Neu zusammengesetzte Radarbilder der Raumsonde Cassini vermitteln den bislang besten Blick auf die Seenlandschaft am Nordpol des Saturnmondes Titan. Soeben erst gewonnene Radarbilder offenbaren, dass auch in der Südpolregion Kohlenwasserstoffseen existieren.
Ein Beitrag von Eric Honstrass. Quelle: NASA.
Das Primärziel des Vorbeifluges der Sonde am 2. Oktober war die Suche nach Seen in der südlichen Polregion. Der Flyby verlief planmäßig und so konnten in der Tat einige kleine Seen entdeckt werden.
Ein aus Radarbildern der letzten eineinhalb Jahre zusammengesetztes, neues Mosaik zeigt eine von gewaltigen Seen bedeckte Nordpolregion. Einer dieser Seen ist vergleichbar mit der Größe der beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Sieben Vorbeiflüge waren nötig, um dieses Mosaik erstellen zu können. Mittlerweile sind annähernd 60% der nördlichen Polarregion jenseits des 60. Breitengrades von Cassinis Radar kartographiert worden und ungefähr 14% dieses Gebietes werden von den Wissenschaftlern als Seen aus flüssigen Kohlenwasserstoffen gedeutet.
„Dies ist unsere Version der Kartographie Alaskas, der nördlichen Teile Kanadas, Grönlands, Skandinaviens und Nordrusslands“, sinniert Rosaly Lopes, zuständige Wissenschaftlerin für Cassinis Radar am Jet Propulsion Laboratory der NASA. „Es ist so, als ob man diese Gebiete der Erde erstmals kartieren würde.“
In der nördlichen Hemisphäre des Saturnmondes, auf der zur Zeit Winter herrscht, sind derartige Seen nichts Ungewöhnliches. Die Wissenschaftler meinen, dass dort Regen in Form von Methan und Ethan fiele, der die „Gewässer“ auffülle. Diese Flüssigkeiten graben auch die gewundenen Flüsse in die Mondoberfläche. Nun hingegen bewegt sich Cassini über unbekanntes Terrain, nämlich über den Südpol. „Wir wollten sehen, ob es dort noch mehr Seen gibt – und tatsächlich lachen uns drei kleine Seen an. Titan ist wahrhaftig eine Seenlandschaft“, erläutert Lopes. „Interessant wird es sein, die Unterschiede zwischen Nord- und Südpolgegend zu sehen.“
Und diese Unterschiede sind tatsächlich zu erwarten, erlebt doch der Südpol gegenwärtig seinen Sommer. Jede Jahreszeit auf dem Mond dauert knapp 7,5 Jahre – also etwa ein Viertel der Umlaufzeit des Mutterplaneten Saturn um die Sonne. Den Wandel der Jahreszeiten auf Titan zu beobachten wird den Wissenschaftlern helfen, die dort stattfindenden Prozesse besser zu verstehen.
Mittlerweile verstehen die Forscher die Entstehung der Seen besser. Auf der Erde werden Senken z.B. durch Flusswasser gefüllt, das Wasser sammelt sich und ein See entsteht. Auch können Seen dadurch entstehen, dass die lokale Topographie den Grundwasserspiegel unterschreitet. Lopes und ihre Kollegen meinen, dass sich die Senken, in denen sich die Seen befinden, durch Vulkanismus oder durch eine bestimmte Art Erosion gebildet haben könnten, die beide Vertiefungen hinterlassen, in denen sich Flüssigkeiten sammeln können. Auf der Erde sind derartige Seen weit verbreitet und es gibt derer reichlich.
„Die auf Titan beobachteten Seen scheinen zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich stark gefüllt zu sein, woraus man folgern kann, dass sie in ein komplexes hydrologisches System eingebunden sind, vergleichbar mit dem Wasserkreislauf auf der Erde. Das macht Titan zu einem einzigartigen Körper im Sonnensystem“, verrät Alex Hayes, ein Student im Aufbaustudium, der die Radardaten Cassinis am California Institute of Technology in Pasadena studiert.
„Die bislang entdeckten Seen unterscheiden sich in Ihrer Größe ganz erheblich und reichen von der Beobachtungsgrenze von einem Quadratkilometer bis zu über 100.000 Quadratkilometer…“, sagt Hayes. „Von den knapp 400 beobachteten Seen beanspruchen 70% der Fläche große Seen mit mindestens 26.000 Quadratkilometern Fläche.“
Während zukünftiger Vorbeiflüge wird der Südpol noch näher heranrücken und man erwartet, noch mehr Seen zu entdecken. Man darf weiterhin gespannt und neugierig sein, welche interessanten Neuigkeiten uns von Cassini erreichen.