Im November 2023 meldet die NASA plötzlich Probleme mit der Voyager 1 Raumsonde. Sie sendete keine lesbaren Daten mehr. Ist das nun das Ende der wissenschaftlichen Mission? Inzwischen fand ein Team von NASA – Spezialisten nach einer mehrmonatigen Suche die Ursache des Problems und auch eine Lösung.
Autor: Thomas Geuking Quelle: NASA.
Eine Zeit lang sah es so aus, als wäre die aktive wissenschaftliche Reise der Raumsonde Voyager 1 zu Ende. Die am 05. September 1977 gestartete Sonde ist mit Ihrer Schwestersonde das am weitesten entfernte von Menschen erbaute Objekt. Sie befindet sich mittlerweile im interstellaren Raum. In etwas über 17.000 Tagen im All hat sie bis zum heutigen Tag ca. 24,42 Milliarden Kilometer zurückgelegt. Ein Funksignal von der Erde benötigt heute 22,5 Stunden bis zur Raumsonde.
Noch immer sendet die Raumsonde wissenschaftlich Daten zur Erde, zumindest bis Mitte November 2023. Plötzlich sendete die Raumsonde scheinbar keine lesbaren Daten mehr, sondern in einer Art Dauerschleife immer denselben Datensatz.
Nach einer ausführlichen Analyse konnte die Ursache zunächst auf das FDS (Flight Data System) der Sonde eingegrenzt werden. Es handelt sich dabei um einen der drei Bordcomputer der Raumsonde. Das FDS kommunizierte nicht ordnungsgemäß mit einem der Subsysteme der Sonde, der sogenannten Telemetrie-Modulationseinheit (TMU). Infolgedessen werden keine wissenschaftlichen oder technischen Daten zur Erde zurückgesendet. Das FDS soll unter anderem Daten von den wissenschaftlichen Instrumenten sowie technische Daten über den Zustand und Status des Raumfahrzeugs sammeln. Anschließend werden diese Informationen zu einem einzigen Datenpaket zusammengefasst, das von der TMU zur Erde zurückgesendet wird. Nun begann die TMU, ein sich wiederholendes Muster aus Einsen und Nullen zu übertragen, als ob sie „stecken geblieben“ wäre. Nachdem ein Neustart des FDS keinen Erfolg brachte, mußten oft Jahrzehnte alte Unterlagen zur Fehleranalyse herangezogen werden. Die Spezialisten brauchten Zeit um zu verstehen, wie sich neue Befehle auf den Betrieb der Raumsonde auswirken, um unbeabsichtigte Probleme zu vermeiden.
Sie sendeten am 01. März 2024 ein Signal an die Raumsonde, das die FDS dazu veranlassen sollte, ein vollständiges Speicherabbild zu senden. Dies konnte am 03. März dann auch tatsächlich empfangen und von einem Ingenieur des Deep Space Network der Agentur, das die Funkantennen betreibt, die sowohl mit Voyager als auch mit anderen Raumfahrzeugen kommunizieren, entschlüsselt werden.
Das Speicherabbild war der Schlüssel zur Lösung des Problems!
Man stellte fest, dass 3 Prozent des Speichers des FDS beschädigt sind. Es handelt sich wahrscheinlich um einen einzelnen Chip, der entweder durch energiereiche Teilchen aus dem Weltraum, oder einfach durch die lange Betriebsdauer beschädigt worden ist. Dies führte zum Verlust eines Teils des Softwarecodes des FDS-Computers.
Der Verlust dieses Codes machte die wissenschaftlichen und technischen Daten unbrauchbar. Da der Chip nicht repariert werden kann, beschloss das Team, den betroffenen Code an einer anderen Stelle im FDS-Speicher abzulegen. Aber kein einzelner Speicherort ist groß genug, um den gesamten Codeabschnitt aufzunehmen. Deshalb entwickelte man eine Lösung, den betroffenen Code in Abschnitte zu unterteilen und diese Abschnitte an verschiedenen Stellen im FDS zu speichern. Damit dieser Plan funktioniert, müssen diese Codeabschnitte angepasst werden, um sicherzustellen, dass sie alle weiterhin als Ganzes funktionieren. Alle Verweise auf den Speicherort dieses Codes in anderen Teilen des FDS-Speichers müssen ebenfalls aktualisiert werden. Am 18. April sendete das Team ein erstes Softwareupdate an die Voyager Sonde. Als das Team im Missions-Kontrollzentrum am 20. April nach 45 Stunden eine Rückmeldung von der Raumsonde bekam, wussten sie, dass die Modifikation funktionierte. Zum ersten Mal seit fünf Monaten konnten sie den Zustand und den Status der Raumsonde überprüfen. Nach einem weiteren Update wird die Sonde dann wieder wissenschaftliche Daten zur Erde senden können. Die wissenschaftliche Mission kann weiter gehen.
Wie lange die Sonde insgesamt noch betrieben werden kann, hängt im Wesentlichen von den Radionuklidbatterien sowie der Abnutzung der thermoelektrischen Elemente ab. Pro Jahr sinkt die elektrische Leistung um etwa 4 Watt. Durch die Abschaltung einzelner Instrumente konnte die Lebensdauer der Sonde bisher immer wieder verlängert werden.
Raumfahrer.Net wird weiter berichten.
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