Symposium zu privater und kommerzieller Raumfahrt

Ein internationales Symposium zur „persönlichen“ und kommerziellen Raumfahrt fand vom Mittwoch bis Donnerstag letzter Woche in Las Cruces, USA statt.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: NewSpaceWatch.

Vor vollen Rängen kamen Vertreter privater Unternehmen, staatlicher Organisationen und Politiker zu Wort. Dabei zeigte sich, welche Vielfalt insbesondere der private Sektor in den letzten Jahren entwickelt hat.
Lori Garver (NASA) äußerte, die NASA werde auch in Zukunft eine große Rolle spielen, sehe aber auch die wachsende Bedeutung kommerzieller Unternehmungen. Die NASA könne da unterstützen, indem sie den Wettbewerb fördere, wo immer dies möglich sei und Innovationen befördere. Dabei nannte sie ein suborbitales Forschungsprogramm und die Mitnahme und Betreuung von Nutzlasten aus der Industrie beispielsweise an Bord der Internationalen Raumstation. Zusätzlich werde die NASA Preise für bestimmte Ziele ausloben und innovative Programme wie NIAC erneuern. Um mit privaten Innovationen mithalten zu können, müsse man zudem effizienter arbeiten und in Zeiten knapper Kassen verstärkt mit der Industrie kooperieren.

Robert Dickman, Direktor des American Institute of Aeronautics and Astronautics (AIAA, USA), äußerte sich in einigen Belangen skeptischer. Es gäbe wenig Interesse an einer Rückkehr zum Mond, die Öffentlichkeit sei derzeit allgemein wenig enthusiastisch in puncto Raumfahrt. Die Entwicklung des SLS dauere lange, sie würde kaum vor 2040 einsatzbereit sein, zudem zweifle er an einer anhaltenden politischen Unterstützung langfristiger Programme wie einer Probenrückführung vom Mars. Auf Nachfragen gab er an, er würde SLS aufschieben, die Prioritäten neu setzen. Dazu gehöre zunächst, dass die USA wieder in der Lage seien, Menschen ins All zu bringen. Hier sollten die privaten Bewerber stärkere Unterstützung erfahren. Mit der Aussetzung eines Preises von 1 oder 2 Milliarden US-Dollar für eine Marsgesteinsmission könne man wohl schneller mehr erreichen als mit staatlichen Programmen zu weit höheren Kosten. Außerdem würde er nicht nur auf ein Pferd setzen, sondern sicherheitshalber zwei, drei oder sogar vier Anbieter fördern.

Am Mittwoch Nachmittag kamen die „Suborbitalen“ zu Wort. Hier herrschte einerseits Zuversicht, die gesteckten Ziele innerhalb relativ überschaubarer Zeit zu erreichen, andererseits aber Ungewissheit über die Marktchancen. Erika Wagner von Blue Origin sagte, bemannte Raumfahrt genieße in ihrer Firma Top-Priorität, müsse aber über Regierungsaufträge hinausgehen. Carolyn Wincer von Virgin Galactic wies darauf hin, dass es derzeit zu früh sei, den „durchschnittlichen“ Kunden zu beschreiben, 540 Kandidaten seien eine zu geringe Basis. Die Bandbreite der Frühbucher reiche von finanzkräftigen Leuten bis zu Menschen, die Haus und Hof verpfändet hätten, um mit SpaceShip Two ins All fliegen zu können.

Nach der Pause beschrieb Chefpilot David Mackay (Virgin Galactic) den Ablauf einer typischen Mission. Zudem machte er Angaben zu medizinischen und sonstigen Voraussetzungen für die Teilnahme an einem Flug. An Bord des SS2 würden während des Fluges keine Raumanzüge getragen, da manch einer diese als (klaustrophobisch) beengend empfinde. Zudem würde SS2 nicht „per Draht“ geflogen sondern die Steuerflächen direkt mit Hebeln bedient. Dies erfordere von den Piloten eine höhere Belastung, weshalb man hier auf große Erfahrung achte. Für Parabelflüge muss das Trägerflugzeug WhiteKnight Two speziell zertifiziert werden.

Danach ging man zu privaten Anbietern orbitaler Raumflüge über. Chris Ferguson von Boeing ging auf den zu erwartenden aber nicht sicheren Markt von bemannten Raumflügen jenseits der NASA-Aufträge ein. Atlas V und CST 100 seien dafür ein leistungsstarkes Duo. Während jeder Phase des Fluges könne abgebrochen werden, bei Geschwindigkeiten über Mach 10 würden spezielle Landeplätze eingerichtet. Gegenwärtig sei man auch auf der Suche nach einem leichten und kompakten Raumanzug für kritische Missionen eines Fluges. Für die NASA seien sie Bedingung. Roger Krone sprach zudem am Donnerstag vormittag. Ein erster bemannter Flug sei für Anfang 2016 geplant. Zielstellung des Engagements sei eine Verbreiterung der Nutzanwendungen von Forschung, Entwicklung und Erkundung heute hin zu Bergbau, Produktion und Reisen im All. Betont wurde auch die Zusammenarbeit mit Bigelow. Allerdings sei für eine wirklich breite Anwendung der Raumfahrt die Entwicklung besserer Transportsysteme ins All erfoderlich. In diesem Zusammenhang sprach er von der „Tyrranei der Raketengleichung“.

Garrett Reisman von SpaceX wurde ebenfalls konkret. Einen ersten Abbruchtest vom Startplatz plane man für Ende 2013, einen weiteren mitten im Flug (bei maximaler Belastung) für April 2014. Den ersten bemannten Flug eines Dragon-Raumschiffes sehe man für Mai 2015 vor. Ende Oktober wolle man bereits den dritten Meilenstein auf dem Weg dorthin schaffen. Der niedrige Erdorbit sei allerdings nur der erste Schritt. SpaceX sei gegründet worden, um der Menschheit interplanetare Reisen zu ermöglichen.

Zurück im aktuellen Geschehen teilte Reisman weiter mit, man plane die Herstellung komfortabler Raumanzüge, Piloten würden bei SpaceX umfangreich ausgebildet, weitere Teilnehmer an Raumflügen erhielten hingegen nur eine kurze Einweisung. Ohnehin werde im Unterschied zum Space Shuttle der Dragon Rider einen hoher Grad an Automatisierung bieten. Zudem halte man weiter an einer triebwerksgestützten Landung des Raumschiffes fest. Am Donnerstag beschrieb er des Weiteren die Firmenstruktur, Produktions- und Teststandorte sowie Verträge.

Mark Sirangelo von Sierra Nevada betonte, dass der Dream Chaser auf der Arbeit mehrerer Jahrzehnte in Russland und bei der NASA beruhe. Er beschrieb den geplanten Ablauf einer Mission, bei deren Rückkehr Beschleunigungen von lediglich 1,5 bis 1,7 g (g = 9,81 m/s²) aufträten. Unabhängig von einem Kopplungsziel könne der Dream Chaser mit einer siebenköpfigen Besatzung 4 Tage im All operieren.

Am Nachmittag kamen noch Vertreter weiterer Firmen zu Wort. Clay Mowry von Arianespace betonte das Potenzial der Vega, kleinere Nutzlasten schnell und kostengünstig ins All zu transportieren. Steve Isakowitz von Virgin Galactic stellte das Konzept von LauncherOne vor, mit dem bis zu 200 kg in einen sonnensynchronen Orbit gelangen sollen. Rich Pournelle von NanoRacks stellte Entwicklungen aus seinem Hause vor. Derzeit seien drei Forschungsplattformen in der ISS installiert. Mit Dragon stehe zudem ein Transportsystem zur Verfügung, welches zeitnah, Forschungsergebnisse zurück zur Erde bringen könne. Für die nächste Zeit sei auch eine Außenplattform von NanoRacks für die ISS in Planung. Gegenwärtig betrage die Durchschnittszeit von der Vertragsunterzeichnung bis zum Transport eines Experimentes ins All lediglich 8,5 Monate. Auch Schüler und Studenten hätten mittlerweile Zugang zur Forschungsplattform im All. Dies läge auch an Änderungen bei der NASA.

Schließlich stellte Andrew Nelson von XCOR Aerospace Fortschritte beim Projekt Lynx vor. Am Vortage hatte es einen erfolgreichen Test des Triebwerks gegeben. Nun plane man den ersten Testflug des suborbitalen Raumgleiters für Anfang nächsten Jahres. Nach der Testphase wolle man seine Dienste überall auf der Welt anbieten. Am Rande der Veranstaltung konnte man dann auch ein 1:1-Modell des Lynx betrachten.

Wenige Tage nach der Veranstaltung konnte Virgin Galactic den Einbau eines ersten Triebwerkes in SpaceShip Two vermelden. Optimismus und Erfolge also an allen Fronten.

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