Studie für zukünftige Titan-Saturn-System-Mission

Gestern wurden zwei internationale Studien veröffentlicht, die sich mit zukünftigen Missionen zu den Gasriesen Saturn und Jupiter sowie ihren Monden beschäftigen. NASA und ESA wollen dabei eng zusammenarbeiten.

Ein Beitrag von Günther Glatzel und Daniel Schiller. Quelle: NASA/ESA.

Die Saturn-Mission läuft unter der Projektbezeichnung Titan Saturn System Mission und besteht aus einem Orbiter, einer Ballonsonde und einem Lander. Die beiden letztgenannten Komponenten sollen den Saturnmond Titan untersuchen, während der Orbiter zunächst den Saturn und seine Monde, dabei speziell Enceladus und Titan aufs Korn nimmt und später in einen Titanorbit einschwenkt, um weitere Forschungen vorzunehmen.

Die Studie, die am 16. Januar von Vertretern der NASA und der ESA unterzeichnet wurde, ist bereits recht detailliert ausgearbeitet. So liefert die NASA den größten Teil der Orbiterkomponenten und die Energieversorgung für die Ballonsonde. Die ESA baut die Ballonsonde und den Lander und steuert einige Geräte für den Orbiter bei. Der Start könnte im Zeitraum 2018 bis 2022 erfolgen, die angepeilte Idealmarke liegt im Jahre 2020. Bis dahin gibt es aber noch viel zu tun.

NASA/ESA
Geplanter TSSM-Orbiter am Ringplaneten und dessen größtem Mond
(Bild: NASA/ESA)

Das Gesamtsystem (6.203 kg) soll mit einer Atlas-V-Trägerrakete gestartet und mittels Gravitation innerer Planeten weiter beschleunigt werden. Der Jupiter steht leider nicht mehr als beschleunigende Gravitationsquelle zur Verfügung, da er mittlerweile ungünstig für eine Flugbahn zum Saturn positioniert ist. Stattdessen wird TSSM mit einem solarelektrischen Antriebssystem ausgerüstet. Diese SEP genannte Antriebsstufe verfügt über einen Ionenantrieb und entfaltbare Solarzellenmodule, die aus der Orion-Entwicklung entlehnt werden. Sie liefern etwa 7,5 kW elektrische Leistung und versetzen den elektrischen Antrieb in die Lage, aus 451 kg Xenon insgesamt 2,7 km/s Geschwindigkeitsanstieg zu gewinnen. Nach 5 Jahren Flugzeit wird das Antriebsmodul abgekoppelt, da es in größerer Entfernung zur Sonne nicht mehr genug Energie aus Sonnenlicht gewinnen könnte. Danach wurde auch der Treibstoffvorrat berechnet.

ESA/NASA
Die Ballonsonde führt in der Titanatmospäre Messungen aus.
(Bild: ESA/NASA)

Am Saturn angekommen wird mit chemischen Triebwerken (2,5 t Treibstoff für 2,4 km/s Geschwindigkeitsabbau) und aerodynamischer Abbremsung durch die Gashülle verlangsamt. TSSM gelangt dadurch zunächst in einen Saturnorbit und gewinnt bei verschiedenen Vorbeiflügen Daten einiger Saturnmonde. Der Planet selbst wird natürlich auch eingehend untersucht. Dafür stehen eine Kombination aus Infrarot-Kamera und -Spektrometer, ein Bodenuntersuchungs- und Abstandsmessungsradar, ein Massenspektrometer für Gasuntersuchungen, ein Mikrowellen-Spektrometer für Wind- und Temperaturmessungen, ein Infrarot-Spektrometer für Gasanalysen, ein Magnetometer, ein Partikel-Spektrometer, ein Plasma-Spektrometer und ein leistungsfähiges Funksystem zur Verfügung. Speziell mit den Spektrometern lassen sich auch Temperaturprofile, Aerosolverteilung sowie die Häufigkeiten bzw. Konzentrationen bestimmter organischer und anorganischer Gase in der Atmosphäre mit hoher Genauigkeit erfassen. Das Radar kann im „Bodenmodus“ auch reflektierende Schichten unter der Oberfläche von Himmelskörpern detektieren.

Bereits während der Saturn-Tour sollen bei sehr nahen Vorbeiflügen an Enceladus und Titan die Gase der oberen Atmosphären analysiert werden können. Insbesondere Enceladus gibt hier ja enorme Rätsel auf. Bei der ersten Titanpassage soll außerdem die Ballonsonde und bei der zweiten der Lander abgeworfen werden. Sie werden durch die Atmosphäre des Saturnmondes aerodynamisch gebremst. Vor der dabei entstehenden Hitze sind sie durch entsprechende Schilde geschützt.

Die Ballonsonde soll 6 Monate lang in etwa 10 Kilometern Höhe äquatornah in der Titanatmosphäre treiben und chemische sowie physikalische Parameter sammeln und übermitteln. Zur Energieversorgung verfügt sie über einen thermischen Radioisotopengenerator, der eine Leistung von etwa 1,7 kW liefert. Die wissenschaftliche Ausrüstung umfasst Mikrowellenspektrometer, Kamerasystem, eine meteorologische Station, ein Massenspektrometer zur Gasanalyse sowie Magnetometer und ein Gerät zur Erfassung elektrischer Umweltphänomene (wie Blitze). Der Ballon soll einen Durchmesser von 10,50 m haben.

ESA/NASA
Der Lander ist eigentlich als „Schwimmer“ geplant, soll aber auch auf steinigem Boden Fuß fassen können.
(Bild: ESA/NASA)

Der Lander soll in einem Feuchtgebiet auf der Nordhalbkugel niedergehen. Er verfügt lediglich über eine Batterie zur Energieversorgung und damit nur über eine eng begrenzte Funktionsdauer von etwa 9 Stunden. Zur wissenschaftlichen Ausrüstung sollen ein chemisches Analyselabor, ein Akkustiksensor, ein Magnetometer, eine Kamera mit eigenem Scheinwerfer sowie Geräte zur Atmosphären- und Wetterforschung und zur Bestimmung physikalischer Oberflächeneigenschaften gehören.

Das Gesamtsystem ist ein beeindruckendes Vorhaben. Die Hauptziele, die in der Studie angegeben werden, sind die Erforschung des Titan-Systems in seiner Gänze, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu unserem Heimatplaneten darstellen zu können, die Untersuchung organischer Komponenten auf dem Titan mit der Möglichkeit, präbiotische Substanzen zu finden sowie die detaillierte Erfassung der Magnetosphären des Gasplaneten Saturn und seines rätselhaften Trabanten Enceladus.

Nach neunjährigem Flug würden die ersten beiden Jahre der Naherkundung des Titans durch Ballonsonde und Lander sowie der Fernerkundung des Saturns und seiner Monde durch den Orbiter gehören. Danach würde der Orbiter weiter abgebremst und in einen Titanorbit gebracht werden. Von hier aus wären weitere, umfassende Untersuchungen möglich, die das Gesamtsystem Titan erfassen.

Das ambitionierte Vorhaben ist allerdings bisher nur eine Studie. Zumindest die beiden Raumfahrtadministrationen NASA und ESA haben sich bereits geeinigt. Die Finanzierung soll aus den auf beiden Seiten bestehenden Programmen vorgenommen werden. Analog zur Titan Saturn System Mission (TSSM) gibt es auch ein Konzept für eine Europa Jupiter System Mission (EJSM), die in Zusammenarbeit mit der ESA zwei Raumsonden zum größten Planeten unseres Sonnensystems auf den Weg bringen könnte.

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