In den frühen Morgenstunden des 21. Juni 2010 begann die Mission des Radarsatelliten TanDEM-X. Der Satellit wurde an Bord einer Dnepr-Rakete für das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) und die Astrium GmbH in den Weltraum transportiert.
Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: Astrium, DLR, Roskosmos.
Der Start der konvertierten ehemaligen Interkontinentalrakete vom Typ Dnepr erfolgte um 4:14 Uhr MESZ, vor Ort im kasachischen Baikonur war es 8:14 Uhr, als die Rakete aus ihrem Silo kam. Nachdem ein Schwarzpulvertreibsatz die ukrainisch-russische Rakete aus dem Silo der Startanlage 109/95 gedrückt hatte, zündete in rund zwanzig Metern Höhe die erste Stufe der Rakete. Das dreistufige, flüssigkeitsgetriebene Projektil spulte das vorgesehene Flugprogramm wie vorgesehen ab und setzte den Satelliten vierzehn Minuten später auf einer Umlaufbahn um die Erde aus.
Der erste Kontakt mit dem autonom fliegenden Satelliten mit einer Startmasse von 1.340 kg gelang um 4:45 Uhr MESZ der Bodenstation Troll in der Antarktis, obwohl der Satellit für die Station nur etwa 7 Grad über dem Horizont zu sehen war. Auf der geplanten sonnensynchronen Bahn in durchschnittlich 514 Kilometern über der Erde und mit einer Bahnneigung von 97,4 Grad gegen den Äquator soll sich TanDEM-X mindestens fünf Jahre einsetzen lassen. Das rund fünf Meter lange im Querschnitt sechseckige Raumfahrzeug mit einem größten Durchmesser von etwa 2,4 Metern hat die Aufgabe, die gesamte Landoberfläche der Erde mit seiner an Bord befindlichen Radaranlage abzutasten. Zur Erhöhung der Genauigkeit und zur Erfassung zusätzlicher Daten ist eine Zusammenarbeit von TanDEM-X mit dem am 15. Juni 2007 in den Weltraum transportierten Radarsatelliten TerraSAR-X vorgesehen.
Zusammen können die beiden von Astrium in Friedrichshafen gebauten, auf dem Flexbus basierenden Zwillingssatelliten in maximal drei Jahren alle Landmassen mit einer Fläche von insgesamt rund 150 Millionen Quadratkilometern unabhängig von Licht- und Wetterverhältnissen vermessen. Die vertikale Auflösung liegt dabei im Bereich von zwei Metern, die Abtastung erfolgt in zwölf Meter breiten Streifen. Um der Aufgabe, ein neues, hochgenaues digitales Höhenmodell der Erdoberfläche zu erstellen, gerecht werden zu können, müssen TanDEM-X und TerraSAR-X in teilweise sehr engem Formationsflug zusammenarbeiten. Dabei wird der Abstand zwischen den beiden Satelliten zwischen einigen Kilometern und rund 200 Metern variiert.
Damit die jeweils gewünschte Entfernung zwischen den beiden Satelliten zuverlässig eingestellt und die Formation wie geplant geflogen werden kann, wurde TanDEM-X im Unterschied zu TerraSAR-X zusätzlich mit einem Kaltgastriebwerkssystem ausgestattet. Dieses ermöglicht es, sehr fein einstellbare Schubstöße anzugeben, dabei wird unter Druck stehendes Stickstoffgas ausgestoßen. Eine regelmäßige Bahnanpassung ist erforderlich, da sich die beiden Raumfahrzeuge sonst voneinander entfernen. Aus Sicherheitsgründen sind ihre Bahnen so entworfen, um im Falle des Verlusts der Kapazität zur aktiven Bahnbeeinflussung eine Kollision zu vermeiden.
Das Hauptinstrument von TanDEM-X ist ein im X-Band-Bereich bei 9,65 Gigahertz arbeitendes Radargerät mit synthetischer Apertur (SAR). Die Antennenanlage dieses Geräts besitzt keine beweglichen Teile und wird selbst ebenfalls nicht bewegt. Sie benutzt 384 horizontale sowie 384 vertikale einzelne Strahler und wurde von Haberer SpaceTec in Bad Wurzach gebaut. Für eine Zwischenspeicherung von Daten an Bord des Satelliten gibt es dort 768 Gigabit Speicherkapazität, die in Halbleiterlaufwerkstechnik realisiert wurde. Zur Erde gesendet werden die Daten von TanDEM-X über eine X-Band-Antenne, deren Antennenhorn sich an einem im ausgefahrenen Zustand 3,3 Meter langen Mast befindet. Nach Angaben des DLR handelt es sich bei dem Antennenmast um das einzige bewegliche Teil des Satelliten.
Empfangen werden die Daten von TanDEM-X und TerraSAR-X auf der Erde von einem Netz aus Bodenstationen im mecklenburgischen Neustrelitz, im schwedischen Kiruna, im kanadischen Inuvik und in der Antarktis in O’Higgins. Dabei kümmert sich Neustrelitz schwerpunktmäßig um den Empfang von TerraSAR-X, die Stationen in den polaren Regionen um den Empfang von TanDEM-X. Im Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR in Oberpfaffenhofen werden aus den Daten Höhenmodelle erzeugt, zunächst in Rohversionen, dann in kalibrierten Varianten. Ein erstes vollständiges digitales Höhenmodell aller Landmassen auf der Erde wird vermutlich in rund vier Jahren zur Verfügung stehen und etwa 15 Terabyte Daten beinhalten.
Über ein Tochterunternehmen von EADS Astrium, die Infoterra GmbH, können kommerzielle Nutzer auf Daten des Höhenmodells zugreifen, die unter Berücksichtigung von Kundenanforderungen bei Infoterra nach Bedarf veredelt und bearbeitet werden.
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