Die Missionskontrolle ist das Gehirn einer jeden Weltraummission. Hier laufen alle Daten zusammen und werden Befehle für anstehende Manöver vorbereitet und auf dem Weg gebracht. Die ESA hat nun den Auftrag für das Missionskontrollsystem für den ExoMars-Orbiter vergeben. Die Kontrolle des mitgeführten Landedemonstrators ist dabei Neuland.
Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: ESA, Telespazio Vega. Vertont von Peter Rittinger.
Relativ unspektakulär, aber ein untrügliches Zeichen dafür, dass es ernster wird, ist die kürzlich erfolgte Vergabe des Auftrags zur Entwicklung des Missionskontrollsystems für Teil 1 der kommenden Mars-Mission ExoMars der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Teil 1 ist der 2016 startende Mars-Orbiter, der hauptsächlich Spurengase wie Methan in der Marsatmosphäre erforschen soll und daher mit dem Namenszusatz TGO (Trace Gas Orbiter) geführt wird. Teil 2 ist der laut Planung 2018 folgende Marsrover zur Erforschung des Marsbodens und –untergrundes, unter anderem nach Hinweisen auf ehemaliges Leben.
Beauftragt wurde Telespazio Vega Deutschland mit Sitz in Darmstadt. Telespazio Vega ist die Deutschlandtochter der italienischen Telespazio S.p.A., die wiederum zum Finmeccanica/Thales-Konzern gehört. Die örtliche Nähe zur ESOC, dem Satellitenkontrollzentrum der ESA, ist dabei kein Zufall. ExoMars-TGO wird vom ESOC über die gesamte Missionslaufzeit überwacht und gesteuert werden. Im Gegensatz dazu wird der später in europäisch-russischer Zusammenarbeit auf dem Mars abgesetzte Rover vom ALTEC (Advanced Logistics Technology Engineering Center) in Turin gesteuert.
Telespazio Vega hat bereits das Missionskontrollsystem für die 2013 vorgesehene Mission GAIA, einem Weltraumteleskop, entwickelt. Das Unternehmen ist einer der Hauptauftragnehmer der ESOC für verschiedenste Bodensysteme und arbeitet auch mit EUMETSAT zusammen. Auf diesen Erfahrungen teilweise aufbauend kann laut Telespazio Vega das Missionskontrollsystem für die verschiedenen Aufgaben des ExoMars-TGO bei der Marserforschung und als Relaisstation entwickelt werden. Neuland betritt man hingegen bei der Überwachung und Steuerung und des vom ExoMars-TGO mitgeführten Landedemonstrators EDM (Entry, Descent and Landing Demonstrator Modul). Dieser soll 2018 nach Ankunft des TGO am Mars von der Sonde freigesetzt werden und vom Eintritt in die Marsatmosphäre über den Abstieg bis hin zur Landung wichtige Daten zur Vorbereitung der Landung des Marsrovers liefern.
Sieht man vom Titan-Lander Huygens ab, hat Europa kaum Erfahrung mit halbwegs weichen Landungen auf Monden oder Planeten. Der erste Versuch im Jahr 2003 mit dem von der Sonde Mars Express mitgeführten Lander Beagle 2 war ein Fehlschlag. Der zweite Versuch wird nun erheblich solider aufgesetzt. Da die Rakete mit dem Marsrover allerdings 2018 starten soll, wird es zu spät sein für Änderungen am technischen Design der Landeeinheit.
Das EDM wurde im April im ESA-Technologiezentrum ESTEC im niederländischen Noordwijk intensiven Vibrationstests ausgesetzt. Zuvor wurde der bei Thales Alenia Space in Turin gefertigte flache Kegel auf seine Bio-Dichtigkeit geprüft. Hitzeschild, Frontscheibe und Rückenabdeckung müssen biologisch dicht sein und bleiben, um eine Kontamination mit Erdorganismen zu vermeiden. Die Rütteltests ahmten hinsichtlich Dauer und Frequenz annähernd die Belastung beim Start auf einer Protonrakete nach. Danach erfolgte ein erneuter Test der Bio-Abdichtung. Der scheint zufriedenstellend ausgegangen zu sein. Inzwischen ist das EDM wieder in Turin für konstruktive Tests. Unter anderem werden das Eindringen in die Mars-Atmosphäre und der Fallschirmeinsatz simuliert. Das EDM wird mit 21.000 Stundenkilometern in die Marsatmosphäre eindringen und innerhalb von acht Minuten auf 15 Stundenkilometer abgebremst.
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