Am 4. Juli erklärte die ESA die Inbetriebnahmephase von „Venus Express“ für beendet. Die Raumsonde ist damit betriebsbereit. Doch auch vor dieser offiziellen Freigabe hat die Sonde schon fleißig Daten gesammelt.
Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: ESA/Space.com.
Die Raumsonde und die meisten ihrer Instrumente befinden sich in gutem Zustand und funktionieren normal. Eines der Instrumente, das Planetary Fourier Spectrometer (PFS), zeigt allerdings eine Fehlfunktion, die bisher trotz aller Versuche nicht behoben werden konnte: Der Spiegel des Instruments ist in geschlossener Position mechanisch blockiert, so dass das Instrument zwar an sich funktioniert, aber dennoch nichts sieht.
In den nächsten Monaten sollen weitere Versuche unternommen werden, den Spiegel frei zu bekommen. Außerdem werden unabhängige Untersuchungen angestellt, wie es überhaupt zu der Blockierung kommen konnte. In der Zwischenzeit können andere Instrumente an Bord hoffentlich die Aufgaben des PFS mit übernehmen. Das PFS soll die chemische Zusammensetzung und Temperatur der Venus-Atmosphäre untersuchen sowie die Temperatur der Venusoberfläche messen und so nach Anzeichen vulkanischer Aktivität suchen.
Erste wissenschaftliche Ergebnisse
Schon seit Erreichen ihres endgültigen 24-Stunden-Orbits um die Venus – also lange vor der jetzt offiziell verkündeten Betriebsbereitschaft – sammelt Venus Express unermüdlich Daten. Die ersten spektakulären Bilder des doppeläugigen Wirbels am Venus-Südpol waren bereits ein „Erstmals“ in der Geschichte der Planetenforschung und eine sehr angenehme Überraschung für die Wissenschaftler, da niemand erwartet hatte, dass der Wirbel, obzwar schon bekannt, eine derart komplexe Struktur hat.
Infrarot-Bilder, die mit dem Ultraviolet/Visible/Near-Infrared spectrometer (VIRTIS) der Sonde aufgenommen wurden, hatten Ende Mai die ersten klaren Ansichten des Wirbels gezeigt. VIRTIS kann in verschiedenen Wellenlängen abbilden. Jede Infrarot-Wellenlänge zeigt die Venusatmosphäre in einer anderen Höhe, also jeweils eine andere Schicht der Atmosphäre. Und der Wirbel präsentiert sich von Schicht zu Schicht unterschiedlich: „Als wir uns diesen gigantischen Wirbel in verschiedenen Höhen ansahen, realisierten wir erst, wie sehr seine Form über die Höhe variiert“, sagte Pierre Drossart, Co-Forschungsleiter des Instruments. „Es ist, als ob wir auf verschiedene Strukturen schauen würden, statt auf eine einzige.“
Warum sich die Form des Südpolwirbels über die Höhe so stark ändert, ist bisher noch ungeklärt. „Dieses Rätsel zu lösen, ist genau der Grund, warum wir eine eigene Beobachtungskampagne nur für den Wirbel organisieren wollen“, sagte Giuseppe Piccioni, ebenfalls VIRTIS-Co-Forschungsleiter. „Erst wollen wir die Form des Wirbels verstehen, indem wir mit VIRTIS sein dreidimensionales Bild ermitteln. Dann hoffen wir, die treibenden Kräfte besser zu verstehen, die ihn formen.“
Wolken und Winde
In den ersten Wochen zeichnen sich bereits viele andere Details der dicken Atmosphäre ab. Sowohl die Venus Monitoring Camera (VMC) als auch VIRTIS begannen damit, das Wolkensystem und seine komplexe Dynamik zu beobachten, während die Spektrometer SpicaV/SOIR Untersuchungen über Chemie und Temperatur der Atmosphäre zu sammeln begannen.
Ultraviolett-Bilder der VMC zeigen die komplexe Form der Wolkendecke, charakterisiert durch sehr dünne, zarte Streifen. Möglicherweise sind dafür starke Winde verantwortlich, die oft solche länglichen Strukturen produzieren. Periodische Wellenmuster in den Wolken wurden ebenfalls gesichtet und könnten ein Hinweis auf lokale Variationen von Druck und Temperatur sein, oder aber eine Form von Gezeitenkäften.
Eine der wichtigsten Bestätigungen früherer Entdeckungen aus den ersten analysierten Datensätzen ist die Beobachtung der so genannten „UV-Absorber“: Ultraviolette Markierungen auf der Wolkendecke, als dunklere Strukturen sichtbar in den VMC-Bildern. Sie werden so genannt, weil sie fast die Hälfte des einstrahlenden Sonnenlichts absorbieren. Die mysteriöse Substanz, die dafür verantwortlich ist, stellt ein weiteres Rätsel für die Wissenschaftler dar.
„Die Entstehung dieser Markierungen und ihre enorm starke Absorptionsleistung zu verstehen, ist eines der Hauptziele von Venus Express„, sagte Wojciech J. Markiewicz, der VMC-Forschungsleiter vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Lindau am Bodensee. „Wir haben jetzt die Bestätigung, dass wir sie tatsächlich mit unserem Instrument sehen können – somit können wir jetzt mit der Arbeit beginnen, ihre Quelle zu enträtseln.“
Die Venus Express-Wissenschaftler haben bereits damit begonnnen, die Bewegungen der Wolken zu verfolgen und Windgeschwindigkeiten zu analysieren. Eine spektakuläre Nachtansicht der mittleren bis niedrigen Wolkenschichten über niedrigen Breitengraden von VIRTIS zeigt Wolken, die eindeutig von Winden angetrieben werden.
„Wir können jetzt eine erste qualitative Abschätzung der Windfelder und der Zirkulation geben, in guter Übereinstimmung mit früheren Messungen der Galileo-Mission am Jupiternordpol“, sagte Giuseppe Piccioni. „Wir sammeln auch bereits die ersten Informationen über die weniger häufigen chemischen Bestandteile der Atmosphäre, wie etwa Kohlenmonoxid“, fügte Pierre Drossart hinzu. „Mit VIRTIS können wir tiefer in die Atmosphäre der südlichen Hemisphäre blicken als bei jeder früheren Mission. Die Variation der weniger häufigen Bestandteile über verschiedene Tiefen und Breitengrade ist ebenfalls eine sehr nützliche Informationsquelle für die globale Bewegung der Atmosphäre.“