Trauerrede George W. Bush, 4. Februar 2003

„Ihre Reise war beinahe abgeschlossen und wir verloren sie so nahe an ihrer Heimat..“

Autor: Lutz Growalt.

Der US-Präsident George W. Bush auf der Trauerfeier für die verunglückten Astronauten

„Ihre Reise war beinahe abgeschlossen und wir verloren sie so nahe an ihrer Heimat. Die Männer und Frauen der Columbia sind mehr als sechs Millionen Meilen weit gereist und sie waren nur Minuten von der Ankunft und dem Wiedersehen entfernt. Der Verlust war urplötzlich – und schrecklich. Für ihre Familien wiegt die Trauer schwer. Die ganze Nation teilt Ihren Schmerz – und Ihren Stolz. Und heute erinnern wir uns nicht nur an einen Moment der Tragödie, sondern auch an sieben Leben mit hehren Zielen und Erfolgen. Die Erde, die Luft und die Schwerkraft hinter sich zu lassen, ist ein uralter Menschheitstraum. Für diese Sieben hat sich der Traum erfüllt. Jeder der Astronauten hatte den Wagemut und die Disziplin, die diese Aufgabe erforderte. Jeder von ihnen wußte, daß großes Streben untrennbar mit großen Risiken verbunden ist. Und jeder von ihnen nahm diese Risiken bereitwillig auf sich – und mit Freuden – zum Zweck der Entdeckung.

Rick Husband war vier Jahre alt, als er zum ersten Mal daran dachte, Astronaut zu werden. Als Mann wurde er Astronaut und er erkannte, daß es noch wichtiger war, seine Familie zu lieben und Gott zu dienen. Eines von Ricks liebsten Kirchenliedern war „How Great Thou Are“ [Wie groß Du bist], das diese Worte der Lobpreisung enthält: »Ich sehe die Sterne/ich höre den mächtigen Donner/Deine Macht durchdringt das ganze Universum.«

David Brown wurde als kleiner Junge mit seinem Teleskop im Hinterhof das erste Mal von den Sternen angelockt. Er bewunderte Astronauten, aber, wie er sagte: »Ich dachte sie seien Filmstars. Und ich dachte, ich sei nur ein normaler Junge.« David wuchs heran und wurde Arzt, ein Pilot, der mitten in der Nacht auf dem Deck eines Flugzeugträgers landen konnte und ein Shuttle-Astronaut. Sein Bruder fragte ihn vor wenigen Wochen, was passieren würde, wenn etwas auf der Mission schief ginge. David antwortete: »Dieses Programm wird weitergehen.«

Michael Anderson wollte schon immer Flugzeuge fliegen und er stieg in den Rang eines Lieutenant Colonel der Luftwaffe auf. Er wurde ein Vorbild für seine beiden Töchter und die vielen Kinder, zu denen er in Schulen sprach. Er sagte zu ihnen: »Was immer ihr auch im Leben werden wollt, ihr übt jetzt dafür.« Er erzählte seinem Pfarrer: »Wenn diese Sache schiefgeht, machen Sie sich keine Sorgen um mich. Ich werde nur noch höher steigen.«

Laurel Salton Clark, war eine Medizinerin und Fliegerärztin. Sie liebte das Abenteuer, ihre Arbeit, ihren Mann und ihren Sohn. Ein Freund von ihr, der über die Missionskontrolle mit ihr sprach, sagt: »Da war ein Lächeln in ihrer Stimme.« Laurel arbeitete an einigen der Experimente, während Columbia um die Erde flog und beschrieb, wie neues Leben aus einem winzigen Konkon hervorkam. Das Leben, sagte sie, geht an vielen Orten weiter. Und das Leben ist etwas Magisches. Keiner unserer Astronauten folgte einem längeren Weg ins All als Kalpana Chawla. Sie verließ Indien als Studentin, aber sie konnte das Land ihrer Geburt wiedersehen, als Ganzes, aus Hunderten Meilen Höhe. Als die traurige Nachricht ihre Heimatstadt erreichte, erinnerte sich der Rektor der High School: »Sie sagte immer, daß sie die Sterne erreichen wolle. Sie ging dorthin – und darüber hinaus.« Chawlas Geburtsland trauert heute um sie, ebenso wie ihre Wahlheimat.

Ilan Ramon, überflog ebenfalls seine Heimat, den Staat Israel. Er sagte: »Die Stille, die dem Weltraum inne ist, macht die Schönheit nur mächtiger. Und ich hoffe, daß diese Ruhe sich eines Tages auch in meinem Land ausbreitet.« Ilan war ein Patriot und ein hingebungsvoller Sohn eines Überlebenden des Holocaust, der seinem Land in zwei Kriegen diente. Ilan, sagte seine Frau Rona, verließ uns auf seinem Gipfelpunkt, an seinem Lieblingsort, gemeinsam mit Menschen, die er liebte.

Der Pilot der Columbia war Commander Willie McCool, den seine Freunde als gefestigten und verläßlichen Mann kannten. Seine Freunde denken zurück an den Pfadfinder, aus dem ein ausgezeichneter Marineoffizier wurde und ein furchtloser Testpilot. Ein Freund erinnert sich so an Willie: »Er war gesegnet. Und wir waren gesegnet, ihn zu kennen.«

Unsere ganze Nation war gesegnet, solche Männer und Frauen in ihrem Weltraumprogramm zu haben. Ihr Verlust wird tief empfunden, besonders an diesem Ort, an dem viele von Euch sie Freunde nannten. Die Angehörigen der NASA werden erneut auf die Probe gestellt. In Ihrer Trauer reagieren Sie, wie Ihre Freunde es sich gewünscht hätten. Mit klarem Blick, Professionalität und ungebrochenem Vertrauen in die Mission dieser Agentur. Captain Brown hatte Recht: Amerikas Weltraumprogramm wird weitergehen.

Dieser Weg der Forschung und Entdeckung ist nicht unsere freie Wahl, er ist ein Verlangen, niedergeschrieben im Herzen des Menschen. Wir sind derjenige Teil der Schöpfung, der trachtet, die ganze Schöpfung zu verstehen. Wir finden die Besten unter uns und schicken sie voraus in das unbekannte Dunkel und beten für ihre Wiederkehr. Sie gehen in Frieden, für die ganze Menschheit. Und die ganze Menschheit hat Teil an ihrem Tod. Wenn einige Entdecker nicht zurückkehren, trifft der Verlust so ungerecht nur Wenige, nämlich die Familien, die heute den Mut aufbringen müssen, den ihre Lieben zeigten, denn nun müssen sie Leben und Trauer ohne sie begegnen. Die Trauer ist einsam. Aber Sie sind nicht allein.

Die Zeit wird ihnen Trost bringen und ihre Gnade wird Ihnen darüber hinweghelfen. Und in Gottes Zeit können wir beten, daß der Tag des Wiedersehens kommen wird. Und an die Kinder, die ihren Vater oder ihre Mutter heute so sehr vermissen: Ihr müßt wissen, sie lieben Euch und ihre Liebe wird immer bei Euch sein. Sie waren stolz auf Euch. Und Ihr könnt stolz auf sie sein, für den Rest Eures Lebens. Die letzten Tage ihres Lebens verbrachten sie damit, auf die Erde hinab zu sehen. Und nun sind ihre Namen auf jedem Kontinent, in jedem Land, das sie sehen konnten, bekannt und bleiben in Erinnerung. Sie werden immer einen Ehrenplatz in der Erinnerung dieses Landes einnehmen. Und heute biete ich den Respekt und die Dankbarkeit des Volkes der Vereinigten Staaten an. Möge Gott Sie alle segnen.“

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