Aus dem Ablauf der Kollision ganzer Galaxiencluster, die typischerweise aus mehreren Hundert einzelnen Galaxien bestehen, schlussfolgern Wissenschaftler der Ohio State University in Columbus, dass es in unserer Region des Universums kaum Antimaterie gibt.
Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: New Scientist.
Theoretisch muss beim Urknall die gleiche Menge Antimaterie wie Materie entstanden sein. Bei direktem Kontakt löschen sich diese gegenseitig aus, wandeln sich vollständig in energiereiche Gammastrahlung um. Bisher ging man davon aus, dass bei der Expansion in einigen Regionen mehr Materie in anderen mehr Antimaterie übrig geblieben sei. Demnach müssten einige Galaxien oder Galaxienhaufen fast ausschließlich aus Materie, andere dagegen fast ausschließlich aus Antimaterie bestehen. Aus der Ferne sähen beide Galaxienarten gleich aus. Hätten Materie und Antimaterie das Universum gleichmäßig durchsetzt, so müsste es aber bei Galaxienkollisionen oder gar Zusammenstößen ganzer Galaxiencluster zu heftigen Reaktionen zwischen Materie und Antimaterie kommen.
Bei der Beobachtung einer erst 2006 entdeckten derartigen Clusterkollision, bei dem sich der Bullet-Cluster bildete, wurden aber nur geringe Internsitäten der bei der gegenseitigen Auslöschung von Protonen und Antiprotonen zu erwartenden Gammastrahlung gemessen. Sie entsprechen einem Anteil an Antimaterie von nur ein paar Millionstel. Die Wissenschaftler um Gary Steigman schließen u.a. daraus, dass zumindest im Umkreis von 65 Millionen Lichtjahren kaum Antimaterie existiert. Ein anderer Fakt, der zu obiger Annahme führte, ist die Tatsache, dass auch in unserer Galaxis bisher keine vom Urknall herrührenden Antiprotonen oder Anti-Heliumkerne gemessen werden konnten.
Daraus entwickelten sie eine interessante Theorie. Während der Phase der Inflation, in der sich das noch junge Universum exponentiell ausdehnte, wurde die Animaterie im Gegensatz zur normalen Materie stärker beschleunigt, so dass sie jetzt fast ausschließlich in den äußeren Regionen des Alls existiert.
Herauszubekommen, ob es irgendwo im beobachtbaren Universum Antimaterie aus der Zeit des Urknalls gibt, könnte den Kosmologen Anhaltspunkte dafür liefern, wie lange die Phase der Inflation andauerte. Einige Theorien gehen sogar davon aus, dass die Antimaterie so weit weg geschleudert wurde, dass wir sie zumindest mit unserer heutigen Beobachtungstechnik nicht messen können. Andere Modelle hingegen erlauben die Annahme, dass einige Supercluster in unserem Universum aus Antimaterie bestehen. Dann würden wir nach Aussage des Teilchenphysikers Diego Casadei vom CERN in einer riesigen Materieblase leben.