TerraSAR-X erfolgreich gestartet

Der deutsche Erdbeobachtungssatellit TerraSAR-X ist am vergangenen Freitag um 04:14 Uhr (MESZ) erfolgreich vom russischen Kosmodrom Baikonur aus in eine annähernd polare Umlaufbahn gebracht worden. Update: Mittlerweile sind erste Aufnahmen in beeindruckender Qualität empfangen worden.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: DLR.

Ausschnitt aus der ersten empfangenen Test-Aufnahme von TerraSAR-X .
(Foto: DLR)

[Update vom 23.06.2007:]
Einer Pressemitteilung vom Donnerstag dieser Woche zufolge konnte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt bereits vier Tage nach dem Start des Satelliten – und damit noch vor Erreichen der endgültigen Umlaufbahn – erste hochaufgelöste Radarbilder von TerraSAR-X empfangen. Die erste Aufnahme mit einer Auflösung von 15 Metern – von der hier ein kleiner Ausschnitt zu sehen ist – zeigt den russischen Fluss Don etwa 50 Kilometer westlich von Wolgograd (dem früheren Stalingrad). Beachtenswert ist hierbei, dass die Aufnahme bei dichter Bewölkung gemacht worden ist – was für das Radarsystem des Satelliten kein Hindernis darstellt. Alleine extreme Wetterereignisse wie beispielsweise sehr starke Gewitterschauer (hier sichtbar als heller Schleier rechts der Mitte am oberen Rand des Bildausschnitts) können die Abbildungsleistung des Radarsystems beeinflussen.

Am rechten Bildrand ist der Don als dunkle Fläche zu erkennen. Bereits bei dieser mit mittlerer Auflösung gewonnenen ersten Aufnahme ist der Detailreichtum gut zu sehen, den die TerraSAR-X-Aufnahmen zu liefern im Stande sind. Deutlich sind in der Uferregion Areale mit verschiedener Helligkeit zu unterscheiden: Landwirtschaftliche Anbauflächen, die mit verschiedenen Nutzpflanzen von unterschiedlichem Reifegrad bepflanzt sind. Schon dieser kleine Ausschnitt lässt erahnen, welche Fülle an Informationen in Zukunft von dem neuen Erdbeobachtungssatelliten zu erwarten sind – und das bei jedem Wetter.
Dementsprechend euphorisch fielen auch die Reaktionen der Missionsverantwortlichen nach dem Empfang der ersten Radaraufnahmen aus: „Ich bin begeistert! Diese Mission dokumentiert einmal mehr die führende internationale Stellung Deutschlands in der Radarfernerkundung. Unsere Daten werden eine wichtige Quelle für die geowissenschaftliche Forschung einerseits und für kommerzielle Anwendungen andererseits sein. TerraSAR-X wird aber auch eine maßgebliche Rolle im europäischen Erdbeobachtungsprogramm GMES spielen“, so Professor Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des DLR.

Die Aufnahmen konnten bereits 30 Minuten nach dem Empfang der Daten durch die Bodenstation Neustrelitz auf den Monitoren im DLR-Raumfahrtzentrum Oberpfaffenhofen begutachtet werden. Obwohl der Satellit erst Ende nächster Woche seine endgültige Umlaufbahn erreichen soll, weisen diese – eigentlich nur zu Testzwecken – aufgezeichneten Daten bereits eine überraschend hohe Qualität und Detailschärfe auf. Nach erfolgter Kalibrierung des Gesamtsystems dürfte noch einmal eine Steigerung der Darstellungsqualität erreichbar sein. In voller Größe können Sie die nun veröffentlichten Testaufnahmen mit weiteren Erläuterungen versehen in dieser DLR-Pressemitteilung bewundern.[Ende Update]

Der deutsche Erdbeobachtungssatellit TerraSAR-X in seiner quasi-polaren Umlaufbahn. Rechts erkennt man die am Ende eines über drei Meter langen Mastes angebrachte Antenne zur Datenübertragung.
(Grafik: DLR)

Der gut 1,2 Tonnen schwere Satellit wurde als Nutzlast einer russischen Dnepr-Trägerrakete – einer ehemals unter dem Namen SS-18 bekannten umgerüsteten Interkontinentalrakete – gestartet und soll die Erde mindestens fünf Jahre lang in 514 Kilometern Höhe umkreisen. Wichtigstes und einziges Instrument des Satelliten zur Erdbeobachtung ist ein hoch entwickeltes „Synthetic Apertur Radar (SAR)“, das unabhängig vom Satelliten ausgerichtet und in drei verschiedenen Betriebsmodi betrieben werden kann. Neben der wissenschaftlichen Nutzung ist auch eine kommerzielle Verwertung der Radardaten durch eine eigens zu diesem Zweck vom Satellitenhersteller EADS Astrium gegründete Vermarktungsfirma vorgesehen. Die Steuerung von TerraSAR-X übernimmt das deutsche Raumfahrt-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen, der Empfang der Radardaten läuft über die Bodenstation Neustrelitz des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Mecklenburg-Vorpommern.

Für die Erdbeobachtung bietet ein radargestütztes System wie TerraSAR-X den insbesondere in tropischen Breiten und Hochgebirgsregionen nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass Beobachtungen weitgehend wetterunabhängig durchgeführt werden können. Die 4,8 Meter lange und 80 Zentimeter breite Radarantenne von TerraSAR-X sendet permanent kurze elektromagnetische Impulse mit einer Frequenz von 9,65 GHz zur Erde, während der Satellit mit rund 7,6 km/sek. die Erde überfliegt. Die von der Erdoberfläche reflektierten Radarstrahlen werden aufgefangen, in einem 256 GBit großen Speicher an Bord des Satelliten gepuffert und schließlich mit einer Bandbreite von 300 MBit/sek. zur Empfangsstation Neustrelitz übertragen. Die Radarantenne kann in drei verschiedenen Betriebsarten „gefahren“ werden: Im „Spotlight-Modus“ wird eine Auflösung von bis zu einem Meter für ein maximal 10 mal 10 Kilometer großes Gebiet erreicht, der „Stripmap-Modus“ erlaubt die Abtastung eines 30 Kilometer breiten und bis zu 1.500 Kilometer langen Beobachtungsstreifens mit einer maximalen Auflösung von drei Metern, während der so genannte „ScanSAR-Modus“ bei einer auf 100 Kilometer erweiterten Streifenbreite eine Auflösung von 16 Metern bietet.

Wichtige Daten für verschiedenste Wissenschaftszweige
Die Daten des hochauflösenden Radars sind für verschiedenste wissenschaftliche Zwecke interessant. So können mit ihrer Hilfe Aussagen über die Verteilung und Zusammensetzung der Vegetation am Boden getroffen werden, was für unterschiedlichste Disziplinen von Interesse ist. Insbesondere die extrem hohe räumliche Auflösung der Radaraufnahmen – die bisher nur von militärischen Satellitensystemen erreicht worden sind – erlaubt dabei neue Anwendungsgebiete. Auch bei der Beobachtung verschiedener Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen kann TerraSAR-X wertvolle Dienste leisten: Sein tageszeit- und wetterunabhängiges Radar erlaubt eine kontinuierliche Beobachtung der Polarregionen unseres Planeten, die einen gewichtigen Einfluss auf das Weltklima haben. Die Bahn des Satelliten ist so gewählt, dass er nach jeweils elf Tagen wieder über demselben Punkt der Erdoberfläche steht und jeder Punkt auf der Erdoberfläche spätestens alle vier Tage vom Radarsystem des Satelliten – wenn auch nicht unter demselben Blickwinkel – beobachtet werden kann.

Außer dem Radarsystem sind noch zwei Sekundär-Instrumente mit an Bord von TerraSAR-X: Ein experimentelles „Laser Communication Terminal“, das Daten mit hoher Bandbreite zu einer entsprechend ausgerüsteten Bodenstelle senden kann (beziehungsweise zu einem anderen, entsprechend ausgestatteten Satelliten), sowie ein „Tracking, Occultation and Ranging Experiment“ (TOR). Dieses System besteht aus einem GPS-Empfänger sowie einer Laser-Reflektoreinheit und erlaubt eine Positionsbestimmung des Satelliten mit bis zu 10 Zentimetern Genauigkeit – was wiederum den Wert der von TerraSAR-X gewonnenen Daten erhöht und beispielsweise die Erstellung hochgenauer Höhenmodelle der Erdoberfläche ermöglicht. Weiterhin werden durch TOR die Funksignale von nahe dem Horizont befindlichen GPS-Satelliten analysiert, die auf ihrem Weg durch die Erdatmosphäre mit dieser wechselwirken und dabei spezifische Veränderungen erfahren. Durch Auswertung dieser Veränderungen können für die Klimaforschung interessante Daten über Druck, Temperatur, Wasserdampfgehalt und Elektronendichte der entsprechenden Atmosphärenschichten gewonnen werden.

Ausblick in der Zukunft
Abhängig vom (kommerziellen) Erfolg von TerraSAR-X ist bereits jetzt eine Nachfolgemission angedacht, die den Satelliten am Ende seiner Lebensdauer ersetzen soll. Der Nachfolgesatellit soll dabei gänzlich aus privatwirtschaftlichen Mitteln der Raumfahrtindustrie finanziert werden. Weiterhin wird derzeit bereits ein TanDEM-X genanntes Missionsszenario untersucht. Dabei würde ein fast baugleicher Satellit in nur einigen hundert Metern Abstand zu TerraSAR-X fliegen und sowohl autonome wie auch gemeinsame Beobachtungen – in Zusammenarbeit mit seinem Vorgänger – durchführen. Sollte TanDEM-X realisiert werden, würde dieser Satellit wieder öffentlich-privat kofinanziert werden.

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