Xi1 Canis Majoris – Ein stellarer Röntgenpulsar

Astronomen haben mit dem ESA-Weltraumteleskop XMM-Newton einen Stern aufgespürt, der im Röntgenbereich pulsiert. Derartige Pulsationen wurden zuvor noch nie bei einem normalen Stern beobachtet. Die Wissenschaftler sind nun auf der Suche nach einer möglichen Erklärung für dieses Verhalten.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: Leibniz-Institut für Astrophysik, ESA.

Eine von dem Weltraumteleskop XMM-Newton erstellte Aufnahme des stellaren Röntgenpulsars Xi1 Canis Majoris.
(Bild: ESA, XMM-Newton, L. Oskinova (Universität Potsdam))
Eine von dem Weltraumteleskop XMM-Newton
erstellte Aufnahme des stellaren Röntgenpulsars
Xi1 Canis Majoris.
(Bild: ESA, XMM-Newton, L. Oskinova (Universität
Potsdam))

Obwohl sich der im Sternbild Großer Hund (lat. Name „Canis Major“) gelegene Stern Xi1 in einer Entfernung von rund 1.500 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem befindet kann er dennoch bereits mit dem bloßen Auge am Nachthimmel beobachtet werden. Der Grund hierfür ist die hohe Temperatur von fast 28.000 Grad Celsius, welche auf der Sternoberfläche herrscht und die damit fast fünf mal höher ausfällt als die Temperatur auf der Sonnenoberfläche. Im Jahr 2009 entdeckte ein von Dr. Swetlana Hubrig vom Leibniz-Institut für Astrophysik (AIP) in Potsdam geleitetes Team, dass Xi1 über ein außergewöhnlich starkes Magnetfeld verfügt, welches 5.000-mal stärker ausfällt als das Magnetfeld der Sonne.

Bereits seit etwa einem Jahrhundert ist außerdem bekannt, dass ‚Xi1 Canis Majoris‘ – so der vollständige Name des Sterns – seine Helligkeit in regelmäßigen Abständen verändert. Über einen Zeitraum von etwas mehr als fünf Stunden steigt die Helligkeit des Sterns dabei von einem Wert von 4,33 mag auf einen Wert von 4,36 mag an und fällt dann wieder ab. Der Stern, welcher über die Spektralklasse „B1 III“ verfügt und in etwa die fünfzehnfache Masse der Sonne besitzt, gehört somit der Klasse der Beta-Cephei-Sterne an.

Da der Stern nicht nur im Bereich des optischen Lichts hell aufleuchtet, sondern auch eine stellare Röntgenquelle darstellt, geriet er in der Vergangenheit mehrfach in den Fokus des von der europäischen Weltraumorganisation ESA betriebenen Weltraumobservatoriums XMM-Newton, welches für Beobachtungen im Röntgen-Bereich ausgelegt ist. Unter anderem erfolgte dabei im Oktober 2012 eine 29 Stunden andauernde Beobachtungskampagne.

Im Oktober 2012 beobachtete XMM-Newton den Stern über einen Zeitraum von 29 Stunden. Dabei zeigte sich ein regelmäßig verlaufendes Pulsieren im Bereich der Röntgenstrahlung.
(Bild: ESA, XMM-Newton, L. Oskinova (Universität Potsdam))
Im Oktober 2012 beobachtete XMM-Newton
den Stern über einen Zeitraum von 29 Stunden.
Dabei zeigte sich ein regelmäßig verlaufendes
Pulsieren im Bereich der Röntgenstrahlung.
(Bild: ESA, XMM-Newton, L. Oskinova (Universität
Potsdam))

Bei der Auswertung der dabei gewonnenen Daten entdeckten die beteiligten Wissenschaftler aus Deutschland, Belgien und den USA, dass Xi1 nicht einfach nur Röntgenstrahlung abgibt, sondern dass der Stern vielmehr auch im Bereich der Röntgenstrahlung in regelmäßigen Abständen pulsiert. Derartige Pulsationen wurden zuvor noch nie bei einem ’normalen‘ Stern beobachtet.

„Bis jetzt können wir die physikalischen Vorgänge, welche diese Pulsation hervorrufen, nicht erklären“ so Dr. Lidia M. Oskinova von der Universität Potsdam, die Leiterin der entsprechenden Beobachtungskampagne.

Bisher waren ausschließlich Neutronensterne und Weiße Zwerge dafür bekannt, dass sie Röntgenpulse aussenden. Die physikalischen Mechanismen, welche in solchen kosmischen Objekten aus superdichter Materie wirken, sind allerdings nicht auf Xi1 übertragbar, da dieser Stern nur aus Materie besteht, die eine für stellare Objekte normale Dichte aufweist.

Die Temperatur des Sterns ist dabei nicht hoch genug, um dessen Aktivität im Röntgenbereich auszulösen. Eine mögliche Erklärung, so die Wissenschaftler, sei jedoch, dass die Röntgenstrahlung durch Stoßwellen im Magnetfeld des Sterns verursacht wird. Die Astronomen erhofften sich weitere Hinweise auf das ungewöhnliche Verhalten von Xi1 aus der Tatsache, dass der Stern auch im Bereich des sichtbaren Lichts pulsiert. Das Team hat deshalb die optischen Daten mit den Röntgenbeobachtungen von XMM-Newton abgeglichen und tatsächlich eine Übereinstimmung gefunden.

Damit zeigte sich zugleich, dass die Prozesse, welche im Sternwind und im Inneren eines Sterns ablaufen, anscheinend viel enger miteinander verknüpft sind als bislang angenommen wurde. Von ihrer bestehenden und zukünftigen Zusammenarbeit bei Beobachtungskampagnen und bei den Arbeiten zur Entwicklung spezieller Modelle für Sternwinde und Magnetosphären erhoffen sich die Wissenschaftler des AIP und der Universität Potsdam auch die endgültige Lösung des Rätsels um den neu entdeckten stellaren Röntgenpulsar Xi1 Canis Majoris.

Über ihre Beobachtungen berichteten die Wissenschaftler kürzlich unter dem Titel „Discovery of X-ray pulsations from a massive star“ in der Fachzeitschrift „Nature Communications“.

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Fachartikel von Lidia M. Oskinova et al.:

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