Vestas Magnetfeld

In mehr als 300 Millionen km Entfernung von der Sonne zieht der Asteroid Vesta seine Bahn im Inneren des sogenannten Asteroiden-Gürtels zwischen Mars und Jupiter. Die Körper dort erlauben einen Blick zurück zu den Anfängen des Sonnensystems, denn die Protoplaneten des Gürtels sind in einer frühen Phase der Planetenentstehung in ihrer Entwicklung stehen geblieben.

Ein Beitrag von Lars-C. Depka. Quelle: Recherche Lars-C. Depka.

NASA/JPL-Caltech/UCLA/ MPS/DLR/IDA/PSI
Topografische Ansicht der zwei größten Einschlagsbecken Vestas. Bei sind auf der Südhemisphäre des Asteroiden gelegen.
(Bild: NASA/JPL-Caltech/UCLA/ MPS/DLR/IDA/PSI)

Erstmals beschrieben wurde Vesta vom deutschen Hobbyastronomen Heinrich Wilhelm Matthias Olbers Ende März 1807 in Bremen. Von Hauptberuf eigentlich Humanmediziner, der der Legende nach des Nächtens aber mit nur vier Stunden Schlaf auskam und somit viel Zeit für Himmelsbeobachtungen und Gedankenexperimente hatte. (Schließlich verdanken wir ihm auch die Beschreibung des sogenannten Olbersschen Paradoxons. In ihm zeigte er den Widerspruch auf, dass es nachts dunkel wird, obwohl bei Annahme eines unendlichen, transparenten Weltraumes mit homogen verteilten Sternen an jeder Stelle des Himmels ein Stern stehen müsste. Der Himmel müsste daher auch nachts so hell sein wie die Sonne.)

Vesta war zu dem damaligen Zeitpunkt erst der vierte bekannte Asteroid. Allerdings galten Vesta und die zuvor entdeckten Himmelskörper Ceres, Pallas und Juno für wenigstens 38 Jahre als Planeten unseres Sonnensystems. Erst als nach etwa 1850 die Zahl der zwischen Mars und Jupiter gefundenen Himmelskörper rasch anstieg, setzen sich für diese Objekte die Bezeichnungen „Kleine Planeten“, „Kleinplaneten“, „Planetoiden“ oder „Asteroiden“ durch.

MIT Paleomagnetism Laboratory, MIT Experimental Petrology Laboratory
Allan Hills: 0,5 mal 0,35 mm messender Ausschnitt aus dem Meteoriten unter einem Elektronenmikroskop. Dunkle Bereiche einer Kristallstruktur stellen feinkörniges und spät kristallisiertes Material dar, das das Magnetfeld von Vesta gewissermaßen konserviert hat. Ausgedehnte hellere Bereiche bestehen aus Mineralen. Das feinteilige Muster aus hell- und dunkelgrauen Streifen lässt auf eine lange Abkühlphase schließen und darauf, dass es auf Vesta über eine lange Zeitspanne magnetische Felder gab.
(Bild: MIT Paleomagnetism Laboratory, MIT Experimental Petrology Laboratory)

Vor fünf Jahren wurde die Raumsonde DAWN auf Erkundungsreise Richtung äußeres Sonnensystem geschickt. Und während die Erde in dieser Zeit rund 31,4 AE zurücklegte, brachte es Vesta in gemächlicherem Tempo – schließlich auch weiter von der Sonne entfernt – auf 20,4 AE. Schon vor dem Start der Sonde wusste man vom sogenannten differenzierten Aufbau Vestas, der grob mit dem der Erde vergleichbar ist. Trotz seiner ellipsoiden Gestalt und dem im Vergleich zur Erde deutlich kleineren Durchmesser, besteht Vesta aus drei Schichten. Eine etwa 25 km dicke Kruste aus erkaltetem Lavagestein überdeckt eine darunter liegende Gesteinsschicht, der sich ein Eisen-Nickel-Kern anschließt. Dieser Kern könnte einst wie der der Erde, der noch heute rotiert, sich im Inneren regelmäßig gedreht und so ein globales Magnetfeld auf dem Asteroiden erzeugt haben. Doch anders als bei unserem Heimatplaneten brachte Vesta nie genügend Druck und Hitze hervor, um das Innere dauerhaft in einem flüssigen Zustand zu halten. Vieles deutet stattdessen auf radioaktive Prozesse hin, die über einen gewissen Zeitraum ausreichend Hitze erzeugten.

Reste dieses Magnetfeldes lassen sich dann auch gut mit der auffällig hellen Oberfläche Vestas in Einklang bringen. Das durch Vesta selbst erzeugte Magnetfeld wurde vom basaltischen Gestein quasi einer Computerdiskette ähnlich gespeichert und so bis in die Gegenwart konserviert. Um also eine Art „Magnetarchäologie“ zu betreiben, ist man glücklicherweise nicht auf indirekte Ableitungen der Raumsonde DAWN angewiesen. Es existieren Meteoritenproben hier auf der Erde, deren Herkunft aufgrund ihrer mineralogischen bzw. isotopischen Zusammensetzung ausreichend gesichert Vesta zugeschrieben werden können.

Der 1981 in der Antarktis gemachte Fund Alan Hills A81001 ist so ein Beispiel. Es handelt sich um einen sogenannten Vestoiden. Diese gehören zu einer Klasse von kleineren Asteroiden, die spektrale Ähnlichkeiten mit Vesta aufweisen. A81001 löste sich vermutlich zusammen mit weiterem Material vor weniger als einer Milliarde Jahren nach einem gewaltigen Einschlag, der einen riesigen Krater auf Vestas Südhemisphäre zur Folge hatte. Dieser außergewöhnlich große Krater mit einem Durchmesser von ca. 450 km ist rund 8 km tief. Seine Wälle ragen zwischen 8 km und 14 km über der Umgebung auf und in seiner Mitte befindet sich ein 13 km hoher Zentralberg. Dieser Berg und einige Regionen der Kraterwand des kleinen, nur etwas über 500 km durchmessenden Himmelskörpers sind in Relation höher als die höchsten Erhebungen der Erde – Mount Everest bzw. Mauna Kea (gemessen von der Meeresoberfläche 8.848 Meter bzw. vom Fuß der Berges über 9.000 Meter). Spuren eines frühzeitigen Magnetfeldes lassen sich in verschiedenen Regionen des Alan-Hills-Falls nachweisen.

NASA/JPL-Caltech
Vesta von Dawn aus gesehen: Vesta ist mit zirka 516 km mittlerem Durchmesser der zweitgrößte Asteroid und drittgrößte Himmelskörper im Asteroiden-Hauptgürtel. An Masse wird sie nur vom Zwergplaneten Ceres übertroffen.
(Bild: NASA/JPL-Caltech)

Unter Berücksichtigung verschiedenster Störeinflüsse, wie dem Eintritt in die Erdatmosphäre, dem Aufprall auf die Oberfläche oder erodierende Umstände, besaß das Urmagnetfeld des Asteroiden immerhin eine Stärke von zwei Mikrotesla – zwanzigmal schwächer, als das der Erde. Ursprünglich sorgte wohl vor 3,7 Milliarden Jahren die Restmagnetisierung der Asteroidenkruste und nicht ein unmittelbar vor dem Hintergrund magnetohydrodynamischer Prozesse erzeugtes Feld für die heute noch nachweisbaren Spuren in Alan Hills A81001.

Ein magnetohydrodynamischer Dynamo wie der der Erde erzeugt ein Magnetfeld durch eine Konvektionsströmung elektrisch leitfähiger Materie, die elektrische Ströme in ein schon vorhandenes schwächeres Magnetfeld induziert. Hierbei wird Bewegungsenergie aus der Strömung in magnetische Energie transferiert. Dieses Magnetfeld ist dann unter bestimmten Umständen in der Lage, das ursprüngliche Magnetfeld zu verstärken. Auf diese Weise kann die Verstärkung schließlich ein globales Magnetfeld zur Folge haben. Allerdings sind die Körper des Asteroidengürtels bei weitem nicht massereich genug, um den Dynamoeffekt länger als 10 bis 100 Millionen Jahre nach ihrer Entstehung aufrecht zu erhalten. Insofern kann ein derart erzeugtes Magnetfeld als Quelle der jetzt beobachteten Meteoritenmagnetisierung nicht von Bestand sein.

Die auffällig helle Vestaoberfläche jedoch könnte direkt mit der Restmagnetisierung der Oberfläche assoziiert sein. In der Regel sorgen die geladenen Teilchen des Sonnenwindes bei den Oberflächen atmosphärenloser Körper über die Zeit für ein dunkleres Erscheinungsbild. Die abgeschätzte Stärke des Urmagnetfeldes sollte gleichwohl ausgereicht haben, um die Kruste vor den einfallenden Sonnenwind abzuschirmen.

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