Das Oak Ridge National Laboratory (ORNL) gab am 22. Dezember 2015 bekannt, dass man eine Probe von rund 50 Gramm Plutonium-238 produziert habe. Die Herstellung des Materials erfolgte im Rahmen eines maßgeblich von der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur (NASA) finanzierten Programms zur Herstellung des Materials für Raumfahrtanwendungen.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: ORNL.
Mit der Herstellung der Plutonium-238-Probe entstand zum ersten Mal seit rund 30 Jahren in den USA wieder derartiges für den Einsatz in Radioisotopengeneratoren (Radioisotope Thermoelectric Generators, RTGs) geeignetes Material.
Das Plutonium-Isotop Plutonium-238 mit einer Halbwertszeit von rund 87,7 Jahren kann in RTGs an Bord von Raumsonden und Landern zur Erzeugung von Wärme verwendet werden. Die von Plutonium-238 abgestrahlte Wärme aus dem spontanen Zerfall von Plutoniumkernen sorgt für den nötigen hohen Temperaturunterschied, mit dem Thermoelemente Strom erzeugen können.
Die jetzt in den USA im ORNL in Oak Ridge im US-Bundesstaat Tennessee hergestellte Probe besteht aus genau dem Oxid, das in den USA auch bei der Konstruktion der Wärmequellen für RTGs bisher benutzt wurde. Zuletzt gewannen die USA derartiges Material in einem Anlagen-Komplex am Fluss Savannah, der sogenannten Savannah River Site (SRS), im Bundesstaat South Carolina, wo in den 1980er Jahren die Produktion eingestellt wurde. 1984 endete der Betrieb der Plutonium Fuel Form Facility (PuFF), einer Anlage zur Formung von Plutonium-Pellets. Der dort benötigte Reaktor K war schließlich zu Beginn der 1990er nicht mehr verfügbar.
Das Material aus der neuen Probe wollen Wissenschaftler nun auf seine chemische Reinheit hin untersuchen. Im Anschluss steht die Wirksamkeit des Herstellungsprozesses auf dem Prüfstand. Gegebenenfalls müssen Anpassungen vorgenommen werden, wenn der Prozess zur Herstellung größerer Mengen des Produkts skaliert wird.
Bob Wham, Projektleiter der Nuclear Security and Isotope Technology Division des ORNL, ist davon überzeugt, dass man zu einer langfristigen Fähigkeit zur Produktion von Plutonium-238 für Energieversorgungssysteme, wie sie die NASA zum Beispiel an Bord von Tiefraumsonden nutzt, kommt, wenn der Herstellungsprozess automatisiert und hochskaliert wird.
Die gelungene Herstellung der Probe ist Ergebnis eines vor etwa zwei Jahren begonnenen Programms, bei dem die NASA das Büro für Atomenergie des Energieministeriums der Vereinigten Staaten (United States Department of Energy, DOE) mit rund 15 Millionen US-Dollar pro Jahr unterstützt.
Der Produktionsprozess, wie man ihn jetzt vorsieht, beginnt im Idaho National Laboratory (INL), das derzeit über eine gewisse Menge von eingelagertem Neptunium-237 verfügt. Das INL besorgt die bedarfsgerechte Versorgung des ORNL mit einem Neptunium-237-Oxid.
Im ORNL wird das erhaltene Oxid mit Aluminium vermischt und unter hohem Druck zu Pellets – Tabletten – mit hoher Dichte gepresst. Typischerweise 52 solcher Tabletten füllen Aluminiumrohre, auch Targets (Ziele) genannt, die nach ihrer Versiegelung der Bestrahlung zugeführt werden.
Im High Flux Isotope Reactor (HFIR) des ORNL werden die Tabletten bestrahlt, wobei nach Aufnahme eines Neutrons das Isotop Neptunium-238 entsteht. Letzteres zerfällt unter Abgabe von Betastrahlung schnell zu Plutonium-238.
Die bestrahlten, plutoniumhaltigen Aluminiumrohre werden dann im ORNL zunächst mit Natronlauge aufgelöst und ein weiterer chemischer Prozess ermöglicht es, das Plutonium aus den Pellets unter Verwendung von Salpetersäure vom verbliebenen Neptunium – welches im Prozess wieder verwendet werden kann – und anderem Material zu trennen. Das gewonnene Plutonium wird anschließend in Oxidform überführt.
Das Plutoniumoxid lagert man dann im Los Alamos National Laboratory (LANL), bis es für die Konstruktion einer Wärmequelle für eine Raumfahrtmission benötigt wird.
Nach aktuellen Angaben des ORNL verfügen die USA derzeit noch über ein Inventar von 35 Kilogramm Plutonium-238 für Missionen der NASA. Davon entspricht nur noch etwa die Hälfte Spezifikationen hinsichtlich der Energieabgabe. Das aktuelle verfügbare Plutonium reicht vermutlich noch bis in die Mitte der 2020er für zwei oder drei von der NASA vorgeschlagene Missionen.
Mit neu zu produzierendem Material hofft man dasjenige, das nicht mehr den Spezifikationen entspricht, strecken zu können. Auf diese Weise will man das nutzbare Inventar zügig vergrößern, ist die Produktion erst einmal angelaufen.
Besteht die Finanzierung des Programms wie bisher fort, könnten ORNL und INL den Bedarf der NASA befriedigen, teilte das ORNL mit. Zunächst würden zwischen 300 und 400 Gramm des benötigten Materials pro Jahr entstehen. Mit einem höheren Automatisierungsrad könnte später ein Ausstoß von durchschnittlich 1,5 Kilogramm pro Jahr erreicht werden.
Bob Wham freut sich darüber, dass man nachgewiesen habe, dass der ausgewählte Herstellungsprozess funktioniere und ist sich sicher, dass man bereit ist für die nächsten Schritte im Programm.
Die nächste NASA-Mission, bei der auf einen RTG zurückgegriffen werden soll, ist die des Mars-2020-Rovers. Dieser Rover soll unter anderem die Suche nach Leben auf dem Mars fortsetzen, Technologien erproben, die bei künftigen bemannten Mars-Missionen eine Rolle spielen könnten, sowie Boden- und Gesteinsproben sammeln, die später vielleicht einmal zur Erde gebracht werden.
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