Mike Griffins Berufung als NASA-Administrator ermutigt viele Wissenschaftler, von denen manche sich Sorgen machen, dass in der neuen „Bush-Vision“ die Grundlagenforschung zugunsten neuer bemannter Missionen geopfert wird.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: Space.com.
Speziell Astronomen sind darauf erpicht, dass die Entscheidung von Griffins Vorgänger, Sean O’Keefe, die Wartungsmission zum Hubble-Teleskop zu streichen, revidiert wird.
„Das ist einer, der wie ein Wissenschaftler und Ingenieur denkt und der eine Menge Erfahrung damit hat, große, störrische Organisationen zu managen“, sagte Robert Kirshner, Präsident der American Astronomical Society. „Das ist wirklich eine gute Kombination. Anstelle einer dogmatischen Sichtweise denkt er sehr praktisch.“
Viele Wissenschaftler haben Hochachtung vor Griffin und sagen, seine mannigfaltigen Erfahrungen würden ihm in Washington gute Dienste leisten.
„Ein wissenschaftler Hintergrund dürfte seine Glaubwürdigkeit in politischen Kreisen erhöhen“, sagte Howard McCurdy, Historiker und Autor mehrerer Bücher über die NASA, in einem EMail-Interview. „Er hat reichlich Erfahrung mit dem politischen Geschäft in Washington, und das ist die Hauptanforderung für diesen Job.“
Astronauten zum Mars zu bringen wird beispielsweise politisch nicht einfach sein, weil die dafür nötige politische Anstrengung sich über mehrere Präsidentschaften hinweg erstrecken wird.
„Er hat schon vorher bei der NASA gearbeitet, daher sind die Agentur und ihre politischen Beziehungen kein Neuland für ihn“, sagte Neil deGrasse Tyson, Planetariumsdirektor und Mitglied der Mond-zum-Mars-Kommision. „Und die Anforderung an jemandes politische Geschicklichkeit in diesem Geschäft ist nicht zu unterschätzen. Ich hoffe und erwarte, dass die öffentliche Stimmung für die Programme der NASA in dem Maße wächst, wie Griffin das erforderliche politische Kapital anhäuft.“
Bob Park, Wissenschaftler der Universität von Maryland und freimütiger Kritiker der bemannten Raumfahrt zur Erbringung wissenschaftlicher Ziele, ist weniger enthusiastisch.
Griffin, sagte Park in einer EMail, „wurde klar ausgewählt, um des Präsidenten ‚Vision‘ zu verfolgen, und ich sehe keine Anzeichen, dass er vielleicht einen eigenen Weg finden wird. Das einzige gute Zeichen, das er gegeben hat, ist seine Bereitschaft, über Hubble nachzudenken. Wir werden sehen. Meine Hoffnung ist, dass er versuchen wird, den Präsidenten zu erziehen.“
Jonathan Lunine, Professor an der Universität von Arizona, machte darauf aufmerksam, dass Bushs Vision auf „Mond, Mars und darüber hinaus“ zielt. „Das sind nicht nur zwei Ziele, sondern drei. Mein Rat an Mike ist, das ‚darüber hinaus‘ nicht zu vergessen.“
Innerhalb der letzten zehn Jahre sei das Sonnensystem ein wesentlich spannenderer und komplexerer Ort geworden, sagte Lunine. „Was immer bei dieser Erforschungsinitiative getan werden soll, dürfen wir doch nicht den Teil vergessen, der über den Mars hinaus weist. Wir sehen die Geschichte des Wassers auf dem Mars. Wir sehen Hinweise, dass die Venus vor langer Zeit eine erdähnliche Episode hatte. Titan ist in Bezug auf die Balance physikalischer Prozesse erstaunlich erdähnlich, abgesehen von den sehr exotischen Materialien. Wie ist es dazu gekommen? Und der Mond Europa könnte einen Ozean mit Leben beherbergen.“
Wesley Huntress jr. von der Carnegie Institution in Washington sagte, dass Griffin wenig Rat brauche bezüglich seiner Vertrautheit mit der Agentur, gab aber seiner Hoffnung Ausdruck, dass Griffin „vor allem anderen das NASA-Hauptquartier und seine Zentren mit einem erneuerten Gefühl von Führung, Kompetenz, Vertrauen und Kühnheit beleben kann. Werdet diese lähmende Atmosphäre der Versagensangst los, die die Agentur derzeit überzieht!“
Für Menschen-zum-Mars-Fans dürfte Griffin eine gelungene Wahl sein. Tyson sagte, dass Griffins berufliche Herkunft überein stimmt mit den verschiedenen Anforderungen der Direktive des Weißen Hauses. „Die Wissenschaft, das Ingenieurtum, das Management, Raumfahrtindustrie, Raumfahrtunternehmer, die Vision, die Leidenschaft – er hat und kennt das alles.“ sagte Tyson. „Wenn er Erfolg hat, wird er die NASA formen, die die US-Nation braucht, um unsere Zukunft im Weltraum neu zu definieren.“