Messungen an der Forschungs-Neutronenquelle helfen bei der Entwicklung intelligenter Schweißgeräte. Eine Pressemitteilung der Technischen Universität München (TUM).
Quelle: Technische Universität München.
Die Schweißnähte des riesigen Treibstofftanks einer Rakete müssen beim Start immense Kräfte aushalten. Für solche besonders stabilen Nähte wird das Verfahren des Rührreibschweißens genutzt. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) wollen das Verfahren effizienter machen. Sie nutzten dabei die Positronen der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II), um atomare „Löcher“ im Material präzise zu lokalisieren.
Das Verfahren des Rührreibschweißens wird immer häufiger bei Bauteilen eingesetzt, bei denen die Nähte besonders dicht und stabil sein müssen. Etwa im Flugzeugrumpf, im Kühlsystem des Autos oder auch beim Treibstofftank einer Rakete. Im Gegensatz zu anderen Schweißverfahren benötigt das Rührreibschweißen kein zusätzliches Schweißmaterial, und die Temperaturen bleiben in der Regel unter der Schmelztemperatur. Damit ist das Verfahren besonders für temperaturempfindliche Materialien wie das leichte Aluminium geeignet.
Sind die Bauteile fest eingespannt, wird an deren Grenzfläche der schnell drehende Schweißstift des Schweißgerätes entlanggeführt. Der Stift weicht das Material durch Reibungswärme auf, ohne es zu schmelzen. Während sich der Stift voran bewegt, verrührt er die beiden Bauteile an der Grenzfläche und sorgt nach dem Abkühlen für eine besonders feste Naht.
Das Problem bei dem erst 30 Jahre alten Verfahren sind fehlende Erfahrungswerte. Bei jedem neuen Bauteil und Material müssen die Einstellungen des Geräts durch Ausprobieren bestimmt werden. Durch eine automatische Regelung, welche die Einstellungen selbst bestimmt und anpasst, würde sich die Effizienz des Verfahrens enorm verbessern. Dafür hat Dr. Andreas Bachmann in seiner Forschungsarbeit an der TUM ein Regelungskonzept entwickelt.
Positronen finden „Löcher“ im Metall
Zunächst untersuchte Bachmann anhand einer speziellen Aluminiumlegierung, die in der Raumfahrt eingesetzt wird, wie genau die Temperatur und Schweißgeschwindigkeit den Prozess beeinflussen. Dazu nutzte er die weltweit intensivste Positronenquelle NEPOMUC der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II). „Mit der Methode der Doppler-Verbreiterungsspektroskopie konnten wir die Defekte im Metall in und nahe der Schweißnaht finden“, sagt Bachmann.
Forschende schießen bei der Doppler-Verbreiterungsspektroskopie Positronen in das Metallgitter. Hier werden sie von den ebenfalls positiv geladenen Atomrümpfen im Gitter abgestoßen und bewegen sich von selbst zu Leerstellen, wo sie auf ihr Antiteilchen, ein Elektron, treffen. Die Teilchen löschen sich gegenseitig aus und senden dabei Energiestrahlen aus, die wiederum detektiert werden. Die gemessenen Strahlen geben Auskunft über die Position und Häufigkeit von atomaren Leerstellen.
Defekte sind temperaturabhängig
Die Forschenden fanden bei ihren Untersuchungen weniger Defekte bei höheren Schweißtemperaturen um die 500 Grad Celsius. „Im Vergleich zu anderen Schweißverfahren sind 500 Grad allerdings immer noch sehr niedrig“, erklärt Bachmann. „Es ist also so: Eine geringere Schweißtemperatur ist für die temperaturempfindlichen Materialien natürlich besser; wenn sie zu gering ist, wirkt sich das aber negativ auf die Festigkeit der Naht aus.“ Die ideale Schweißtemperatur ist für die Materialien unterschiedlich und muss jeweils bestimmt werden.
Mit diesen Erkenntnissen entwickelte Bachmann eine Regelung, bei der die optimale Temperatur eingestellt wird. Ein Sensor misst die Temperatur in Echtzeit. Mithilfe eines Algorithmus wird bestimmt, wie schnell sich das Werkzeug drehen muss, damit die Abweichung zwischen Soll- und Ist-Wert 0 beträgt. „Eine Schweißnaht mit Regelung war im Test 1,5-Mal so fest wie ohne Regelung“, erklärt Bachmann.
Außerdem zeigte er, dass theoretisch auch eine Regelung ohne Temperatursensoren möglich wäre. Dabei wird der Widerstand beim Drehen des Schweißstiftes gemessen und auf diese Weise die Temperatur bestimmt. „Je wärmer das Metall ist, desto leichter lässt es sich umformen, beziehungsweise mit dem Werkzeug verrühren“, erklärt Bachmann, der mittlerweile in der Industrie arbeitet. „Wie leicht oder wie schwer sich das Metall verrühren lässt, kann über das an der Spindel, also den Motor, der das Werkzeug antreibt, anliegende Moment gemessen werden.“ Dieser Ansatz könnte weiterentwickelt werden, um den Einsatz dieser Regelung in der Praxis zu erleichtern.
Publikation
Bachmann, A.; Gigl, T.; Hugenschmidt, C. P.; Zaeh, M. F.: Characterization of the microstructure in friction stir welds of EN AW-2219 using coincident Doppler-broadening spectroscopy. In: Materials Characterization 149, (2019) o. Nr., S. 143 – 152.