Im Jahr 1831 betritt Charles Darwin das britische Forschungsschiff Beagle und bricht damit auf eine Reise auf, auf der er Entdeckungen machen soll, die die Welt fundamental verändern.
Autor: Karl Urban.
Nur 172 Jahre nach Darwins historischer Reise, die zur Entwicklung der modernen Evolutionstheorie führte, macht sich wieder ein Schiff mit dem gleichen Namen in wenig erforschte Gefilde auf: Das britische Landeraumschiff Beagle 2 sowie sein Mutterschiff Mars Express sind auf dem Weg in Richtung des Roten Planeten. Ihre Mission ist vergleichbar mit der Darwins: Sie sollen nach Anzeichen von Leben suchen und nach dem Lebenselexier überhaupt – flüssigem Wasser.
Mars Express ist die erste Mission der ESA zum Roten Planeten und gleichzeitig die erste zu einem anderen Planeten überhaupt. Alle früheren interplanetarischen Missionen mit europäischer Beteiligung geschahen unter der Federführung einer anderen großen Raumfahrtnation: Dies gilt für die Saturnsonde Cassini-Huygens ebenso wie für die leider verunglückte russische Mission Mars 96.
Autonome Missionen im Sonnensystem stellen jedoch auch vielfältige Anforderungen an die Europäische Raumfahrtagentur ESA. Mit der Fertigstellung der ersten Deep Space Ground Station in New Norcia, Australien ist eine wichtige Voraussetzung erfüllt, um mit den weit entfernten Sonden in Kontakt zu bleiben. Die wissenschaftlichen Daten der Raumfahrzeuge werden von der neuen Antenne empfangen und direkt zum European Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt, Hessen weitergeleitet. Vom ESOC werden alle Raumfahrtmissionen mit europäischer Beteiligung koordiniert und überwacht.
Am 2. Juni 2003 startete vom russischen Weltraumbahnhof Baikonur die Sonde Mars Express mit Beagle 2 an Bord ins All. Das Ereignis wurde in Fernsehen und Internet übertragen, für die Presse fanden im ESOC in Darmstadt und in anderen Standorten der ESA größere Veranstaltungen zum Start statt. Raumfahrer.net war durch Michael Stein und Karl Urban in Darmstadt vertreten.
Auf dem relativ großen Gelände des ESOC, das mehrere vier- bis fünfstöckige Gebäude umfasst, war für die Presse in einem modernen Bau aus Glas und Stahl ein Saal sowie ein großes Buffet vorbereitet worden, um den Start gut gestärkt auf einer von vier Großleinwänden verfolgen zu können. Im Zentrum des Saals waren auf einer sich drehenden Plattform Beagle 2 am Boden und Mars Express in der Luft schwebend montiert. Die Plattform diente gleichzeitig als Bühne für ein etwa vierstündiges Programm. Der Saal erhielt durch blaue und rote Scheinwerfer, Marsfolien auf dem Boden sowie anheizende Musik aus einem Science Fiction-Soundtrack das richtige Ambiente, um gespannt auf den Liftoff in Baikonur zu warten.
Bis zum Start der Sojus Fregat wurde die Zeit mit mehreren Interviews überbrückt, wie mit Mars Express-Projektmanagern und an der Mission beteiligten Wissenschaftlern. Wenig nervös zeigte sich life aus dem ESOC-Kontrollraum Mars Express Ground Segment Manager Mike McKay und drückte damit die kühle Professionalität der beteiligten ESA-Mitarbeiter aus, die direkt am Start beteiligt waren. Sehr viel Aufmerksamkeit der anwesenden Journalisten erhielt auch der deutsche Astronaut Ulf Merbold, der erneut über die Bedeutung der Mission und die Möglichkeit einer bemannten Marsmission sprach.
Trotz der großen Professionalität der gesamten Veranstaltung, störten kleinere Details den Gesamteindruck: Wenige Minuten vor dem Start wurde über die Videoleinwände direkt nach Baikonur geschaltet. Von dort moderierten zwei ESA-Mitarbeiter in einer schlechten Tonqualität den Start. Durch laute Atemgeräusche, ungewollte Mehrsprachigkeit (zum Teil gerieten die Kommentare ins Französische) sowie Rückkopplungen wurde so das Erlebnis des Starts der Rakete etwas gedämpft. Daneben verschwand noch wenige Sekunden vor dem Abheben der Countdown mehrmals, was die Anwesenden ebenso etwas irritierte.
Ein letztes Mal spannend wurde es beim Abtrennen von der Fregat-Raketenstufe, nach welcher Mars Express völlig autonom auf dem Weg in Richtung Mars sein sollte. Der Moment wurde durch die ersten Signale direkt von der Sonde bestätigt und der Pressesaal im ESOC applaudierte zum gelungenen Auftakt Europas erster Mission zum Roten Planeten.
Mit dem Satz We have a mission. bestätigte auch Director of Science der ESA David Southwood den erfolgreichen Startvorgang von Mars Express und Beagle 2. Die erste europäische Sonde fliegt zum Mars und wird dort nach Wasser und Lebensspuren suchen und so einen Beitrag zu unserem Wissen über das Leben und das Universum leisten, wie es schon Charles Darwin mit seiner Reise auf der HMS Beagle tat.