Was macht die Erdfotografie so schwierig?

Die Dokumentierung unserer Erde mittels Video oder Fotografie ist Alltag auf der Internationalen Raumstation ISS. Die sich bewegende Erde erfordert von dem Fotografen jedoch einiges an Übung. (Newsbild: Nordlicht über der nächtlichen Erde)

Ein Beitrag von Ralf Möllenbeck. Quelle: NASA, Don’s Blog. Vertont von Peter Rittinger.

NASA
Dan Burbank bei der Erdfotografie in Cupola
NASA
Das nächtliche Italien, am hellsten Rom und Neapel
(Bilder: NASA)

„Ich sitze hier still am Fenster der ISS und die Erde bewegt sich unter mir. Mit erstaunlichen acht Kilometern pro Sekunde dreht sich der schönste aller Planeten unter meinen Füßen, ich sitze direkt über ihm. Das ist es, was Aufnahmen von unserem Heimatplaneten so kompliziert macht.“, so die Worte von ISS-Flugingenieur Donald Pettit von der Langzeitbesatzung 30. Zum Einsatz kommen auf der Station verschiedenste Kameras und Objektive. Häufig genutzt wird das 400-Millimeter-Teleobjektiv, wobei bei einer Verschluss-Geschwindigkeit von 1/1000 einer Sekunde immer noch eine Bewegung von rund 8 Metern über Grund stattfindet. Daher ist es hier mit einem einfachen Anpeilen des Ziels und Drücken des Verschlusses nicht getan, unscharfe Aufnahmen wären das Ergebnis. Ein neues Besatzungsmitglied braucht rund einen Monat Übung, um das genaue manuelle Verfolgen des Zieles mit einem zu Teleobjektiv zu erlernen.

Ein anderer schwieriger Aspekt der Erdfotografie ist das Erfassen eines spezifischen Ziels. Donald Pettit sagt dazu: „Wenn ich ein Bild von Silverton, Oregon, meiner Heimatstadt aufnehmen will, habe ich ungefähr 10 bis 15 Sekunden Zeit, um das Bild zu schießen. Das Ziel muss unter der Station im Hauptnadir (der Punkt direkt unter der ISS) liegen, um keine verzerrten Aufnahmen zu erhalten“. Des Weiteren ist eine gründliche Vorbereitung der Ausrüstung nötig. Ist das falsche Objektiv montiert, die Speicherkarte voll, die Batterien leer oder die Kamera in einer Sondereinstellung, reicht die Zeit nicht mehr zum fotografieren, da die nötigen Korrekturen zu umfangreich sind. Eine weitere Herausforderung ist das Finden des gewünschten Motives. Etliche ausgewählte Ziele sind recht klein oder heben sich farblich wenig von der umgebenden Oberfläche ab. Wenn es mehr als ein paar Sekunden dauert, diese zu entdecken, ist der Moment zur Fotografie verstrichen. Alle Raumfahrer haben bisher gute Möglichkeiten für Erdaufnahmen verpasst, neue Chancen dafür gibt es jedoch meistens einige Tage später.

Natürlich spielen beim Fotografieren auch die Hell-Dunkel-Perioden in der Umlaufbahn eine Rolle. Rund 90 Minuten dauert ein Umlauf, wobei der Orbit ungefähr 60 Minuten im Tageslicht und 30 Minuten in der Finsternis verläuft. Die Schattenlinie teilt die Erdoberfläche natürlich in Tag- und Nachthälfte, in 400 Kilometern Höhe jedoch reist der Fotograf in einer großen Entfernung über die Nachterde und die Station bleibt im vollen Sonnenlicht. Das ist die spezielle Periode, welche es für Interessierte auf dem Boden möglich macht, die Raumstation als einen großen, hellen, sich bewegenden Lichtpunkt zu beobachten. Diese Bedingungen herrschen nur maximal sieben Minuten, danach tritt die ISS in den Erdschatten ein. Interessant an dieser Phase ist, wenn Erdbewohner die ISS sehen können, ist Erdfotografie nicht möglich. Der flache Einfallswinkel der Sonne in die Stationsfenster führt hier zu Blendeffekten, welche ein Herausschauen und damit die Fotografie stark erschweren. Trotz aller Schwierigkeiten auf dem Gebiet und mit etwas Übung gelingen jedoch die meisten Aufnahmen. Sie zeigen unseren Heimatplaneten aus einem besonderem Blickwinkel und in seiner ganzen Schönheit.

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