Wochen 3 + 4 der Expedition 30

Auch in dieser und der letzten Woche hatte die dreiköpfige Besatzung der ISS einen vollen Terminplan. So waren etliche Experimente zu betreuen, medizinische Übungen zu absolvieren und einige Probleme zu bewältigen. Weiterhin fand in der vorherigen Woche ein Test des japanischen Roboterarms und eine Bahnanhebung statt. (Newsbild: Anatoli Iwanischin mit einer Kamera im Destiny-Modul)

Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, Raumfahrer.net.

NASA
Anatoli Iwanischin bei der Vorbereitung zu MBI-20 Tipologija
(Bild: NASA)

Anatoli Iwanischin, Dan Burbank und Anton Schkaplerow begannen in der vorangegangenen Woche mit Wartungs- und Kontrollaufgaben. So wurden im russischen Segment die Öffnungen und Staubfilter der Luftumwälzungsanlage gereinigt, sowie die STTS-Audio-Systeme im Swesda-Modul gewartet. Im US-Teil der Station erfolgten Prüfungen der Trinkwasserqualität mit dem TOCA-Hardware-Kit. TOCA (Total Organic Carbon Analyzer) ist ein Gerät zur Prüfung der Reinheit des Wassers in der Wasser-Recycling-Anlage (WPA). Weiter erfolgte ein fünfstündiger Lauf von AQM (Air Quality Monitor) zur Überprüfung der Stationsluft. Anatoli Iwanischin absolvierte im Swesda-Modul eine Sitzung der russischen Verhaltensbewertung mit dem Namen MBI-20 Tipologija (Typologie). Dabei sollen die körperlichen und geistigen Fähigkeiten von Personen getestet werden, unter Stress zu arbeiten und zu kommunizieren. Ein Elektroenzephalogramm misst und registriert die elektrische Tätigkeit des Gehirns eines Besatzungsmitgliedes.

Vorbereitend auf den Zusammenbau und die Aufstellung des Amin-Swingbed-Systems im Destiny-Laboratorium konfigurierte Dan Burbank Verbindungen des VES/VRS (Vacuum Exhaust System / Vacuum Resource System). Das Amin-Swingbed-System ist ein Prototyp der Kohlendioxid- und Feuchtigkeitskontrolltechnologie, die im Orion MPCV (Multi Purpose Crew Vehicle) zur Anwendung kommen soll. Orion ist das nächste bemannte US-Raumfahrzeug, dass Raumfahrer über die niedrige Erdumlaufbahn hinaus transportieren soll. Beim Aufbau der Komponenten wurden jedoch einige Probleme mit den Anschlüssen festgestellt, so dass die Geräte wieder verstaut wurden, bis die Techniker am Boden eine Lösung der Probleme erarbeitet haben. Eine Vorstufe des Systems kam bereits bei verlängerten Space-Shuttle-Missionen in Form des RCRS (Regenerative Carbon Dioxide Removal System) zum Einsatz. Am Tag darauf wechselte Dan Burbank eine Brennstoffflasche im Experimentalschrank für Verbrennungsexperimente (CIR = Combustion Integrated Rack) des Destiny-Moduls.

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Der japanischen Robotic-Arm wird getestet

In der zweiten Wochenhälfte fanden Tests des japanischen Robotic-Arms JEMRMS (Japanese Experiment Module Remote Manipulator System) am Kibo-Labormodul statt. Eine Reihe von Bewegungstests sollten hier sicherstellen, dass die Kontrolle des 10 Meter langen Arms auch von der Bodenstation aus möglich ist. Mit dem Demo-1-Test wurden Drehbewegungen des Nutzlastgreifers, auch End-Effector genannt, geprobt, bei dem Demo-2-Test erfolgten Längsbewegungen des gesamten Arms. Am 9. Dezember 20:50 Uhr erfolgte die nächste planmäßige Bahnanhebung des Orbitalkomplexes. Die zwei KD-Triebwerke des ODU-Systems (Integriertes Antriebssystem) des Swesda-Moduls arbeiteten 82 Sekunden und erhöhten mit einem Δv = 1,33 m/s die mittlere Umlaufbahn um 2,36 Kilometer auf insgesamt 393,2 Kilometer. Einen Tag darauf fand ein weiterer Test des CUCU (COTS UHF Communications Unit) im Harmony-Modul für den Dragon-Demoflug im Februar statt. Ziel war es hier, die Kommunikation des CUCU und den ISS-Antennen im S-Bandbereich mit einer möglichst niedrigen Bit-Fehlerrate nachzuweisen.

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Dan Burbank und Anton Schkaplerow üben mit dem CMRS
(Bilder: NASA-TV)

Der Beginn dieser Woche stand ganz im Zeichen der medizinischen Selbstversorgung der Crew. Anton Schkaplerow prüfte im russischen Segment die Medikamentenvorräte auf Vollständigkeit und Haltbarkeitsdatum. Ebenso wurden die Bestände an Nahrungsergänzungsmitteln, Salz, Vitamin C, usw. abgerufen. Im Anschluss daran machte er sich, unterstützt von Kommandant Dan Burbank, mit dem „Crew Medical Restraint System“ in seiner Funktion als medizinischer Offizier CMO (Crew Medical Officer) vertraut. Das CMRS ist eine Vorrichtung, auf der Patienten für Behandlungen, Defibrillationen und andere Notfälle in der Schwerelosigkeit gehalten werden können. Es kann in zwei Minuten an der ISS-Struktur befestigt werden, um dann Notarztverfahren am Patienten mit maximal zwei medizinischen Offizieren durchführen zu können. Im Destiny-Labormodul übten sie die Nutzung eines HMS RSP (Health Maintenance System Respiratory Support Pack) zur Beatmung bei Notfällen. In seiner Funktion als CMO absolvierte Anton Schkaplerow etwas später noch ein 30-minütiges On-Bord-Training. Die bereits am Boden erlangten Kenntnisse zu möglichen Notfällen, wie Atem- und Herzstillstand, werden einmal im Monat aufgefrischt und per Selbstbewertungsfragebogen überprüft.

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Dan Burbank arbeitet am Combustion Integrated Rack
(Bild: NASA-TV)

Zur Wochenmitte arbeitete Dan Burbank im japanischen Kibo-Modul am 2D Nano Template 2 Experiment. Hierbei geht es um die Erzeugung von Nano-Schablonen zur Herstellung elektronischer Materialien auf der Erde. Zur selben Zeit arbeitete Anton Schkaplerow am KPT-10-Experiment “Kulonovskiy Kristall” (Coulomb-Kristall) im Miniforschungsmodul Poisk, welches Wissenschaftlern helfen soll, neue Materialien und Elektronikgeräte zu entwickeln. Dabei geht es um die Erforschung der Dynamik und der strukturellen Eigenschaften eines Coulomb-Systems, dass mit aufgeladenen Makropartikeln in einem Magnetfeld entsteht. Weiterhin fuhr er fort, Fracht aus dem Progress-Transporter auszuladen und in das stationseigenen Inventar-Management-Systems (IMS) einzubuchen. Die Inventar-Datei wird regelmäßig mit den drei Bodenstationen (Houston, Moskau, Baikonur) ausgetauscht und abgeglichen. Im Sarja-Modul absolvierte Anatoli Iwanischin wichtige Reinigungsaufgaben. Er säuberte die Räume hinter den Panelen 204, 205 und 303, um mögliche Schimmelpilzbildungen zu vermeiden. Eine Fotodokumentation dieser Bereiche erfolgte im Anschluss. Unterstützt vom Payload Operations Center in Huntsville arbeitete Dan Burbank erneut am CIR, wo er eine Führungsschiene und eine Sammelflasche austauschte.

Einen Teil seiner Zeit verbrachte Dan Burbank mit dem Trainer ROBoT (Robotics Onboard Trainer). Mit ROBoT werden Trainingseinheiten zur Steuerung des Stationsarms Canadarm2, hier in Vorbereitung auf die Kopplung der Dragon-Kapsel im nächsten Jahr, durchgeführt. In der zweiten Wochenhälfte erfolgte eine mehrstündige Softwareaktualisierung der russischen Stationscomputer auf die Version 8.05. Dies erforderte die teilweise Abschaltung von Gerätschaften im russischen Segment. So waren das Steuerungssystem MCS (Motion Control System), der Sauerstoffgenerator Elektron und das Wosduch-Kohlendioxyd-Eliminierungssystem außer Funktion. Nach erfolgter Prüfung der Installation wurden alle Systeme in die Ausgangskonfiguration zurückversetzt. Im US-Teil der Station führte Dan Burbank einige Tests an R2 (Robonaut 2) durch. R2 wurde dafür kurzzeitig aktiviert und nachfolgend wieder im Destiny-Modul verstaut. Weitere größere Aktivitäten mit dem menschenähnlichen Roboter sind nicht vor Januar 2012 geplant.

Mittlere Bahnhöhe der ISS am 15.12.2011: 392,8 km bei einem Höhenverlust von rund 130 Metern in den letzten 24 Stunden

Zukünftige Ereignisse:

  • 23. Dezember, Sojus-TMA 03M erreicht die ISS
  • 18. Januar, Bahnanhebung durch die Triebwerke von Swesda
  • 25. Januar, Progress-M 13M verlässt die ISS
  • 28. Januar, Progress-M 14M erreicht die ISS

Raumcon:

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