Vesta rückt näher: Ein erstes Video von DAWN

Im Juli 2011 wird die Raumsonde DAWN den Asteroiden Vesta erreichen und anschließend für etwa ein Jahr in einem Orbit um diesen Protoplaneten verbleiben. Ein heute vom DLR und der NASA veröffentlichtes Video zeigt einen Teil der Annäherungsphase an diesen ungemein interessanten Himmelskörper.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, JPL, NASA. Vertont von Peter Rittinger.

Der etwa 560 x 544 x 488 Kilometer durchmessende Asteroid (4) Vesta, welcher am 29. März 1807 von dem Astronomen Heinrich Olbers in Bremen entdeckt und nach der römischen Göttin von Heim und Herd benannt wurde, ist nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der Wissenschaft ein einzigartiges Objekt in unserem Sonnensystem. Anders als alle anderen Kleinkörper, welche im sogenannten Asteroiden-Hauptgürtel zwischen den Umlaufbahnen der Planeten Mars und Jupiter um die Sonne kreisen, weist dieser Asteroid eine differenzierte innere Struktur auf. Eine Kruste aus erkalteter Lava überdeckt dabei eine tieferliegende Gesteinsschicht und einen darunter befindlichen Eisen-Nickel-Kern. Ein solcher innerer Aufbau ist vergleichbar mit der Struktur der sogenannten terrestrischen Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars. Kurz nach seiner Entstehung vor etwa 4,6 Milliarden Jahren muss der Asteroid vollkommen geschmolzen gewesen sein. In den folgenden 50 Millionen Jahren kühlte Vesta ab und die Gesteine trennten sich nach ihrer unterschiedlichen Dichte, wobei das schwerere Material nach innen wanderte und sich im Kern des Asteroiden ablagerte.

Im Juli dieses Jahres wird Vesta erstmals Besuch von der Erde erhalten. Nach einer Flugzeit von fast vier Jahren wird die Raumsonde DAWN den Asteroiden erreichen, am 16. Juli in eine Umlaufbahn eintreten, ihn anschließend etwa ein Jahr lang auf seinem Orbit um unsere Sonne begleiten und dabei mit drei Instrumenten ausführlich untersuchen. Die in diesem Zeitraum gewonnenen Daten sollen neue Erkenntnisse über die Oberflächengestalt, die innere Struktur und die chemische Zusammensetzung des Asteroiden liefern. Zu diesem Zweck wurden am 3. Mai 2011, die Raumsonde war zu diesem Zeitpunkt noch rund 1,21 Millionen Kilometer von Vesta entfernt, die wissenschaftlichen Instrumente von DAWN in Betrieb genommen. Die ab diesem Tag erfolgenden Messungen des Mapping Spectrometers (VIR) und des Gammastrahlen- und Neutronenspektrometers (GRAND) dienten der Kalibrierung dieser beiden Instrumente und der Gewinnung von Vergleichsdaten.

Am selben Tag hat auch das Kamerasystem an Bord der Raumsonde, die aus zwei baugleichen Kameras bestehende „Framing Camera“, eine erste Aufnahme des Zielasteroiden angefertigt. Der auf diesem Foto als heller, runder Fleck erkennbare Protoplanet setzte sich in der Bildmitte deutlich erkennbar von dem Sternenhintergrund ab, erschien ansonsten aber recht unspektakulär (Raumfahrer.net berichtete). Während der gegenwärtigen Anflugsphase dienen die seitdem regelmäßig von Vesta angefertigten Aufnahmen in erster Linie der Navigation der Raumsonde. Auf den Bildern der Framing Camera wird der Protoplanet dabei lediglich als verwaschen erscheinender Fleck gezeigt. Die Aufnahmen weisen Bildartefakte wie Schlieren und Halos auf, welche durch eine Überbelichtung der Bilder hervorgerufen werden.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Dieses Bild zeigt den ersten Blick auf den Asteroiden Vesta vor einem Hintergrund von Sternen. Das Bild wurde bearbeitet, um die wahre Größe von Vesta darzustellen. Da Vesta deutlich heller ist als die Hintergrundsterne, hat das Kamera-Team eine lange Belichtungszeit gewählt, um diese Sterne sichtbar zu machen. Die daraus resultierende übertriebene Größe von Vesta, wurde durch das Überlagern eines kurzen Schnappschusses des Asteroiden korrigiert. Vesta ist der kleine, helle Punkt in der Mitte des Bildes. Der Asteroid verfügt in den gegenwärtigen Bildern über einen Durchmesser von lediglich fünf Pixeln (Bildausschnitt rechts oben).
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Aufgrund der schlechten Qualität dieser Aufnahmen hatte sich das DAWN-Team eigentlich dazu entschlossen, keine weiteren Bilder aus der Annäherungsphase für eine Veröffentlichung freizugeben. Entgegen dieses ursprünglichen Beschlusses, welcher in der internationalen Community der „Weltraum-Enthusiasten“ sehr bedauert wurde, wurde am heutigen Tag schließlich doch ein erstes „Annäherungs-Video“ veröffentlicht, welches die Rotation von Vesta zeigt. Für das Video, auf dem Vesta als ein unförmiger Körper wiedergegeben wird, verwendeten die Wissenschaftler 20 Einzelaufnahmen der Framing Camera, welche am 1. Juni 2011 innerhalb von 30 Minuten aus einer Distanz von rund 481.000 Kilometern erstellt wurden und einen Bereich von 30 Grad der Oberfläche von Vesta zeigen.
Und trotz dieser immer noch gewaltigen Distanz – der Erdmond ist zum Vergleich im Mittel etwa 384.000 Kilometer von unserem Heimatplaneten entfernt – deutet sich bereits hier an, über welch eine komplexe Oberfläche Vesta offensichtlich verfügt. Auf dem Video sind deutlich die Unterschiede zwischen helleren und dunkleren Oberflächenbereichen erkennbar. Ein dunkler Fleck nahe des Äquators „wandert“ auf den Aufnahmen von links nach rechts durch das Bild, während Vesta vor der Linse der Kamera rotiert. Auch der bereits auf Aufnahmen der Weltraumteleskops Hubble erkennbare gewaltige Krater am Südpol des Protoplaneten ist im rechten unteren Bildabschnitt zu erahnen. Die verwendeten Aufnahmen verfügen über eine Auflösung von etwa 45 Kilometern pro Pixel. Somit nähert sich die Qualität der Framing Camera-Aufnahmen langsam der Bildauflösung an, mit der das Weltraumteleskops Hubble Vesta in bester Auflösung darstellen kann.

„Wie Fremde in einen fremden Land suchen wir nach uns vertraut erscheinenden Landmarken“, so Jian-Yang Li, eine an der DAWN-Mission beteiligte Wissenschaftlerin von der University of Maryland/ USA. „Der „dunkel Fleck“ ist ein solche Punkt. Es scheint so, als ob es sich dabei um eine Oberflächenstruktur handelt, welche bereits durch das Hubble Space Telescope beobachtet werden konnte und mit der Bezeichnung „Feature B“ belegt wurde.“

Bis zur endgültigen Ankunft von DAWN bei Vesta soll das Kamerasystem den Asteroiden auch weiterhin abbilden. Im Rahmen dieser Annäherungsphase erwarten die Wissenschaftler noch deutlich detailreichere Aufnahmen von der Oberfläche des Asteroiden. Am 16. Juli 2011, so die aktuellen Berechnungen, wird Vestas Anziehungskraft die Sonde in eine Umlaufbahn um den Asteroiden ziehen. Ab Anfang August 2011 soll die Framing Camera die Oberfläche von Vesta zuerst aus einer Höhe von 2.400 Kilometern vermessen.

„Dann schrauben wir uns langsam auf eine Höhe von 660 Kilometern hinunter“, erläutert der DLR-Wissenschaftler Dr. Thomas Roatsch, der für die Planung und Prozessierung der Vesta-Aufnahmen zuständig ist, die weitere Vorgehensweise. „Von dort aus können wir noch detailliertere Bilder mit einer Auflösung von 60 Metern pro Bildpunkt aufnehmen.“ Zum Ende ihres Besuchs bei Vesta umrundet DAWN den Asteroiden dann in nur noch 200 Kilometern Entfernung zur Oberfläche. Während dieser Phase der Mission bestimmt der Gammastrahlen- und Neutronendetektor die chemische Zusammensetzung des Himmelkörpers. Parallel dazu wird das Schwerefeld von Vesta vermessen, um die innere Struktur des Asteroiden zu entschlüsseln.

NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA
Dies ist das erste, noch unbearbeitete Bild des Asteroiden Vesta, welches das Kamerasystem an Bord der Raumsonde Dawn aufgenommen hat. Vesta befindet sich im Inneren des weißen Flecks in der Mitte der Aufnahme. Die lange Belichtungszeit führt dazu, dass die Größe des sehr hellen Asteroiden in der Aufnahme übertrieben dargestellt wird.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, UCLA, MPS, DLR, IDA)

Aber bereits jetzt hat die „heiße Phase“ des Besuches von DAWN bei Vesta begonnen. Mit der immer größer werdenden Nähe zu dem Asteroiden werden die an der Mission beteiligten Wissenschaftler unter anderem die Herkunft des schwarzen Flecks, welcher über einen Durchmesser von etwa 100 Kilometern verfügt, erforschen können, den die Kamera am 1. Juni abgebildet hat.

Nach dem Abschluss der Untersuchungen bei Vesta im Juli 2012 ist die lange Reise der Raumsonde allerdings noch nicht beendet. Vielmehr wird DAWN anschließend den rund 975 Kilometer durchmessenden Zwergplaneten Ceres ansteuern, welcher nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand einen kompletten Gegensatz zu Vesta darstellt. Dieses größte Objekt im Asteroidenhauptgürtel ist bis zu 450 Millionen Kilometer – und somit deutlich weiter als Vesta – von der Sonne entfernt und besteht unter seiner Kruste, so die bisherigen Annahmen der Wissenschaftler, sehr wahrscheinlich aus Gasen und zu 25 Prozent aus gefrorenem Wasser.

Eventuell könnte Ceres sogar über eine extrem dünne Atmosphäre, eine sogenannte Exosphäre verfügen, wie sie auch in der unmittelbaren Umgebung des innersten Planeten unseres Sonnensystems, dem Merkur, zu finden ist. Über die Oberflächenstruktur von Ceres kann bisher noch keine Aussage getätigt werden. „Mit der Dawn-Mission werden wir uns ein Bild davon machen, was in den ersten Millionen Jahren nach der Entstehung der Planeten geschah“, so Prof. Ralf Jaumann. „Wir fliegen sozusagen in die Morgendämmerung des Sonnensystems.“

Die DAWN-Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. Das JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena/Kalifornien. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Bereich der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kameraprojekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und der NASA (JPL) unterstützt.
Spätestens nach dem Einschwenken von DAWN in den Vesta-Orbit, so die Ankündigung der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, sollen in regelmäßigen Abständen weitere Bilder des Protoplaneten für eine Veröffentlichung freigegeben werden. Bis dahin können Sie das gerade veröffentlichte Video auf den jeweiligen Internetseiten des DLR, des JPL und der NASA in verschiedenen Auflösungen betrachten.

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Technische Beschreibung der Framing Camera:

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