Studentenexperimente aus Bremen, München und Jena starteten mit Forschungsrakete REXUS 25. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Quelle: DLR.
Rund ein Jahr lang hatten die Studierendenteams aus Bremen, München und Jena auf diesen Moment hingearbeitet: Am 11. März 2019 ist um 10:20 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) die Forschungsrakete REXUS 25 erfolgreich vom Raumfahrtzentrum Esrange bei Kiruna in Nordschweden gestartet. An Bord befanden sich die Experimente der deutschen Teams sowie von Studierenden der Universität Danzig und der TU Eindhoven.
Die Rakete erreichte bei dem Flug eine Höhe von rund 80 Kilometern, wobei für rund zwei Minuten Schwerelosigkeit herrschte. „Die Studierenden haben einen Gleiter für Forschung in der Atmosphäre, ein Experiment für medizinische Anwendungen und ein neues Mess-System für die Raketentechnik eigenständig entworfen, getestet und gebaut“, erläutert Dr. Michael Becker, Leiter des REXUS/BEXUS-Programms im DLR Raumfahrtmanagement. „Jetzt warten wir mit Spannung auf die Auswertung der Daten.“
GAME – Ein Gleiter für Forschung in der Atmosphäre
Nur rund 22 Zentimeter lang ist der weltraumtaugliche Gleiter, den das Team GAME (Glider for Atmospheric Measurements and Experiments) der Ernst-Abbe-Hochschule Jena entworfen hat. Das Fluggerät soll zukünftig eingesetzt werden, um Experimente und Messungen in der Atmosphäre durchführen zu können, etwa zur Wirkung kosmischer Strahlung auf die Erbsubstanz von Zellen und für die Klimaforschung.
„Wir haben das Fluggerät so konstruiert, dass es in die Raketenspitze eingebaut werden konnte und kurz vor dem Gipfelpunkt des Fluges freigesetzt wurde“, so Anna Maria Büchner, Teamleiterin von GAME. „Der Mechanismus zum Auswerfen des Geräts, das geringe Gewicht des Gleiters und die Kommunikationstechnik waren dabei die größten Herausforderungen. Wir sind glücklich, dass alles so gut funktioniert hat.“ Während des Fluges wurden Position, Lage und Temperatur bestimmt und zur Bodenstation gesendet.
FORAREX: Von Einzellern für die Humanmedizin lernen
Foraminiferen sind winzige einzellige Lebewesen, von denen fast alle Arten ein Kalkgehäuse besitzen. Ihr kleines Gehäuse ist für die Erforschung von Mineralisierungsprozessen, etwa in menschlicher Knochensubstanz, von großem Interessiere. Die Kalkschale ist aber auch für die Pharmatechnik von Bedeutung: Da ihre Struktur viele winzige Kammern aufweist, kann sie beispielsweise als Vorlage für Tabletten dienen, die Medikamente kontrolliert abgeben können.
„Wir wollen die Organismen in unserem Experiment FORAREX (Foraminifera Rocket Experiment) näher untersuchen und erforschen, wie sich die Zellen in Schwerelosigkeit verhalten“, erläutert Nils Kunst von der Universität Bremen. „Wir haben für das Experiment ein Lebenserhaltungssystem konstruiert, das den Foraminiferen vor, während und nach dem Flug optimale Umgebungsbedingungen bietet.“
Technik für die Raumfahrt von morgen
Ziel von Team FLOMESS (Flight Loading Measurement System) der Universität der Bundeswehr München ist die Messung der strukturellen Belastungen, die auf die Höhenforschungsrakete während Start und Flug wirken. Dabei wird vor allem die Dehnung der Rakete gemessen. Die Ergebnisse dienen dazu, Forschungsraketen zukünftig effizienter zu gestalten und im Zuge der kommerziellen Raumfahrt ein höheres Nutzlastverhältnis zu ermöglichen.
Weltraumforschung und Satellitentechnik auf REXUS 26
Am 18. März 2019 soll mit REXUS 26 die zweite Forschungsrakete der Doppelkampagne starten. An Bord befinden sich dann Experimente von Studierenden der TU Braunschweig, der TU Berlin, der Lulea University of Technologie, des Royal Institute of Technology KTH und der Wroclaw University of Science and Technology.
Die Saturnringe verstehen
Das Team ELVIS (Exploration of Low-Velocity collision In Saturn’s rings) der TU Braunschweig will mit seinem Experiment der Entstehung der Saturnringe auf die Spur kommen. Ziel ist es zu verstehen, wie durch das Zusammenstoßen einzelner Staubpartikel größere Strukturen entstehen.
Bei dem Experiment untersuchen die Studierenden das Verhalten von kleinen Glaskugeln, welche die Partikel in den Saturnringen simulieren. In der Schwerelosigkeit werden die Kugeln, die sich in einer Experimentkammer befinden, geschüttelt, so dass diese zusammenstoßen. Wenn die Kollisionsgeschwindigkeiten gering genug sind, bleiben die Teilchen aneinander haften und bilden Klumpen. Das Team will nun erforschen, bis zu welcher Größe diese Klumpen heranwachsen können und unter welchen Kollisionsbedingungen die Zusammenstöße stattfinden müssen.
Innovative Lageregelung für Kleinstsatelliten
Nutzlasten moderner Kleinstsatelliten, so genannter CubeSats, werden zunehmend anspruchsvoller und verlangen eine präzisere und beweglichere Lageregelung. Das Team TUPEX-6 (Technische Universität Berlin Picosatellite Experiment – 6) der TU Berlin will hierfür eine innovative Technik testen, die nicht auf herkömmlichen Rädersystemen, sondern auf Kanälen (Picosatellite Fluid-Dynamic Actuators, pFDA) basiert, durch die flüssiges Metall gepumpt wird. Durch Ändern der Fließgeschwindigkeit kann die Lage des Satelliten geregelt werden. Einer der Vorteile des Systems ist, dass es durch seine flexible Form platzsparender ist als bisherige Technologien und daher mehr Raum für Nutzlasten zur Verfügung steht.
Für das Experiment hat das Team ein Modell eines CubeSats mit einem solchen pFDA-Lageregelungssystem an Bord entworfen und einen Auswurfmechanismus für die Separation von der Rakete entwickelt.
REXUS und BEXUS: Ein Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Das deutsch-schwedische Programm REXUS/BEXUS (Raketen-/Ballon-Experimente für Universitäts-Studenten) ermöglicht Studierenden, eigene praktische Erfahrungen bei der Vorbereitung und Durchführung von Raumfahrtprojekten zu gewinnen. Ihre Vorschläge für Experimente können jährlich im Oktober eingereicht werden.
Der diesjährige Aufruf dazu wird Mitte 2019 veröffentlicht. Jeweils die Hälfte der Raketen- und Ballon-Nutzlasten stehen Studenten deutscher Universitäten und Hochschulen zur Verfügung. Die schwedische Raumfahrtagentur SNSA hat den schwedischen Anteil für Studierende der übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Weltraumorganisation ESA geöffnet.
Auf deutscher Seite erfolgt die Projektleitung mit der Betreuung der Experimente durch das Zentrum für Angewandte Raumfahrttechnik (ZARM) in Bremen. Die Flugkampagnen führt EuroLaunch durch, ein Joint Venture der Mobilen Raketenbasis des DLR (MORABA), die für die Bereitstellung der Raketensysteme zuständig ist, und des Esrange Space Center des schwedischen Raumfahrtunternehmens SSC, das über die Startinfrastruktur verfügt. Die Programmleitung liegt beim DLR Raumfahrtmanagement in Bonn.