Das auf den ersten Blick Überraschende an dieser Frage ist ihre Antwort: Fragen Sie Vesta! Auf den zweiten Blick jedoch klärt sich einiges auf. Kraterstrukturen und ihre Verteilung auf Ceres und Vesta, den beiden größten (und vermutlich ältesten) Körpern im Hauptgürtel, helfen tatsächlich bei der Frage, wann während der Evolution des frühen Sonnensystems Jupiter begann, sich zu dem nach der Sonne größten Objekt unseres Sonnensystems zu formen.
Ein Beitrag von Lars-C. Depka. Quelle: Nationales italienisches Institut für Astrophysik, Rom; Lars-C. Depka.
Eine wirkungsvoll durch Modellrechnungen gestützte Arbeitshypothese geht von letztlich drei Entwicklungsstadien des Riesenplaneten aus, in dessen Anfangszeit auch die Entstehung wenigstens eines der beiden Objekte anhand der spezifischen Kraterhistorie angesiedelt werden kann. In ihr (der Hypothese) wird die Planetenformation als eine Phase der initialen Akkretion des Planetenkerns, über eine Phase der rapiden Gasakkretion (einer Art inflationären Phase während der Jupiterbildung vor dem Hintergrund von bemerkbar gestiegenen Gravitationseinflüssen respektive Adhäsionskräften [auch Anhangskraft genannt, deren herausragendes Wesensmerkmal der durch molekulare Wechselwirkungen hervorgerufene mechanische Zusammenhalt der beteiligten Komponenten ist, was letztlich einen tiefgreifenden Unterschied zur Gravitation darstellt]), gefolgt von einem Zeitabschnitt der verlangsamten und gleichmäßigen Gasakkretion, während dem der Planetengigant seine finale Masse erreichte, beschrieben.
Schon im Auslaufen der zweiten, im Übergang auf die dritte und während der gesamten dritten Entwicklungsphase, begann sich Jupiters anwachsender gravitativer Einfluss auf immer mehr und immer weiter entfernte Objekte wie Asteroide und Kometen des inneren Sonnensystems und ihre Orbits direkt auszuwirken, was sie schließlich zahlreich auf Kollisionskurs mit Vesta und Ceres zwang.
Hierbei spielt die jeweilige Entwicklungsphase des Jupiters im Hinblick auf die Impaktgeschwindigkeit und damit einhergehend auf die kinetische Energie eine entscheidende Rolle. Im Übergang von Phase eins zur zweiten Entwicklungsstufe, zu einer Zeit also, als der Kern des Planeten eine kritische Masse erreicht und unter Berücksichtigung seiner jetzt ausreichend hohen Gravitation die inflationäre Gasakkretion startet, ist ein scharfes Anwachsen von Einschlägen niederer Geschwindigkeiten durch Gesteinskörper, die eine ausgeprägt homogene Kraterverteilung nach sich ziehen, festzustellen. Diese Niedergeschwindigkeits-Kollisionen haben vermutlich auch in nicht unerheblichem Umfang zur Massenbildung von Ceres und Vesta beigetragen.
In einer Zeit des dann immer weiter ausufernden Massenzuwachses des Jupiters nehmen auch die Einschläge weiter entfernter Objekte, sowie die kinetischen Energiepotentiale illustrativ an Bedeutung zu. Wiewohl zu dieser Zeit noch immer die Gesteinskörper des inneren Sonnensystems die quantitativ dominierenden Einschlagereignisse stellen, markieren die Hochenergieeinschläge eisiger Körper des äußeren Sonnensystems die größten Spuren.
Die Charakterisierung der dritten Entwicklungsstufe des Jupiters schließlich wird durch das um die Zeit von vor 4,1 Mrd. bis vor 3,8 Mrd. Jahre stattfindende Late Heavy Bombardment (erhöhter Restkörper-Einschlag aus der Planetenbildungsphase) kompliziert.
Zahlreiche, der während dieser Zeit signifikant gestiegenen Anzahl von mit organischen Komponenten angereicherten Körpern aus dem äußeren Sonnensystem, mögen auch den Asteroidengürtel erreicht haben. Gleichzeitig wird in jener Periode eine Immigration des Jupiter in seinen jetzigen Orbit angenommen, was in der Addition zu einer erhöhten Einsschlagdichte solcher Impaktoren auf Ceres und Vesta geführt haben könnte.
Geht alles gut, sollte spätestens 2011 bzw. 2015 eine Überprüfung der Strukturen und Oberflächenmorphologie der beiden größten Objekte des Hauptgürtels möglich sein. Dann nämlich wird die Ankunft der DAWN-Sonde bei Vesta und Ceres erwartet. Sollte bei dieser Gelegenheit auch ein einheitlich verteiltes Muster alter Kraterstrukturen nachweisbar sein, wäre die Hypothese, wonach sich wenigstens einer der beiden Körper während der finalen Phase der Jupiterakkretion ausbildete, um einige handfeste Nachweise reicher.