Teleskop Kepler mit technischen Problemen

Der Exoplaneten-Jäger der US-amerikanischen Raumfahrbehörde NASA, das Weltraumteleskop Kepler, kämpft offenbar seit mehreren Tagen erneut mit einem technischen Defekt eines seiner Gyroskope. Diese, für die Lageregelung der Raumsonde zuständigen Drallräder waren in den letzten Monaten schon mehrmals Grund zur Sorge für das Kelper-Bodenteam.

Ein Beitrag von Michael Clormann. Quelle: NASA, NASAwatch.com, Raumcon. Vertont von Peter Rittinger.

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Aufbau des Weltraumteleskops Kepler. Unten links die betroffenen Gyroskope („reaction wheels“).
(Bild: NASA)

Bereits im Sommer vergangenen Jahres, am 14. Juli 2012, war das Gyroskop 2 im „Attitude and Determination Control Subsystem“ (ADCS) an Bord Keplers endgültig ausgefallen und musste abgeschaltet werden. Zu diesem Zweipunkt ergaben sich für den wissenschaftlichen Missionsbetrieb des Teleskops noch keine gravierenden Konsequenzen, da durch insgesamt vier Gyroskope eine ausreichend hohe Redundanz für einen einzelnen Ausfall gewährleistet war. Vom 17. bis zum 28. Januar 2013 fiel zusätzlich das stabilisierende Schwungrad 4 aus, welches nach einer vorübergehenden Abschaltung jedoch vorläufig wieder in Betrieb genommen werden konnte.

Am vergangenen Dienstag wurde nun entdeckt, dass sich im Laufe der Woche erneut eine Komplikation mit diesem, inzwischen als „Problemkind“ bekannten, Gyroskop ergeben hatte. Diese hat, wie schon andere Störfälle zuvor, zu einem automatischen Umschalten des Raumfahrzeugs in den triebswerksgestützten Sicherheitsmodus geführt. In diesem Modus werden sämtliche nötigen Korrekturen in der Raumorientierung Keplers durch die Triebwerke ausgeführt, um die gyroskopische Lageregelung vorübergehend zu ersetzen. Zusätzlich wird das etwa eine Tonne schwere Teleskop frontal zur Sonne ausgerichtet und in eine langsame Rotation um die Längsachse versetzt. Dies dient sowohl der Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung durch die Solarpanele, als auch der regelmäßigen Boden-Kommunikation etwa mit dem Deep Space Network (DSN) der NASA. Weiterhin werden sekundäre Systeme, etwa die für die genaue Lageerkennung nötigen „star tracker“, abgeschaltet.

Da sich Gyroskop 4 bisher wohl nicht wieder in Betrieb setzen ließ, stellt man sich bei der NASA offenbar auf einen mittelfristigen Betrieb im „Triebwerks-Modus“ ein. Das zentrale Problem hierbei ist, dass in dieser Konfiguration keine hochpräzise Ausrichtung Keplers möglich ist, wie sie die Suche nach Exoplaneten-Transits notwendig macht. Kepler erspähte diese bisher durch die winzige Veränderung in der Strahlungsintensität ferner Sterne, die der Vorbeiflug des jeweiligen Planeten verursacht. Weiterhin steigt der Treibstoffverbrauch zur Lageregelung stark an, was die Lebensdauer der Sonde auf mehrere Monate bis wenige Jahre reduzieren dürfte.

In den nächsten Tagen und Wochen will die NASA intensiv über Möglichkeiten zur „Rettung“ Keplers im Bezug auf seine bisherigen Missionsparameter nachdenken. Sollte dies nicht gelingen, wurde schon über alternative Einsatzmöglichkeiten der Raumsonde, etwa in der Beobachtung erdnaher Objekte (NEOs), spekuliert. Wenn beide Perspektiven sich nicht als vielversprechend herausstellen sollten, würde das im März 2009 gestartete Teleskop vermutlich bereits kurz nach seiner minimal veranschlagten Missionsdauer, bis November 2012, endgültig verloren gegeben. Dies gilt umso mehr, als erst vor zwei Wochen Haushaltskürzungen in den USA in Aussicht gestellt wurde, die unter anderem auch die US-Raumfahrt betreffen werden. Eigentlich wollte man die Beobachtungen mit Kepler bis mindestens 2016 fortführen.

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Keplers erste Gesamtaufnahme. Gut zu erkennen sind die Bildausschnitte der einzelnen CCD-Elemente.
(Bild: NASA)

Bisher konnten immerhin fast 3.000 wahrscheinliche Planeten ausgemacht werden, die fremde Sterne in unserer heimischen Milchstraße umkreisen. Mehrere Dutzend von ihnen konnte Kepler mit Sicherheit bestätigen, während die Übrigen noch zukünftiger Verifikation bedürfen. Insgesamt bestätigten seine Beobachtungen vorher umstrittene Theorien über die vielfache Existenz von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems: sie scheinen möglicherweise eher die Regel als die Ausnahme in kosmisch relativ nahegelegenen Sternensystemen zu sein.

Das Weltraumteleskop nimmt sie von einem Sonnenorbit aus unter die Lupe, der dem der Erde sehr ähnlich ist. Kepler fliegt auf seiner Bahn um unser Zentralgestirn bislang sozusagen im „Windschatten“ des blauen Planeten. Diese Umlaufbahn minimiert störende Effekte, wie sie etwa in einem Erdorbit auftreten würden und ermöglicht zugleich ein immer freies Blickfeld auf die anvisierte Raumregion.

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