Wie funktionieren konventionelle Trägerraketen?

Im 17. Jahrhundert erkannte Isaac Newton, dass ein Körper nur beschleunigt werden kann, wenn ein anderer Körper in entgegengesetzter Richtung beschleunigt wird.

Autor: Karl Urban.

Von Aktion und Reaktion
Nur aus diesem Grund können Raketen funktionieren; Newton nannte diese Beziehung „actio = reactio“. Von ihr ist der Impulserhaltungssatz abgeleitet:

Impulserhaltungssatz

Ein chemischer Raketenantrieb verbrennt Treibstoff. Die durch diesen Prozess entstehenden Verbrennungsgase werden dann mit hohem Druck ausgestoßen. Ist der Schub stark genug, das Gewicht der Rakete und der Nutzlast nach oben zu drücken, hebt die Rakete ab. Der Schub einer Rakete wird in äquivalentem Gewicht – anstatt in Newton – angegeben. So beträgt der Startschub einer Ariane 5-Rakete 1188 t, dies entspricht 11660 kN.

Antriebstypen
Bei den heutzutage üblichen Trägerraketen, den chemischen Raketen, unterscheidet man zwischen drei Antriebstypen:

Schema eines Feststoff-Antriebs
(Bild: DLR)

Zur Herstellung einer Feststoff-Rakete wird eine zähflüssige Masse aus Brennstoff und Oxidator in das Treibsatzgehäuse gegossen, um später als Treibstoff der Rakete zu dienen. Danach härtet die Mischung aus, das heißt der Treibstoff wird fest.
Nach der Zündung reagieren Brennstoff und Oxidator kontinuierlich, bis die Rakete ausgebrannt ist. Dabei entsteht in der Brennkammer ein Druck von bis zu 100 bar. Die Geschwindigkeit des austretenden Gases und damit der Schub der Rakete ist von der Verbrennungstemperatur in der Brennkammer abhängig. Diese lässt sich durch Metalle (wie Aluminium) im Treibstoff erhöhen.
Die Vorteile des Feststoff-Antriebs liegen auf der Hand: Der Treibstoff ist in seinem festen Zustand leicht lagerbar und jederzeit einsatzbereit. Seine Herstellung ist aber teuer und der Schub der Rakete relativ gering. Aus diesem Grund muss beim Start einer Trägerrakete meist ein anderer Antriebstyp die Aufgabe des Haupttriebswerks übernehmen.
Einen Flüssigkeits-Antrieb bezeichnet man als Zweistoffsystem (Diergol), da der Treibstoff aus zwei flüssigen Komponenten besteht. Der Brennstoff (z.B. flüssiger Wasserstoff) und der Oxidator (z.B. flüssiger Sauerstoff) lagern in zwei unterschiedlichen Behältern. Bei der Zündung werden beide Stoffe von Turbopumpen in die Brennkammer befördert. Das Gemisch wird daraufhin gezündet und reagiert spontan.
Bei der heftigen Reaktion entstehen Gase mit Temperaturen von mehreren Tausend Grad und ein Druck von 200 bis 300 bar, was eine hohe Schubkraft zur Folge hat. Doch birgt der Flüssigkeitsantrieb auch Nachteile, wie die Lagerung der Treibstoffe und eine komplizierte Technik.

Hybrid-Antrieb
Der Hybrid-Antrieb wird heute selten verwendet. Er kombiniert gewissermaßen den Flüssigkeits- und Feststoff-Antrieb. Der Treibstoff besteht aus einem festen (Lithergol) und einem flüssigen Bestandteil (Oxidator). Eine Hybrid-Rakete ist mehrfach zündbar und erzeugt einen höheren Schub als eine Feststoffrakete. Doch auch hier ist die Technik kompliziert: Pumpen müssen stets fürein optimales Mischverhältnis in der Brennkammer sorgen.

Schema eines Flüssigantriebs
(Bild: DLR)

Heutige Trägerraketen
Die heute gebräuchlichen Trägerraketen wie die europäische Ariane 4 und 5 oder die amerikanische Delta II nutzen meist zusätzlich zum Haupttriebwerk, einem Flüssigkeits-Antrieb, sogenannte Booster zur Verstärkung (Booster = Verstärker). Diese Hilfsraketen sind oft Feststoff-Raketen. Meist sind zwei oder mehr von ihnen an die Hauptrakete „angehängt“. Bei der Ariane 4-Rakete wird die Anzahl der Feststoff-Booster je nach Masse der Nutzlast variiert. Auch das Space Shuttle nutzt bei jedem Start zwei Booster, die, nachdem sie ausgebrannt sind, in den Atlantik fallen und geborgen werden, um später wiederverwendet zu werden.

Mittlerweile hat sich trotz der komplizierten Lagerung die Verwendung von flüssigem Wasser- und Sauerstoff als Treibstoff durchgesetzt. So werden beispielsweise in der Brennkammer des Haupttriebwerks einer Ariane 5-Rakete diese Stoffe zum Reagieren gebracht. Doch bis zum Start müssen beide Stoffe bei -180°C gelagert werden, da sie ansonsten nicht flüssig sondern gasförmig sind. Die aus Stahllegierungen oder Titan bestehenden Tanks müssen dafür vorher mit Kunststoffen beschichtet werden, damit die Materialien später unter den niedrigen Temperaturen nicht spröde werden. Dafür ist die Gewinnung der beiden Stoffen aus Wasser und der Luft einfach und billig. Außerdem ist das Gas, das später aus der Düse schießt, absolut umweltfreundlich:
Wasserstoff und Sauerstoff reagieren in der Brennkammer zu harmlosen Wasserdampf.

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