Nach einem vor kurzem durchgeführten Softwareupdate trat während der Ausführung eines Routinemanövers an Bord des Kommunikationssatelliten Anik F2 eine Anomalie auf, in deren Folge sich der Satellit in einen Sicherheitsmodus versetzte, bei dem seine Kommunikationsnutzlast abgeschaltet ist.
Quelle: Boeing, Canadian Business, Northwestel, Telesat.
Der am 18. Juli 2004 auf einer Ariane-5-Rakete von Kourou in Französisch-Guayana aus in den Weltraum transportierte Kommunikationssatellit Anik F2 mit einer Startmasse von rund 5.950 Kilogramm dient seinem Betreiber Telesat aus dem kanadischen Ottawa insbesondere zur Versorgung von Kunden in bestimmten Gebieten Kanadas und der Vereinigten Staaten von Amerika mit einer großen Bandbreite von Kommunikationsdiensten wie Internet und Mobiltelefonie. Der mit 24 C-Band-, 32 Ku-Band-, 38 Ka-Band- und einer Reihe von Reserve-Transpondern ausgerüstete, von Boeing basierend auf der Plattform BSS-702 gebaute Satellit ist im Geostationären Orbit bei 111,1 Grad West positioniert. Dort führte am 6. Oktober 2011 gegen 12:36 Uhr MESZ ein Softwarefehler beim Ausführen eines Routinemanövers zur Abschaltung der Kommunikationsnutzlast und einer geänderten Ausrichtung des Satelliten. Der Satellit richtete sich so Richtung Sonne aus, dass auf jeden Fall eine sichere Stromversorgung durch die beiden Solarzellenausleger des Satelliten ermöglicht wurde und die Ladung der Akkumulatoren an Bord sichergestellt war, und wartete auf Kommandos von einer Bodenstation.
Für die Nutzer bedeutete die Abschaltung der Kommunikationsnutzlast eine mehrstündige Unterbrechung einer Reihe unterschiedlicher Kommunikationsverbindungen.
Einige ländliche Regionen im Norden Kanadas verloren so gut wie jede Kommunikationsmöglichkeit. Laut Northwestel, einem kanadischen Telekommunikationsprovider, waren insgesamt 39 via Satellit versorgte Gemeinden in den nordwestlichen Gebieten und in Nunavut betroffen. In Iqaluit, der Hauptstadt des kanadischen Territoriums Nunavut, war das DSL-Netzwerk von der Außenwelt abgeschnitten. Rund 7.800 Kunden von Bell Aliant, einem anderen kanadischen Telekommunikationsprovider, waren im Norden Ontarios und im Norden Quebecs mit Unterbrechungen von Telefonfernverbindungen und Fernsehprogrammen konfrontiert.
Zahlreiche Flüge wurden wegen fehlender Kommunikationsverbindungen zur Betriebsorganisation gestrichen. So musste beispielsweise die kanadische Fluggesellschaft First Air 48 Flüge absagen. Canadian Business berichtete, dass Kommunikationskanäle zu Bohrplattformen auf See ausfielen, und durch bereitgehaltene Technik zur Notfallkommunikation ersetzt werden mussten.
Telesat teilte am 7. Oktober 2011 mit, dass man im Verlauf des Abends des 6. Oktober und in der darauf folgenden Nacht die auf Anik F2 etablierten Dienste wieder aktivieren konnte. Bei Telesat führt man die Probleme des Satelliten auf Code in einem Softwareupdate zurück, das der Hersteller des Satelliten vor Kurzem bereitgestellt habe. Die Software aus diesem speziellen Update kommt laut Telesat aktuell nicht zum Einsatz.
Der Vorfall könnte Anlass bieten, die Kommunikationseinrichtungen im Norden Kanadas mit ausreichenden Redundanzen zu versehen. Einzelne wichtige Verbindungen sollten nicht vom unterbrechungsfreien Funktionieren eines einzelnen Satelliten abhängig sein. In einem aktuellen kanadischen Regierungsgutachten werden die Kommunikationsverbindungen im Norden des Landes laut Canadian Business als zerbrechlich bezeichnet.
Anik F2 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 28.378 bzw. als COSPAR-Objekt 2004-027A. Anik ist ein Inuktitut-Wort, also eines in der Sprache der Inuit in Nordostkanada, und steht für „kleiner Bruder“.