Das leistungsstärkste Teleskop, das jemals in den Weltraum gebracht wurde, steht kurz vor dem Start. Die ESA wird dabei sein, um seine ersten Signale einzufangen. Eine Information der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).
Quelle: ESA.
20. Dezember 2021 – Das James-Webb-Weltraumteleskop wurde in fast 30-jähriger Zusammenarbeit zwischen der ESA, der NASA und der kanadischen Weltraumagentur entwickelt, um Licht in die Ursprünge des Kosmos zu bringen.
Das Webb-Teleskop soll frühestens am 24. Dezember mit einer Ariane-5-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana starten. Es wird in einem direkten Tansfer zu seinem Zielorbit in mehr als 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde fliegen. Die 10-Meter-Antenne in Malindi, Kenia, ist Teil des kooperativen Bodenstations-Netzes der ESA namens Estrack und wird vom Boden aus den ersten Kontakt mit dem Weltraumteleskop herstellen und das wichtige „erste Signal“ erfassen.
Ein Signal sagt mehr als tausend Worte
Die erste Botschaft, die das Webb-Teleskop nach Hause schickt, wird als Spitze im Spektrum auf einem Monitor in der Bodenstation in Malindi erscheinen – quasi Webb’s „erste Worte“. Solche Radiowellen-Signale sind unsere einzige Möglichkeit, Kommandos zu senden und Daten zur Erde zu schicken.
Nach diesem ersten Signal wird eine Flut von weiteren Informationen gesendet, die den Flugingenieur*innen Auskunft über den Zustand des Raumfahrzeugs nach der Belastung durch den Start geben und es dem Team im Kontrollzentrum der ESA in Deutschland und dem Team der Italienischen Raumfahrtagentur (ASI) in Malindi ermöglichen, Kommandos und wichtige Missionsinformationen an das Webb-Missionskontrollzentrum der NASA weiterzuleiten.
Das globale Netz von Bodenstationen der ESA, Estrack, stellt diese wichtige Verbindung sicher. Mit einem Durchmesser von 10 Metern und einer relativ flexiblen Ausrichtung wird die Malindi-Station von der ESA in Zusammenarbeit mit ASI für die Start- und frühen Betriebsphasen einer Mission genutzt, bei denen sich eine Rakete oder ein Satellit noch recht schnell in Erdnähe am Horizont bewegen.
Die Station liegt in der Nähe des Äquators – wie auch der europäische Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana. Beim Start von diesem Ort aus erhalten die Raketen durch die dort herrschende schnellere Erdrotation einen zusätzlichen Schub.
Während das NASA-eigene System von Datenrelais-Satelliten in der Umlaufbahn – das Tracking and Data Relay Satellite System (TDRSS) – mit neu gestartete Missionen kommunizieren kann, können nur Bodenstationen wie die des Estrack-Netwerks der ESA und des entsprechenden Netzwerks der NASA den Webb-Flugingenieur*innen die wichtigen Informationen liefern, die am Starttag benötigt werden, nämlich sogenannte „Tracking-Daten“ wie Winkel-, Entfernungs- und Geschwindigkeitsmessungen.
Vom Start bis zum L2
Etwa 23 Minuten nach dem Start wird die Ariane-5-Trägerrakete am Himmel über Malindi erscheinen, wobei sie über dem westlichen Horizont fliegt und weiterhin ihre wertvolle Fracht trägt. Nur fünf Minuten später trennt sich Webb von der Rakete und tritt seinen Alleinflug ins All an.
Anders als bei den meisten Missionen beginnt das Webb-Teleskop mit der Aussendung seines Signals nach dem Abwurf der Raketenverkleidung (des sog. Fairings), kurz vor der Abtrennung des Weltraumobservatoriums. Das bedeutet, dass das Estrack-Team der ESA bereits vor der Abtrennung von der Rakete mit dem Empfang von Signalen des Webb-Teleskops rechnen kann.
„Es kann sein, dass wir einige Minuten nach der Trennung des Raumfahrzeugs von der Ariane 5 das Signal kurzzeitig verlieren. Zu diesem Zeitpunkt schalten wir von der Verfolgung der Trägerrakete auf die Verfolgung des Weltraumteleskops um“, erklärt Daniel Firre, Leiter des Bodensegments der ESA.
„Die Malindi-Antenne hat sozusagen zwei Köpfe oder ‚Gehirne‘, von denen immer nur eines die Antenne steuern kann. Die jeweiligen Systeme erhalten ihre Befehle dann entweder vom Startbetreiber Arianespace oder vom Webb-Tracking-Computer. Um umzuschalten, halten wir die Antenne für ein paar Sekunden an und stecken das Kabel buchstäblich von einem Kontrollsystem auf das andere um, wobei die Bewegung für etwa 20 Sekunden unterbrochen wird.“
Ab dem Zeitpunkt der Trennung von der Raketen-Oberstufe wird Malindi drei Phasen der Kommunikation mit dem Raumfahrzeug haben; zunächst ist die ESA-Station in der ersten Stunde nach der Trennung in einer Art „Privatgespräch“ mit Webb. Danach schließt sich die Deep Space Antenna der NASA in Canberra an und Malindi dient als Backup. Wenn die Sonde von Canberra aus nicht mehr zu sehen ist, übernimmt Malindi noch einmal das Kommando, bevor die NASA-Station in Madrid weitermacht.
Immer ein Auge auf die Ariane 5
Auch nach der Abtrennung von Webb verfolgt die Station in Malindi weiterhin die Oberstufe der Ariane-Rakete, bis zu etwa einer Stunde und 20 Minuten nach dem Start. Die Antenne verfolgt die Rakete nicht primär – sie verfolgt in diesem Zeitraum Webb – allerdings schweben die beiden Objekte relativ nahe beieinander am Himmel. Da sich Webb in der Nähe der Raketenoberstufe befindet, verbleibt die Ariane bis zum Ende ihrer Mission innerhalb der „Antennenkeule“ von Malindi. Die Mission der Rakete endet mit der „vollständigen Entleerung des Raketenoberstufentanks“ – ganz im Sinne der globalen Richtlinien zur Vermeidung von Weltraummüll.
Vom Start bis zur Abtrennung, von der Signalerfassung bis zu den ersten wissenschaftlichen Daten, die von dieser außerordentlich spannenden Mission geliefert werden, ist die ESA dabei, um diese Mission zu unterstützen und dazu beizutragen, die geheimnisvollen Ursprünge des Kosmos zu ergründen.
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