US-Weltraumdrohne X 37B, OTV 1 gelandet

Am 03. Dezember 2010 gegen 01:16 Uhr Ortszeit, 10:17 Uhr MEZ, landete die X 37B, OTV 1 auf der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien. Mehr als 220 Tage ihres Jungfernfluges verbrachte die Weltraumdrohne mit Umlaufbahnexperimenten und zuletzt mit einer völlig autarken Landung.

Ein Beitrag von Thomas Wehr. Quelle: Vandenberg Air Force Base California.

US-Air Force, Boeing
X 37B wird nach der Landung inspiziert.
(Bild: US-Air Force, Boeing)

Die am 22. April 2010 UTC, 23. April 2010, um 01:52 Uhr MESZ auf einer Atlas V gestartete X 37B, so Lt. Col. Troy Giese, X-37B-Programm-Manager, sei das neueste und fortschrittlichste wiedereintrittsfähige Raumfahrzeug. Das X-37B-Programm diene zur Risikominimierung bei Konzepterstellung und Erprobung von wiederverwendbaren Weltraumtechnologien.

Die heutige Landung, so Giese weiterhin, sei der Gipfel einer erfolgreichen Mission, deren Basis die enge Zusammenarbeit zwischen dem 30th Space Wing, Boeing und dem Air Force Rapid Capabilities Office sei. Man habe bereits während dieser ersten Mission alle Umlaufbahnaktivitäten durchführen können und sei deshalb sehr zufrieden.

Nach der sogenannten On-Orbit Demonstrations-Phase, die mit der erfolgreichen Wiederkehr und Landung abgeschlossen wurde, geht man nun nahtlos in die Aufarbeitungsphase des Programms über.

Die nächste X 37B, OTV 2, soll laut Air-Force-Angaben im Frühjahr 2011 an Bord einer Atlas V, Typ 501 starten.

Air Force
Infrarotaufnahme der gelandeten X 37B
(Bild: Air Force)

Das Shuttle ist tot – es lebe das Shuttle
Die NASA, welche ihre Space Shuttles nächstes Jahr einmotten will, war ursprünglich Initiator des X-37-Programms. Mit der X 37 sollten neue, wiederverwendbare Weltraumtechnologieen auf risikoarme Weise ausprobiert und Konzepte entwickelt werden können. Die X 37 war seinerzeit konzipiert mit einem Space Shuttle (die Ladebucht des Space Shuttle sollte zwei X 37 aufnehmen) in den Orbit genommen zu werden. Das Columbia-Unglück zwang die Designer zu einer Änderung – man plante den Start auf einer Delta II – allerdings kamen Zweifel an der aerodynamischen Stabilität von Träger und unverkleideter Nutzlast auf, so dass man letztendlich die Atlas 501 auswählte, weil diese eine 5 Meter durchmessende Nutzlastverkleidung für die X 37 bot.

Im September 2004 übernahm die US-Militärbehörde DARPA das Projekt von der NASA. Die Ausrichtung, neue Technologien zu erproben, blieb erhalten. Die X 37 basiert auf weiterentwickelter Space-Shuttle-Technologie – allerdings nur in einem Viertel der Größe. Das sich beim Shuttle als sehr anfällig erwiesene Hitzeschutzsystem wurde komplett überarbeitet. Leichtere, aber auch widerstandsfähigere, hitzebeständige Faserverbundsysteme aus sogenanntem TUFROC lösen die RCC-Komponenten ab. Verbesserungen finden sich auch an den Kacheln, sowie an den formstabilen hitzebeständigen Wärmeschutzmatten. Während im Space Shuttle die Stromerzeugung mit Hilfe von Wasserstoff/Sauerstoff-Brennstoffzellen erfolgt, kann die X 37B Galliumarsenid-Solarzellen und Lithium-Ionen-Batterien aufweisen.

Die Bordelektronik erlaubt eine autarke Wiedereintritts-, Gleit- und Landephase. Klappen und Ruder, welche beim Space Shuttle noch durch hydraulische Aktoren bewegt wurden, finden nun durch die generelle Verwendung von elektrischen Aktoren ihren Antrieb. Tragende Konstruktionen, im Shuttle noch auf Aluminiumbasis ausgeführt, wurden durch Verbundwerkstoffe in der X 37 ersetzt. Auch im Sinkprofil sind X 37B und das Space Shuttle ähnlich.

Die Jagdsaison ist eröffnet

Am 22. April 2010, gegen 23:52 Uhr Weltzeit startete die X 37B als OTV 1 auf einer Atlas-V-501-Trägerrakete von der Cap Canaveral Air Force Station. Nachdem die Weltöffentlichkeit über das Internet live am Startgeschehen teilnehmen konnte, wurde die weitere Mission kurz nach dem Start unter Geheimhaltung gestellt.

Eine Gruppe von weltweit verteilten Amateurastronomen um Ted Molczan, Greg Roberts und Kevin Fetter machten sich zum Sport, den möglichen Aufenthaltsort des Mini-Shuttle zu ermittlen, die Bahn zu bestimmen und die Kursänderungen zu verfolgen. Fünf Mal ist es ihnen nach Manövern durch die Air Force gelungen, OTV-1 wieder zu finden.

Ihnen ist zu verdanken, dass folgende Missionsabläufe bekannt sind:

Perigäum
[km]
Apogäum
[km]
Bodenpfad
Resonanz
2010 Apr 22 – Aug 0940342061:4
2010 Aug 09 – Oct 0643344491:6
2010 Oct 06 – Nov 0139039546:3
2010 Nov 01 – Nov 1231532831:2
2010 Nov 1228129247:3
2010 Dez270283

Auffälligerweise bewegte sich die X 37B immer auf Bahnen, deren Bodenpfad eine Wiederholung des Überflugs desselben Ortes zu einer bestimmten Zeit ermöglichte – typisch für US-amerikanische Bild-Fernaufklärung. Dies, so Ted Molczan, Sprecher der Gruppe, wird wohl auch die wahrscheinlichste Nutzlast des Mini Shuttle gewesen sein.

Ted Molczan hat weiterhin die vier Orbitänderungen bis zum 12. November mit einem delta-v, einer Geschwindigkeitsänderung von ca. 102 m/s ermittelt. Ein Deorbit, ein Zurückkehren zur Erde würde weitere ca. 84 m/s bedeuten. Obwohl das gesamt delta-v des Orbiters nicht bekannt ist, schätzt Ted Molczan, aufgrund vom Masseunterschied (sog. wet and dry mass – Nass- und Trockenmasse), den inoffiziellen Angaben zum Maximum-Orbit und dem verwendeten Treibstoff das gesamte delta-v auf mindestens 700 m/s. Trotz dieser Erkenntnisse bleiben die wirklichen Fähigkeiten der X37B im Verborgenen.

Raumcon:

Nach oben scrollen