Einst als Kernmodul des Mir-Nachfolgers geplant, ist das dritte Modul der ISS, Swesda, in der Station das Zuhause der Kosmonauten und in den ersten Jahren auch der Astronauten. Außerdem ist es ihr Cockpit.
Autor: Daniel Maurat
Das dritte Modul der ISS, DOS 8 Swesda (russ. Звезда für Stern), ist das Hirn und ein Schlafzimmer der ISS. Hier essen, schlafen (nur zwei Besatzungsmitglieder), trainieren und leben die verschiedenen Besatzungsmitglieder der ISS, aber von hier aus werden auch Station und unbemannte Progress-Frachter gesteuert. Swesda kann die ISS auf eine höhere Bahn beschleunigen und hat am Heck einen Kopplungsstutzen für Sojus– und Progress-Raumschiffe sowie für das europäische ATV.
Entwicklung und Bau
Die Geschichte von Swesda beginnt mit DOS 1 (russ Долговременная oрбитальная станция, Dolgowremenaja Orbitalnaja Stanzija für Langzeit-Orbitalstation) beziehungsweise Saljut 1, der ersten Sation überhaupt. Genauso wie Saljut 4, 6, 7 und das Kernmodul der Mir ist Swesda eine Weiterentwicklung von Sajlut 1. Geplant war eingentlich, DOS 8 Swesda als Kern der als Mir-Nachfolger geplanten Mir 2 zu benutzen, die fehlenden Ressourcen nach dem Ende der UdSSR und die Teilnahme am ISS-Programm machten Swesda aber zu einem wichtigen Teil der ISS. Gebaut wurde das Modul von RKK Energija, früher das Konstruktionsbüro OKB 1 von Sergej Koroljow, dem großen russischen Raketenkonstrukteur. Durch die desaströse Geld- und Versorgungslage in Russland der 1990er Jahre verschob sich der ursprünglich für 1999 geplante Start auf das Jahr 2000. Zudem gab es (im Gegensatz zu Sarja) kein Backup-Modul für den Fall eines Fehlstarts.
Aufbau
Swesda besteht aus drei Teilen: Dem kugelförmigen Kopfteil (mit Kopplungsstutzen), dem zylindrischen Hauptbereich (Wohn- und Navigationsteil) und dem ebenso zylindrischen Heckabteil. Letzteres ist hermetisch verschließbar, kann als Luftschleuse für Außenbordarbeiten oder als Kopplungspunkt für Sojus, Progress und ATV verwendet werden und bietet darüber hinaus auch etwas Stauraum. Mit Strom versorgt wird Swesda über zwei wie bei Sarja 3,3 Metern breiten aber mit 29,7 Metern längeren Solarzellenflächen, unter anderem für den Betrieb des in Deutschland gebaute Datenmanagementsystem DMS-R, des Sauerstoffgenerators „Elektron“ oder des Kohlenstoffdioxid-Absorbers „Wosduch“ (russ. für Atem), um nur ein paar Beispiele zu nennen. Befestigt sind sie am mittleren Teil von Swesda.
Für Andockmanöver hat das Modul vier Kopplungsstutzen: drei passive „SSWP-M 8000“ für neue Module an Nadir (zur Erde gerichtet, z.Z. belegt von Pirs), Zenit (von der Erde weggerichtet, z.Z. besetzt von Poisk) und am Bug (in Flugrichtung, z.Z. besetzt von Sarja), sowie einen passiven „SSWP-G 4000“ am Heck, an dem Sojus, Progress und das europäische ATV andocken können. Über alle Kopplungsstutzen lassen sich Luft, Sauerstoff, Wasser und Treibstoff in die Station und Abwasser aus der Station pumpen. Die Frachtraumschiffe dienen außerdem der Abfallentsorgung.
Am Heck von Swesda befinden sich zwei Triebwerke für Bahnanhebungen der ISS. Über das Modul verteilt sind 36 Lageregelungstriebwerke, welche die Orientierung der Station im Raum ändern und stabilisieren können. Im Modul gibt es außerdem zwei Schlafkojen, ein Laufband, eine Fahrradergometer, einen Tisch, einen Wasserspender für warmes und heißes Wasser, das der vakuumgetrockneten und -verpackten Nahrung zugegeben wird, einen „Herd“ zum Aufwärmen von Dosennahrung, einen Kühlschrank, eine Bordtoilette sowie die Bedienkonsolen für die Steuerung der ISS und das System „TORU“, mit den man von der Station aus Progress-Versorgungsraumschiffe steuern kann. Außerdem verfügt Swesda über 9 Fenster, die den Blick in fast alle Richtungen erlauben.
Im Orbit
Vom Kosmodrom Baikonur aus startete Swesda an der Spitze einer Proton-K am 12. Juli 2000 ins All zur damals aus PMA 2, Unity, PMA 1 und Sarja bestehenden ISS. Nach einigen Bahnkorrekturen dockte sie am 26. Juli 2000 an Sarja an. (Eigentlich dockte Sarja an Swesda an, da sie aktiv flog und den aktiven Kopplungsstutzen besaß.)
In den nächsten Tagen übernahmen die Bordrechner von Swesda langsam die Aufgaben, die zuvor die Bordcomputer in Sarja ausgeführt haben, also Steuerung, Raumlage, Energiehaushalt usw. Nacheinander dockten 2001 an Swesda Nadir das Docking- und Schleusenmodul Pirs an, sowie 2009 am Zenit-Kopplungsknoten das mit Pirs baugleiche Modul Poisk (MIM 2) an. Später soll Pirs abgekoppelt werden und in der Atmosphäre verglühen, um für das MLM Nauka, dem Backupmodul von Sarja, Platz zu machen.
Geplant war eigentlich, an Swesda-Nadir das UDM (Universelles Dockingmodul), ein Modul mit bis zu sechs Andockvorrichtungen und an Zenit die NEP (Wissenschaftliche Energieplattform) anzukoppeln. Beide aber wurden aus verschiedenen Gründen gestrichen. Das Druckmodul der NEP wurde 2010 als Rasswjet an Sarja installiert. Die Stelle des UDM nimmt nun das Mehrzweckmodul Naúka (MLM) ein.
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