Im Jahr 2009 geht das suborbitale Weltraumtourismusprojekt von VirginGalactic in die heiße Phase. Nachdem Ende 2008 der Jungfernflug des Trägerflugzeugs glückte, stehen nun weitere Testflüge des Trägerflugzeugs in der ersten Jahreshälfte und erste Testflüge von SpaceShipTwo in der zweiten Jahreshälfte an.
Ein Beitrag von Tobias Willerding. Quelle: MSNBC, flightglobal.com, Virgin Galactic, Scaled Composites, Air & Space Magazine.
Fortschritte 2008
Ende Juli 2008 hatte Virgin Galactic das Trägerflugzeug WhiteKnightTwo zum ersten Mal der Presse vorgestellt. Damals war man zuversichtlich, dass der Jungfernflug voraussichtlich im September stattfinden würde. Doch wie das in der Luft- & Raumfahrt nun mal so ist, sollte es aufgrund von technischen Problemen mit den Triebwerken nicht vor Anfang Dezember sein, dass erste Rolltests des Trägerflugzeugs unternommen werden konnten. Dann lag in Mojave zum ersten Mal seit vielen Jahren auch noch kräftig Schnee und der Jungfernflug drohte auf 2009 verschoben zu werden. Doch am 21. Dezember war das Wetter gut und der Jungfernflug konnte zwei Tage vor den Weihnachtsferien doch noch stattfinden.
In den letzten Tagen des Jahres 2008 schaffte man es auch noch, einen Pachtvertrag mit dem US-Bundesstaat New Mexico abzuschließen, der es Virgin Galactic erlaubt, mit dem Bau von Spaceport America zu beginnen, von wo aus kommerzielle Weltraumflüge stattfinden sollen. Neben Spaceport America, ist Virgin Galactic auch an anderen Startplätzen interessiert.
Als besonderer Platz ist hier Kiruna in Schweden zu nennen. Hier starten diverse europäische Raumfahrtagenturen ihre Höhenforschungsraketen, so dass grundlegende Infrastruktur schon vorhanden ist. Wichtiger aber ist, dass es dort Nordlichter bzw. die Aurora Borealis gibt und es ist geplant mit SpaceShipTwo zahlende Passagiere nicht nur in den Weltraum, sondern gleichzeitig auch in die Aurora zu fliegen, wo sich ein einmaliger Ausblick ergeben sollte.
Des Weiteren haben auch die Arbeiten an SpaceShipTwo Fortschritte gemacht. Das Raumschiff ist nach Aussage von Will Whitehorn, dem Präsidenten von Virgin Galactic, nun fast fertig und soll im April der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Auch die Entwicklung des Raketenmotors, der nach dem Unglück 2007, bei dem drei Angestellte von Scaled Composites ums Leben gekommen sind, die größte Hürde für das Projekt geworden ist, kommt gut voran. Die Firma SpaceDev, die mit der Entwicklung des Antriebs von Scaled Composites letztes Jahr beauftragt worden ist, hat erste Triebwerkstests erfolgreich abgeschlossen. SpaceDev hatte auch schon beim Antrieb von SpaceShipOne einen Großteil der Entwicklung übernommen.
Das Testprogramm
In den nächsten Monaten stehen nun weitere Testflüge des Trägerflugzeugs an, welches ca. 17 Tonnen auf eine Höhe von 15 Kilometern transportieren kann. Bei Virgin Galactic ist man zuversichtlich, dass WhiteKnightTwo eine Höhe von bis zu 21 km erreicht, wobei aber unklar ist, wie viel Nutzlast da noch mitgenommen werden kann. Diese Höhen sind für die Atmosphärenforschung von großem Interesse, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass Virgin Galactic eine Kooperation mit der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) eingegangen ist. Die NOAA wird Messgeräte an dem Trägerflugzeug befestigen, um Messungen in großen Höhen vorzunehmen. Im Sommer geht es dann weiter mit Testflügen von SpaceShipTwo. Vermutlich wird das Testprogramm ähnlich wie bei SpaceShipOne sein, dass heißt erst hängt SpaceShipTwo nur am Trägerflugzeug, bei späteren Flügen wird es dann abgeworfen und gleitet zum Startplatz zurück, noch später wird dann der Raketenmotor im Flug getestet, bis es schließlich zum ersten Flug ins All kommt. Frühstens Ende 2010 könnten dann erste Passagiere ins Weltall fliegen. Vorher müssen noch viele Testflüge absolviert werden, um zu gewährleisten, dass das ganze Unternehmen sicher genug ist.
SpaceShipTwo fliegt im wesentlichen dasselbe Flugprofil wie SpaceShipOne. Das Raumschiff wird vom Trägerflugzeug auf eine Höhe von ca. 15 Kilometer transportiert, wo es ausgeklinkt wird, den Raketenmotor zündet und dann in einen senkrechten Steigflug übergeht. Nach ca. einer Minute ist der Raketenmotor ausgebrannt, SpaceShipTwo fliegt auf einer ballistischen Kurve auf eine Höhe von mehr als 110 km und fällt anschließend wieder der Erde entgegen. Vor dem Wiedereintritt in die Erdatmospäre werden die Flügel auf ca. 65° gekippt, wodurch sich das Raumschiff automatisch in die optimale Wiedereintrittslage orientiert. Wenn das Raumschiff unter Schallgeschwindigkeit ist, werden die Flügel wieder in die normale Position gebracht und das Raumschiff gleitet zurück zum Landeplatz.
Pilotenausbildung
Neben einer funktionierenden Technik braucht es aber noch mehr, um das Raumschiff zu fliegen: gut ausgebildetete Piloten. Pro Flug sind neben 6 Passagieren auch 2 Mann Besatzung, nämlich Pilot und Copilot, an Bord, um einen sicheren Flug zu gewährleisten. Dies ist bei SpaceShipTwo besonders wichtig. Denn genau wie SpaceShipOne, das 2004 dreimal in den Weltraum flog, wird SpaceShipTwo im Gegensatz zu aktuellen Passagierflugzeugen über kein fly-by-wire System verfügen. Stattdessen setzt man auf eine bewährte Steuerung mit Kabelzügen, die bei SpaceShipTwo übrigens aus Kohlefaser sind. Außerdem verwendet man eine elektrische Trimmkontrolle für den Überschallflug. Während der Flugzeit im Vakuum benutzt man ein Lageregelungssystem, das mit Luft arbeitet.
Virgin Galactic hat schon begonnen, erste Piloten für SpaceShipTwo auszuwählen. Mindestanforderungen sind 3.000 Flugstunden und Erfahrungen mit mehreren Flugzeugtypen, allerdings gibt es bisher noch keine Anforderungen an Größe oder Gewicht. Die genauen Parameter müssen nämlich erst ausgearbeitet werden, jedoch sollten die Bewerber über eine ausreichende Fitness verfügen. Am Anfang wird man wohl auf Piloten der Fluglinie Virgin Atlantic zurückgreifen. Diejenigen Piloten, die Interesse haben, werden zunächst viele Stunden im Simulator trainieren, bevor sie das erste Mal in die Luft bzw. in das All dürfen. Ebenfalls auf dem Trainingsprogramm stehen Flüge in dem Kunstflugzeug Extra 300, in dem auch die SpaceShipOne-Piloten trainiert haben sowie im Trägerflugzeug WhiteKnightTwo, das über eine identische Kabine und ähnliche Instrumentenanordnung verfügt. Hierbei wird weniger Wert auf das Training in der Schwerelosigkeit gelegt, als vielmehr auf das Üben von Manövern mit hohen Beschleuigungen. Dies ist auch nötig, denn beim Wiedereintritt in die Atmosphäre erfolgt die Abbremsung sehr schnell und es entstehen kurzzeitig Beschleunigungen von bis zu 6 G. Ein Blackout bei einem der Piloten könnte schlimme Folgen haben.
Die finanzielle Seite
Auch von der kommerziellen Seite sieht es gut aus. Trotz der Finanzkrise hat man inzwischen 30 Millionen US-Dollar an Anzahlungen angenommen. Unter den ersten 100 Passagieren befindet sich auch eine Deutsche, die damit die erste deutsche Frau im All sein wird. Einige Passagiere haben schon einen Vorgeschamck auf die G-Kräfte in einer Zentrifuge gewinnen können. Abgesehen von Raumflügen wird Virgin Galactic auch Parabelflüge im Trägerflugzeug WhiteKnightTwo anbieten. Da die beiden Rümpfe von WhiteKnightTwo denselben Aufbau wie das Raumschiff haben, sollte dort für mindestens 12 Passagiere Platz sein. Neben den Parabelflügen wird man auch das Ausklinken von SpaceShipTwo und den Aufstieg in den Weltraum aus nächster Nähe beobachten können. Das ist im Gegensatz zum Raumflug, der 200.000 US-Dollar kostet, natürlich wesentlich preiswerter und wird wahrscheinlich nur ca. 1.000 US-Dollar kosten.
Weitere Informationen können im Raumcon Thread Virgin Galactic gefunden werden.