden, die ausstehende Trägerraketeneinsätze mit Breeze-Oberstufen gebucht haben, ist der Status quo sicherlich keine befriedigende Situation.

Der russische Kommunikationssatellitenbetreiber Gazprom Space Systems (GSS) ist aktuell der einzige Kunde, der nach einem der letzten Breeze-Fehlschläge trotz allem Anlass zur Hoffnung auf eine Nutzungsmöglichkeit seines ins All transportierten Satelliten im annähernd ursprünglich geplanten Rahmen haben darf. Yamal 402 hatte ausreichend Treibstoff an Bord, um mit seinem eigenen Antriebssystem die Fehlleistung der Breeze-M-Oberstufe zu kompensieren, und hat noch genügend Reserven für die Lageregelung während eines jahrelangen Einsatzes im geostationären Orbit. Die ursprünglich erwartete Lebensdauer des von Thales Alenia Space (TAS) für GSS gebauten und auf dem Satellitenbus Spacebus 4000C3 basierenden Satelliten lag bei 15 oder mehr Jahren. Die zusätzlich erforderlichen Brennphasen seines Apogäumsmotors reduzierten die mögliche Einsatzdauer von Yamal 402 auf geschätzte 11 Jahre. Die Übergabe des betriebsbereiten Satelliten an GSS ist derzeit für Januar 2013 geplant.

Yamal 402 ist katalogisiert mit der NORAD Nr. 39.022 bzw. als COSPAR-Objekt Nr. 2012-070A.

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