TU Darmstadt: Mit Atomwolken Dunkle Materie detektieren

Die Natur eines Großteils der Materie im Universum ist Physikern weiterhin ein Rätsel. Bisherige Versuche, sie zu detektieren, scheiterten. Nun zeigen Darmstädter Physiker, wie es mit so genannten Quantensensoren doch gelingen könnte. Eine Pressemitteilung der Technischen Universität Darmstadt.

Quelle: Technische Universität Darmstadt 7. März 2024.

Physiker der Technischen Universität Darmstadt haben nun maßgebliche Beiträge zum Design von neuen Quantensensoren geleistet, die Dunkle Materie mit Hilfe hochpräziser Messungen detektieren sollen. (Bild: CC BY 4.0 DEED / Bearbeitung TU Darmstadt)
Physiker der Technischen Universität Darmstadt haben nun maßgebliche Beiträge zum Design von neuen Quantensensoren geleistet, die Dunkle Materie mit Hilfe hochpräziser Messungen detektieren sollen. (Bild: CC BY 4.0 DEED / Bearbeitung TU Darmstadt)

7. März 2024 – Mit Sensoren, die dank der Regeln der Quantenphysik extrem empfindlich sind, wollen Physiker die wohl geheimnisvollste Substanz im Universum aufspüren: die Dunkle Materie. Sie macht etwa 80 Prozent der Materie im All aus. Die sichtbare Materie, aus der die Erde, Planeten, Sonne und Galaxien bestehen, macht also nur einen kleinen Teil des Universums aus. Physiker vermuten, dass Dunkle Materie aus einer unbekannten Art von Teilchen besteht. Die Dunkle-Materie-Teilchen wären zwar überall vorhanden, aber äußerst schwer zu detektieren, da sie nur sehr schwach mit normaler Materie, also Atomen oder Elektronen wechselwirken. In bisherigen Beobachtungen macht sie sich nur indirekt durch ihre Schwerkraft, die weitaus schwächste der vier Grundkräfte der Physik, bemerkbar.

Bisherige Detektoren konnten noch keine Dunkle Materie direkt nachweisen. Physiker der Technischen Universität Darmstadt haben nun maßgebliche Beiträge zum Design von neuen Quantensensoren geleistet, die Dunkle Materie mit Hilfe hochpräziser Messungen detektieren sollen. „Wir stellen uns die Frage, wie man den perfekten Sensor für Dunkle Materie baut“, sagt Daniel Derr. Seine Arbeitsgruppe „Theoretische Quantenoptik“ unter der Leitung von Professor Enno Giese vom Fachbereich Physik hat zusammen mit Kollegen der Universität Ulm dazu drei Arbeiten im angesehen Journal „AVS Quantum Science“ veröffentlicht, von denen der Verlag zwei besonders hervorhob.

Doch was ist eigentlich ein solcher Quantensensor? Eines der erstaunlichsten Phänomene der Quantenphysik ist das wellenartige Verhalten von Materie. Atome oder Elektronen stellen wir uns als winzige Teilchen vor. Aber sie können auch Wellenphänomene zeigen. Elektronen etwa, die man durch einen Spalt sendet, bilden dahinter ähnliche Streifenmuster wie es Lichtwellen tun.

Auch größere Materieobjekte können diese „Interferenzstreifen“ bilden. Dazu gehören etwa Wolken aus Zehntausenden von Atomen, die sich zu einer Art Superatom verbinden. Da das Superatom relativ schwer ist, hat es eine sehr kurze Materiewellenlänge. Das bedeutet, dass die Interferenzstreifen solcher Superatome sehr empfindlich auf Kräfte und Beschleunigungen reagieren. Schon die relativ schwache Gravitation kann das Muster der Streifen verändern. Dieser Effekt ermöglicht hochempfindliche Gravitationssensoren, die zur Navigation oder zum Aufspüren von Bodenschätzen genutzt werden können.

Neben der Schwerkraft könnten solche Interferometer auch eine mögliche Wechselwirkung mit Dunkler Materie nachweisen. Die Physiker diskutieren mehrere Modelle der Dunklen Materie. „Ein vielversprechender Kandidat, die so genannte ultraleichte Dunkle Materie, würde mit den Elektronen und den Quarks in den Atomkernen wechselwirken“, erklärt Derr. Damit würde diese rätselhafte Materieform die Energiestruktur des Superatoms beeinflussen und sich indirekt auf das Interferenzmuster auswirken.

Diese Signatur der Dunklen Materie zu isolieren, ist jedoch eine große Herausforderung. Physiker wollen dazu die Interferenzstreifen zweier Superatome vergleichen. Diese müssen räumlich und zeitlich möglichst weit voneinander entfernt erzeugt und zudem mit demselben Laser manipuliert werden. „So kann man lokale Unterschiede in der Dunklen Materie sehen und das Rauschen unterdrücken“, erklärt Derr. Geplant sind Quantendetektoren mit einer Länge von etwa 100 Metern. „Perspektivisch sollen sie einmal bis zu einem Kilometer groß werden“, sagt Giese.

„Unsere Ergebnisse haben direkten Einfluss auf das Design von Quantendetektoren für ultraleichte Dunkle Materie“, sagt Giese. So gibt es vielversprechende Ansätze, wie man den verfügbaren Platz in den Detektoren am besten ausnutzt oder wie man das Atom am geschicktesten manipuliert. Auch die Standortwahl könnten die Darmstädter Ergebnisse beeinflussen. Das Team will sich nun an internationalen Konsortien beteiligen, die solche Detektoren bauen. „In diesem Gebiet ist gerade viel Schwung“, sagt Derr. Vielleicht wird gerade der Grundstein für eine bahnbrechende Entdeckung gelegt.

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Originalpublikation:
In der Sonderausgabe „Large Scale Quantum Detectors“ zu Quantensensoren des Magazins „AVS Quantum Science“ erschienen folgende drei Artikel des Darmstädter Teams:
doi.org/10.1116/5.0174258 / https://pubs.aip.org/avs/aqs/article/5/4/044402/2921319/Atomic-diffraction-from-single-photon-transitions
doi.org/10.1116/5.0176666 / https://pubs.aip.org/avs/aqs/article/5/4/044404/2930367/Clock-transitions-versus-Bragg-diffraction-in-atom
doi.org/10.1116/5.0175683 / https://pubs.aip.org/avs/aqs/article/6/1/014404/2933696/Optimal-baseline-exploitation-in-vertical-dark

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