Vor einer Woche ist der Asteroid Hermes zum ersten Mal seit seiner Entdeckung im Jahr 1937 erneut gesichtet worden und hat sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit als einander umkreisendes Asteroidenpaar entpuppt.
Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: Lowell Observatory.
Am 25. Oktober 1937 entdeckte der deutsche Astronom Dr. Karl Reinmuth einen neuen Asteroiden. Reinmuth war damals an der Landessternwarte Heidelberg beschäftigt und hatte schon vorher einige Asteroiden und Kometen aufgespürt. Er nannte den neu entdeckten Himmelskörper Hermes. Seinerzeit flog der Asteroid in etwa doppelter Erde-Mond-Entfernung an unserem Planeten vorbei und stellte damit einen Rekord auf: Vor Hermes war kein anderer beobachteter Asteroid der Erde so nahe gekommen. Doch damit endete die Geschichte von 1937 UB (wie dieser Asteroid auch bezeichnet wird) zunächst, denn viele Jahrzehnte lang wurde Hermes nicht mehr gesichtet. (Wenige Jahre später, 1942, flog er sogar in nur 1,6-facher Mondentfernung – diesmal allerdings unbeobachtet – an der Erde vorbei, wie aktuelle Bahnberechnungen zeigen.)
Am vergangenem Mittwoch, dem 15. Oktober 2003 schließlich entdeckte Brian Skiff im Rahmen des Lowell Observatory Near-Earth-Object Search (LONEOS)-Programm mit Hilfe des 24 Zoll-Schmidt-Teleskops am Lowell Observatory Hermes in rund 19 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde erneut. Das LONEOS-Programm ist eines von fünf NASA-finanzierten Programmen, mit denen Asteroiden und Kometen aufgespürt werden sollen, die unserem Planeten gefährlich nahekommen können. Nachdem verschiedene, mit der Beobachtung von so genannten „Near-Earth-Objects“ beschäftigte Institute und Wissenschaftler informiert worden waren konnten drei weitere Beobachtungen, die seit Ende August 2003 von anderen Astronomen gemacht worden waren, ebenfalls als Aufnahmen von Hermes identifiziert werden. Hermes wird unserem Planeten noch näher kommen, bis er sich schließlich am 4. November der Erde bis auf etwa vier Millionen Kilometer nähern wird.
Eine Überraschung erlebten die Wissenschaftler, als am vergangenen Wochenende das Arecibo-Radioteleskop auf Puerto Rico mit Hilfe seiner über 300 Meter durchmessenden Antennenschüssel Radarstrahlen nach Hermes sandte. Das von dem Asteroiden reflektierte Radarecho wies deutliche Anzeichen dafür auf, dass Hermes nicht ein rund 1.000 Meter durchmessender Asteroid ist, wie vorher angenommen, sondern vielmehr ein aus zwei einige hundert Meter großen Gesteinsbrocken bestehendes Binärsystem. Die beiden Hermes ausmachenden Brocken sind etwa gleich groß (was ein Novum ist, denn bei allen anderen bisher beobachteten Asteroiden-Binärsystemen war eine der beiden Komponenten immer deutlich größer als die andere) und kreisen in extrem geringer Entfernung umeinander.
Die Berechnung der Hermes-Umlaufbahn durch Mitarbeiter des Jet Propulsion Laboratory gestaltete sich übrigens enorm aufwendig, da der Asteroid auf seinem Orbit immer wieder relativ nah an Erde und Venus vorbeifliegt, wodurch sich seine Umlaufbahn geringfügig ändert. Eine Gefahr für die Erde stellt Hermes den Berechnungen zufolge zumindest für den Rest dieses Jahrhunderts nicht dar; und nun, wo seine Bahn bekannt ist, wird er sich mit Sicherheit auch nicht mehr für Jahrzehnte im All verstecken können.