Die europäische Raumsonde Venus Express erforscht weiter die komplexen Sturmsysteme unseres Nachbarplaneten. Dabei entstanden nun erstmals auch bewegte Bilder, die unser Verständnis für die Atmosphäre der Venus verbessern sollen.
Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: ESA.
Am 4. April 2006 schwenkte die erste ESA-Venusmission in eine Umlaufbahn um den umwölkten Schwesterplaneten ein. Obwohl die Venus bereits in der Frühzeit der Sonden-gestützten Raumfahrt das vielfache Ziel amerikanischer und sowjetischer Raumfahrzeuge war – Venus Express machte bereits im Juni erste Entdeckungen: Danach wird der Planet ständig von extremen Winden umweht, was in der Südpolregion zur Entstehung von zwei Wirbelstürmen führt. Wie genau dieses komplexe Sturmsystem am Pol zustande kommt, ist unklar und ein wichtiges Ziel aktueller Forschung.
Eine neue Serie von Aufnahmen wendet sich nun den Sturmsystemen zu. Dafür wurden Tag- und Nacht-Aufnahmen aus unterschiedlichen Höhen kombiniert und so aufbereitet, dass eine Animation entsteht. Ziel der ESA-Forscher ist es, damit die komplexe Dynamik der Venusatmosphäre zu verstehen, deren Winde in nur vier Tagen den Planeten komplett umrunden. Damit wäre zu erwarten, dass es zu je einem Wirbelsturm an jedem Pol kommt – die Entstehung von zwei Sturmsystemen nur am Südpol ist daher völlig unverstanden.
Die ersten Aufnahmen der nun veröffentlichten Bilderreihe wurde vom Punkt mit maximalem Abstand auf der Bahn der Sonde gemacht. In diesem Bereich der Bahnellipse bewegt sich die Sonde nach dem zweiten Keplerschen Gesetz am langsamsten und kann somit das Ziel am besten im Fokus halten. Dabei konnten die Vorteile des Instruments VIRTIS (Ultraviolet, Visible and Near-Infrared Mapping Spectrometer) ausgenutzt werden, dass vor allem Infrarotstrahlung mit einer Wellenlänge um drei Mikrometer nutzte, um so sowohl Tag- als auch Nachtseite der Venus gleichzeitig beobachten zu können. Bei kürzeren Wellenlängen sind die thermischen Emissionen zwischen Tag- und Nachtseite zu unterschiedlich und die Tagseite würde die Nachtseite leicht überstrahlen.
„Das Ganze ist vergleichbar mit einem Blick auf hellen, von der Sonne angestrahlten Schnee und gleichzeitig an einen dunklen Himmel“, sagte Giuseppe Piccioni, Co-Principal Investigagor für das VIRTIS -Instrument. „Mit dieser Technik können wir nicht nur gleichzeitig Tag- und Nachtseite der Venus beobachten; wir können auch in verschiedene Tiefen der Atmosphäre blicken. Derzeit erstellen wir eine vollständige 3D-Datensammlung der Venusatmosphäre.“
Allerdings ist das aktuelle Video bei weitem noch nicht das Optimum. Das hat jedoch keine technischen Ursachen: Vielmehr ist das Wetter Schuld. Denn Venus Express, die während jeweils acht Stunden Beobachtungszeit in fünf Venusumläufen benötigte, hatte mit schlechten Wetterbedingungen zu kämpfen. Gerade im Bereich von 1,7 Mikrometern Wellenlänge – die für die Beobachtung der Nachtseite gewählt wurde – störten hohe atmosphärische Wolken eine klare Auflösung des Sturmsystems.
„Wenn es das Wetter zulässt, werden wir vielleicht mit Hilfe einer ausgeweiteten Beobachtungszeit in Zukunft in der Lage sein, einen deutlicheren Blick auf den polaren Vortex werfen zu können“, sagte Piccioni.
„Mit Hilfe solcher Videos, die alle gesammelten Informationen zusammenführen, werden wir in der Lage sein, sowohl kurz- als auch langfristige Aspekte der Entstehung des Vortex´ besser zu verstehen“, sagte Pierre Drossart, ebenfalls Co-Investigator für VIRTIS. „Wir wollen die übergeordnete dreidimensionale Struktur des Vortex´ durchschauen, vor allem die Unterschiede in horizontalen Winden.“
Jedoch werden die nächsten Schritte der Forschung auf diesem Feld auf der Erde stattfinden: So sollen die Daten von Venus Express nun mit Fluiddynamik-Computermodellen verglichen werden. Damit könnte das bisher beste Modell der Venusatmosphäre entstehen.