Eine blaue Box, ein Kubikmeter marsähnlicher Sand, ein Stein, ein Modell des Marsmaulwurfs und ein Seismometer – das sind die Hauptbestandteile, mit denen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) derzeit die Lage auf dem Mars simuliert. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Quelle: DLR.
Nachdem das DLR-Instrument HP³ (Heat and Physical Properties Package), der Marsmaulwurf, nach seinem ersten Hämmern am 28. Februar 2019 nur etwa 30 Zentimeter in den Marsboden vordringen konnte, analysieren die Planetenforscher und Ingenieure des DLR, wie es dazu kommen konnte und welche Maßnahmen Abhilfe schaffen könnten. „Wir untersuchen und testen verschiedene denkbare Szenarien, um so die Konstellation herauszufinden, die auf dem Mars zum Stoppen unseres Maulwurfs geführt hat“, erläutert Testleiter Torben Wippermann vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen. Die Basis für die Arbeit der Wissenschaftler: Einige Fotos, Temperaturdaten, Daten des Radiometers sowie Aufzeichnungen des französischen Seismometers während eines kurzen Probehämmerns am 26. März 2019.
Eigentlich hatte nach dem Aufsetzen des Landers InSight der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA alles besser ausgesehen als erwartet: Die Kamera des Landers zeigte zwar in einiger Entfernung zahlreiche Steine, die direkte Umgebung war allerdings erfreulich frei von Steinen und Geröll. Warum der Maulwurf nach seinem Aussetzen auf die Marsoberfläche sich zunächst zügig in den Untergrund hämmerte und sich dann nicht mehr weiter vorarbeiten konnte, wird nun per Ferndiagnose geklärt. „Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen, auf die wir unterschiedlich reagieren müssen“, sagt Dr. Matthias Grott, Planetenforscher und HP³-Projektwissenschaftler. Eine der Erklärungen: Der Marsmaulwurf befindet sich in einem selbst geschaffenen Hohlraum und hat an den Seiten die erforderliche Reibung mit dem Sand verloren.
Eine weitere Sorte Sand
In Bremen wird daher nun mit einer weiteren Sorte Sand experimentiert: „Bisher haben wir mit einer marsähnlichen Sandsorte getestet, die nicht sehr kohäsiv ist“, erläutert Torben Wippermann. Dieser Sand stammt noch von früheren Tests, bei denen sich der Maulwurf in Vorbereitung auf die Mission in einer Fünf-Meter-Säule in die Tiefe hämmerte. Nun soll das Ersatzmodell des Maulwurfs in einer Box auf Sand treffen, der sich schnell verfestigt und in dem durch das Hämmern Hohlräume entstehen können. Im Sand deponieren die Wissenschaftler bei einigen ihrer Testläufe auch einen Stein mit einem Durchmesser von circa zehn Zentimetern – ein solches Hindernis im Marsgrund könnte schließlich ebenfalls ein Grund dafür sein, dass das HP³-Instrument auf dem Roten Planeten ausgebremst wurde. Bei allen Versuchen lauscht ein Seismometer auf die Tätigkeit des irdischen Maulwurfs. Bei einem „diagnostischen“ kurzen Hämmern auf dem Mars hatte das französische Instrument SEIS ebenfalls die Erschütterungen aufgezeichnet, um mehr über den Schlagmechanismus des Maulwurfs zu erfahren und Rückschlüsse ziehen zu können. Der Vergleich der Daten hilft, sich der realen Situation anzunähern. „Im Idealfall können wir möglichst exakt die bisherigen Abläufe auf dem Mars rekonstruieren.“
Irdische Maulwürfe als Versuchskaninchen
Haben die Wissenschaftler herausgefunden, was am 28. Februar 2019 in über 228 Millionen Kilometer Entfernung den Maulwurf aus dem Rhythmus gebracht hat, folgt der nächste Schritt: Mögliche Maßnahmen, wie man das Instrument weiter in den Boden vordringen lassen kann, müssen dann ebenso akribisch auf der Erde getestet und analysiert werden. Daher wurde auch bereits ein weiteres DLR-Modell des Maulwurfs zum Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in die USA geschickt. Dort kann mit den Erkenntnissen der DLR-Forscher im Zusammenspiel von Maulwurf, HP³-Gehäuse und robotischen Arm geprobt werden, ob beispielsweise ein Anheben oder Verschieben der Außenstruktur zielführend ist. „Ich schätze, dass wir erst in einigen Wochen eine Aktion auf dem Mars ausführen werden“, sagt DLR-Planetenforscher Dr. Matthias Grott. Erst wenn für die irdischen Maulwürfe eine Lösung gefunden wurde, wird die Pause für den Maulwurf im All enden.
Das HP³-Instrument auf der NASA-Mission InSight
Die Mission InSight wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena, Kalifornien, im Auftrag des Wissenschaftsdirektorats der NASA durchgeführt. InSight ist eine Mission des NASA-Discovery-Programms. Das DLR steuert zur Mission das Experiment HP³ (Heat Flow and Physical Properties Package) bei. Die wissenschaftliche Leitung liegt beim DLR-Institut für Planetenforschung, welches das Experiment federführend in Zusammenarbeit mit den DLR-Instituten für Raumfahrtsysteme, Optische Sensorsysteme, Raumflugbetrieb und Astronautentraining, Faserverbundleichtbau und Adaptronik, Systemdynamik und Regelungstechnik sowie Robotik und Mechatronik entwickelt und realisiert hat.
Daneben sind beteiligte industrielle Partner: Astronika und CBK Space Research Centre, Magson und Sonaca, das Institut für Photonische Technologie (IPHT) sowie die Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH. Wissenschaftliche Partner sind das ÖAW Institut für Weltraumforschung und die Universität Kaiserslautern. Der Betrieb von HP³ erfolgt durch das Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) des DLR in Köln. Darüber hinaus hat das DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie einen Beitrag des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung zum französischen Hauptinstrument SEIS (Seismic Experiment for Interior Structure) gefördert.
Ausführliche Informationen zur Mission InSight und zum Experiment HP³ finden Sie auf der DLR-Sonderseite zur Mission mit ausführlichen Hintergrundartikeln sowie in der Animation und der Broschüre zur Mission und über den Hashtag #MarsMaulwurf auf dem DLR-Twitterkanal. Aktuell berichtet Prof. Tilman Spohn, leitender Wissenschaftler des HP³-Experiments, in Blogposts über die Aktivitäten des ‚Marsmaulwurfs‘.
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