Unterwasserversuche mit Europas Roboter-Arm

Europäische und russische Teams arbeiten zusammen bei ersten Unterwassertests mit einem hoch entwickelten europäischen Roboterarm für die ISS.

Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: ESA/EuroNews.

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André Kuipers
(Bild: ESA)

Im Hydrolabor des Jurij-Gagarin-Kosmonauten-Trainingszentrums in den Außenbezirken von Moskau bereiten sich zwei Männer vor, plump wirkende Raumanzüge anzuziehen. Auf dem Boden eines großen Wasserbeckens in der Nähe stehen eine Attrappe eines russischen Moduls, das für die ISS bestimmt ist, sowie ein Roboterarm.

EuroNews-Kameras verfolgen, wie sich der holländische ESA-Astronaut André Kuipers und sein Kollege Dimitry Verba in die massiven Orlan-Raumanzüge zwängen, in denen sie die ersten Unterwassertests an einem Testmodell des Europäischen Roboter-Arms, kurz ERA, durchführen sollen. Bei diesem Versuch soll er unter Schwerelosigkeitsbedingungen zusammen gesetzt werden.
„Im Orbit soll ERA Ausrüstung an der Außenseite anbringen, Inspektionen der Module durchführen und Astronauten bei Weltraumeinsätzen unterstützen. Er wird ein extrem wertvoller Teil der ISS sein und wird den schon vorhandenen, 17 Meter langen kanadischen mobilen Service-Arm (CanadArm) ergänzen“, erklärt Philippe Schoonejans, der Projektmanager der ESA für den Arm, der 2007 in’s All gestartet werden soll. Ursprünglich sollte er schon 2001 zur ISS kommen, aber es gab Verzögerungen, unter anderem natürlich auch durch das Columbia-Unglück.

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Der Europäische Roboterarm für die ISS (zum Vergrößern anklicken).
(Bild: ESA)

Er ist ein eindrucksvolles Gerät, das von einem Konsortium von 22 Firmen unter Führung von Dutch Space gebaut wurde. Er besteht aus zwei symmetrischen Armen, die durch ein Ellbogengelenk verbunden sind und über je ein Handgelenk verfügen, sowie Kameras und diverse Elektronik. So genannte „End-Effektoren“ erlauben es dem Arm, sich wahlweise mit dem einen oder dem anderen Ende an der Station festzuhalten. Voll ausgeklappt misst ERA 11 Meter. Er hat 630 Kilogramm Masse und kann Lasten von maximal 8.000 Kilogramm bewegen.

Henk Petersen vom Hauptkontraktor Dutch Space betont die Vielseitigkeit des Arms. „Dadurch, dass er sich erst mit dem einen Ende verankern kann, dann mit dem anderen, ist ERA fähig, sich über die Außenseite der Station zu bewegen, indem er sich an Verankerungspunkten von Modul zu Modul ‚hangelt‘.“

Kuipers und Verba arbeiten schon unter der Wasseroberfläche. Andere Taucher sind bei ihnen, um zu helfen, wenn nötig. Ein ESA-Unterwasserkameramann filmt jede Bewegung. Verschiedene schwere Gewichte zum Ausgleichen des Auftriebs sind an den Orlan-Raumanzügen befestigt, um die Schwerelosigkeit möglichst realistisch zu simulieren. Die Aufgabe, den Arm unter Wasser zusammen zu setzen, scheint extrem schwierig zu sein.

„Wenn Sie sich dreidimensional bewegen wollen, auf, ab und seitwärts, müssen Sie ständig gegen den Auftrieb kämpfen“, erläutert André Kuipers während des dreistündigen Tests. „Es ist sehr anstrengend, von einem Ende des Arms zum anderen zu kommen, weil man jedesmal hinauf und wieder hinunter muss. In der Schwerelosigkeit sollte es einfacher sein als hier unter Wasser, weil es dort keinen Auftrieb gibt und überhaupt weniger Widerstand.“

Dinge, von denen die Astronauten dachten, dass sie dafür nur eine Hand brauchen, brauchten manchmal zwei. Manchmal verloren sie auch das Gleichgewicht. Die Orlan-Anzüge sind komfortabel, aber zu klobig, um bequem damit arbeiten zu können. Man kann darin nicht schwimmen und die Sicht durch den Helm ist eingeschränkt.

Im Kontrollraum des Gebäudes vergleichen die russischen Manager und das ESA-Team ihre Ergebnisse. „Dieser erste Test hat sehr wertvolle Informationen für die Projektentwicklung geliefert“, sagt Philippe Schoonejans. „Einige Dinge müssen sicher modifiziert werden, aber solche Probleme zu entdecken war ja genau das Hauptziel für derartige Trainings mit den Astronauten und dem Arm.“

ERA wird den ISS-Bewohnern in Zukunft eine große Hilfe sein. Er kann sowohl aus der Station heraus ferngesteuert als auch von außen mit einer Kontrollbox bedient werden. In jedem Fall werden die Astronauten keine Muße haben, die schöne Aussicht zu genießen, 400 Kilometer über der Erde. „Ich weiß schon von Kollegen, dass man keine Zeit hat, sich großartig umzuschauen“, sagt Kuipers. „Ob Sie im Wasser sind oder im Raum, Sie konzentrieren sich auf das, was gemacht werden muss.“

Dieser Bericht läuft derzeit dreimal täglich als kurze Reportage auf EuroNews:

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Jeden zweiten Freitag startet ein neues Programm, das in Zusammenarbeit mit der ESA produziert wird.

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