Vorsichtiger Optimismus für MARSIS

Wenige Wochen vor der für Mitte Januar 2005 erwarteten Entscheidung, ob die MARSIS-Radarantenne an Bord des europäischen Orbiters Mars Express entfaltet werden kann, scheint vorsichtiger Optimismus erlaubt.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: Raumfahrer.net.

Eines der aufregendsten wissenschaftlichen Instrumente an Bord von Mars Express ist MARSIS (= Mars Advanced Radar for Subsurface and Ionosphere Sounding). Dabei handelt es sich um ein Radar, das mit Hilfe einer 40 Meter langen Antenne (die sich erst in der Marsumlaufbahn entfaltet) Wasservorkommen im Marsboden bis hinab in eine Tiefe von einigen Kilometern finden soll. Um dies zu erreichen sendet das Gerät niederfrequente Radiowellen aus, die zwar größtenteils bereits von der Marsoberfläche reflektiert werden, von denen ein Teil jedoch in den Boden gelangt und dort erst zurückgeworfen wird, wenn die Radiowellen auf Grenzschichten zwischen verschiedenen Materialien treffen. Die wichtigste Aufgabe von MARSIS wird die Suche nach Wasser oder Wassereis im Marsboden sein, aber quasi als Nebeneffekt werden die Wissenschaftler des MARSIS-Teams an der Universität La Sapienza in Rom mit Hilfe dieses Radars auch neue Erkenntnisse über die so genannte Ionosphäre des Mars gewinnen, da die Radarsignale auf ihrem Weg durch diese obere Atmosphärenschicht von den dort befindlichen elektrisch geladenen Teilchen teilweise zurückgeworfen werden.

Auf diesem in Toulouse während der Endmontage aufgenommenen Foto ist eine der beiden MARSIS -Antennen hinter einer weißen Abdeckung gut zu erkennen. Zum Entfalten klappt die Abdeckung mitsamt der Antenne um 90° nach unten, so dass die Antenne sich entfalten kann. Für diesen Vorgang reicht alleine die während des Faltens in der Antenne gespeicherte Energie – ähnlich wie bei einer zusammengedrückten Feder – aus.
(Foto: ESA)

Die beiden wie eine Ziehharmonika zusammengestauchten, je 20 Meter langen Antennen sollten eigentlich schon vor Monaten entfaltet werden. Nach dem Start von Mars Express durchgeführte Simulationen führten jedoch zu der Befürchtung, dass die Antennen beim Entfalten zurückschwingen und dadurch die Raumsonde beschädigen könnten. Monatelang wurden ständig neue Simulationen durchgeführt, um das Risiko so genau wie möglich einschätzen zu können.

Der Mars Express-Projektleiter Dr. Rudolf Schmidt schilderte den aktuellen Stand der Dinge auf Anfrage von Raumfahrer.net folgendermaßen: „Die Untersuchungen sind beinahe abgeschlossen und wir werden spätestens Mitte Januar eine Entscheidung treffen. Gegenwärtig sieht es so aus, dass die Booms [= die Antennen, Anmerk. der Red.] mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit während der Entfaltung den Satelliten treffen. Der Aufprall ist eher sanft aber wir müssen doch sicherstellen, dass keine unerwünschten Nebenwirkungen zurückbleiben. Daher benötigen wir noch die Zeit bis Januar.“ Diese relativ optimistische Aussage lässt darauf hoffen, dass MARSIS im kommenden Jahr doch noch in Betrieb geht. Als frühestmöglichen Termin nennt die ESA Mitte März 2005. Während der Antennen-Entfaltung „darf der Satellit nicht länger als 40 Minuten im Marsschatten sein, [was] mit dem Ladezustand der Batterien zu tun [hat]“, so Rudolf Schmidt.

Da die beiden MARSIS-Antennen vom amerikanischen Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA geliefert worden sind, wurden dort während der vergangenen fünf Monate übrigens auch die meisten Simulationen und Tests ausgeführt. Doch nicht nur in diesem Bereich gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen ESA und NASA. Auch bei der Übermittlung der Aufnahmen und Messdaten von Mars Express zur Erde kann das Mars Express-Team auf die Unterstützung der amerikanischen Kollegen zählen.
Da die ESA derzeit nur über eine Bodenstation in Australien verfügt, deren 35 Meter-Antenne für die Kommunikation mit Mars Express geeignet ist, hilft die NASA mit ihren drei über den Globus verteilten Bodenstationen des Deep Space Network aus: „Routinemäßig [laufen für Mars Express] zwei Bodenstation, sehr oft ist eine davon eine 70 Meter-Antenne vom JPL, ein weiterer Beweis für die gute Zusammenarbeit mit der NASA“, so Rudolf Schmidt weiter. Dennoch werden insbesondere durch die hochauflösende Stereokamera HRSC „mehr Daten erzeugt als der Satellit zur Erde übertragen kann, auch die Mars-Weltrekordtelemetrierate von bis zu 230 kBit/Sek. reicht nicht aus.“ Diese Situation führt zu „Verteilungskämpfen“ zwischen den verschiedenen Wissenschaftlerteams der insgesamt sechs Instrumente, denn natürlich möchte jedes Team möglichst viele der Daten „seines“ Instrumentes zur Erde bekommen. Die für 2009 angedachte nächste Mars-Mission der ESA wird also angesichts immer weiter steigender Datenmengen dringend einen breiteren Datenkanal zur Erde benötigen, wenn die Ergebnisse der Marsforschung auch ihre Empfänger erreichen sollen.

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