Auch in der Nacht zum Freitag ist es Russland nicht gelungen, Kontakt zu der im Erdorbit gestrandeten Raumsonde herzustellen. Die Chancen, die Mission noch zu retten, schwinden damit. Es wäre nicht der erste Fehlschlag einer russischen Raumsonde auf dem Weg zu Mars.
Ein Beitrag von Stefan Heykes, Thomas Weyrauch und Klaus Donath. Quelle: IKI, Lawotschkin, Novosti Kosmonavtiki, phobos.cosmos.ru, RIAN, Roskosmos, Tsenki.
Vertont von Peter Rittinger.
Dienstag Abend um 21:16 Uhr MEZ begann die Reise der 120 Millionen Euro teuren Mission zum Mars. Zunächst sah alles gut aus. Die Zenit-Trägerrakete setzte die Sonde planmäßig in einem Parkorbit von 207 km x 347 km aus. Kurz darauf empfing die Bodenstation erste Telemetriedaten, aus denen die korrekte Funktionsweise der Sonde abgeleitet werden konnte. Die Solarpanele wurden entfaltet und die zwei Brennvorgänge für den Einschuss in eine Marstransferbahn standen unmittelbar bevor.
Da direkter Funkkontakt nur über das russische Netzwerk geplant war und die Brennvorgänge außerhalb der Reichweite des Netzwerkes stattfanden, war zu dieser Zeit kein Kontakt zu Sonde möglich. Der Marseinschuss sollte autonom erfolgen. Doch seitdem herrscht Funkstille.
Russische Spezialisten vermuten, dass es wegen einer nicht erfolgten korrekten Ausrichtung der Sonde nicht zu den beabsichtigten Brennphasen der MDU kam. Sonnen- und Sternensensoren sollten der Sonde bei ihrer Ausrichtung helfen, zuerst an der Sonne, dann an einem hellen Leitstern. Eine Orientierung an letzterem mit einem BOKZ-MF genannten Sensor erfolgte wahrscheinlich nicht, weshalb auch keine Triebwerkszündung initiiert wurde.
Nur noch 2 Wochen Zeit für eine Lösung des Problems
Roskosmos berichtete zwischenzeitlich, dass man mittlerweile davon überzeugt ist, für erforderliche Fehlerbereinigungen rund zwei Wochen Zeit zu haben. Die Energieversorgungslage soll sich nach Angaben von Beobachtern des russischen Raumfahrtprogramms entspannt haben, da beide Solarzellenausleger von Fobus-Grunt entfaltet seien und arbeiten würden und die Lageregelung der Sonde funktioniere. RIA Nowosti meldete, nach Angaben eines russischen Ballistik-Experten werde sich die Sonde rund vier Wochen auf ihrem niedrigen Erdorbit halten können, bevor ihr der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und damit ihre Zerstörung droht.
Nach Informationen aus gewöhnlich gut informierten Kreisen in Russland sprechen Telemetriedaten, die von der zweiten Stufe der Trägerrakete empfangen wurden, für eine planmäßige und störungsfreie Abtrennung der Sonde nach dem Start. Von der Sonde sollen während ihres ersten Erdumlaufs Telemetriedaten gekommen sein, die ein erfolgreiches Entfalten der Solarzellenausleger und eine zuverlässige Orientierung der Sonde an der Sonne bestätigen. Nach dem zweiten Umlauf habe die Sonde geschwiegen, und sich auf einer nicht veränderten Bahn befunden. Danach gelang es angeblich nicht mehr, irgendwelche Telemetriedaten von der Sonde zu empfangen. In der Nacht zum Donnerstag habe man versucht, die Rechneranlage an Bord von Fobus-Grunt neu zu starten, was aber nicht gelang.
Internationale Hilfe bisher erfolglos
Auch internationale Partner wie zum Beispiel die ESA konnten mit Ihren Kommunikationsnetzwerken bisher keine Signale von Fobos-Grunt empfangen.
In der Nacht zum Freitag versuchten dann Experten aus Baikonur, Phobos-Grunt sogenannte „direkte Ausführungsbefehle“ zu geben – unter Umgehung aller Systemprüfungen und On-Board-Computer-Systeme auf dem Raumschiff. Aber auch nach weiteren Überflügen blieb die Raumsonde stumm.
Dabei wurden Spekulationen laut, dass zwei Antennen zur Kontaktaufnahme möglicherweise durch den abwerfbaren Zusatztank der Fregat-Oberstufe verdeckt werden und der Sicherheitsmodus der Sonde nur darauf programmiert wurde auf einer Marstransferbahn sinnvoll zu agieren. Im niedrigen Erdorbit sind die Bedingungen aber anders.
Kein Glück bei Missionen zum Mars
Unvollständige Sicherheitsmodi und Softwarepannen kosteten bereits die Marsmissionen Fobos 1 und Fobos 2. Schon das sowjetische Marsprogramm in den 1960er und 1970er Jahren war einer der größten Fehlschläge in der Geschichte der sowjetischen Raumfahrt. Von den 14 gestarteten Sonden des Mars-Programms war nur Mars 5 ein relativer Erfolg. Später gab es noch drei sowjetisch-russische Marsmissionen: Fobos 1+2 im Jahr 1988 und Mars 96 im Jahr 1996. Fobos 1 und Mars 96 waren komplette Fehlschläge, lediglich Fobos 2 konnte einen kleinen Teil seines geplanten Forschungsprogramms durchführen, bevor auch er verloren ging. Nun steht Fobos-Grunt kurz vor dem Aus.
Komplette Startübertragung als Replay
Raumcon: