STS-121 in Leicester

Raumfahrer.net war bei einer Raumfahrtveranstaltung in Leicester/Großbritannien und hatte Gelegenheit, leibhaftige Astronauten der STS-121-Crew zu befragen.

Autor: Kirsten Müller.

An zwei Raumflügen hat er bisher teilgenommen: 2002 an STS-112 und 2006 an STS-121. Nach jedem dieser Flüge hat er seinen Kollegen seine Heimat gezeigt: Der gebürtige Engländer Piers Sellers und drei seiner amerikanischen Kollegen, die vom 4. bis zum 17. Juli 2006 an der Space Shuttle-Mission STS-121 teilnahmen, unternahmen Ende November bis Anfang Dezember eine einwöchige Tour durch Grossbritannien. Unter anderem in Portsmouth, London, Leicester und Edinburgh berichteten sie Schülern und Erwachsenen über ihre Erfahrungen an Bord der Internationalen Raumstation (ISS). Mit diesen Besuchen hoffen sie, der Öffentlichkeit die Raumfahrt näherzubringen und das Interesse der Jugend an Naturwissenschaften zu stimulieren – auch in England gehen die Studentenzahlen für Naturwissenschaften zurück.

So fanden sich am 1. Dezember 2006 im National Space Center in Leicester die vier Astronauten Piers Sellers, Mark Kelly, Lisa Nowak und Stephanie Wilson. Raumfahrer.net hatte zusammen mit einigen anderen Journalisten die Möglichkeit, Mark Kelly und Lisa Nowak in einer kleinen Pressekonferenz einige Fragen zu stellen.

STS-121 hatte das Ziel, den ESA-Astronauten Thomas Reiter für einen Langzeitaufenthalt auf die ISS zu bringen und einiges an Fracht zwischen Space Shuttle und der Raumstation ausutauschen. Ausserdem haben die Astronauten Mike Fossum und Piers Sellers drei Aussenbordeinsätze (EVA) durchgeführt. Es wurden Reparaturen ausgeführt und ein neues Ersatzteil installiert (raumfahrer.net berichtete hier und hier). Während des dritten Aussenbordeinsatzes wurde probiert, kleine Beschädigungen an einer Tragfläche des Shuttle zu reparieren.

Auf die Frage nach dem Blick aus dem Fenster antworteten die Astronauten, sie seien während der ersten fünf Tage im Weltraum viel zu intensiv beschäftigt gewesen, um aus dem Fenster schauen zu können. Die Tage waren voll mit der Inspektion des Shuttle, dem Andockmanöver und den Aussenbordeinsätzen. Aber allein schon das Gefühl, zu schweben, hat ihnen grosse Freude bereitet und war eine einzigartige Erfahrung für sie.

Schlaf bekamen die Astronauten im Weltraum etwas mehr als auf der Erde. 8 Stunden Schlaf sind eingeplant. Mithilfe einer Art Armbanduhr, die die Bewegungen im Schlaf misst, stellte Lisa Nowak fest, dass sie während einer Nacht im Weltraum durchschnittlich 7 Stunden tatsächlich schlief – das war mehr Schlaf, als sie normalerweise auf der Erde kriegt. Grund dafür kann auch sein, dass die Arbeit im Weltraum körperlich ermüdet. Man schläft im Weltraum eingeklemmt mit Velcro-Gurten, sonst würde man davonschweben. Ob man „oben“ oder „unten“ schläft, macht bei der Schwerelosigkeit im Weltraum nichts aus. Viele Astronauten berichteten von dem Gefühl, im Schlaf zu „fallen“. Nowak und Kelly hatten damit jedoch keine Probleme.

Während eines Shuttle-Besuchs an der ISS schläft die Shuttle-Crew im Shuttle und die ISS-Crew in der Raumstation. Die Shuttle-Astronaten sind auch herzlich eingeladen, in der Raumstation zu übernachten, jedoch gestaltet sich das Hin- und Herschleppen der Schlafsäcke dann doch etwas unpraktisch.

Im Vergleich zu seinem ersten Flug STS-108, so wusste Mark Kelly zu berichten, war der Zeitplan bei STS-121 sehr eng gepackt. Bei zukünftigen Flügen wird das nicht anders sein. Besonders viel Zeit nehmen die Inspektionen der Raumfähre in Anspruch. Nach dem Columbia-Unglück 2003 wird während jeder Mission das Shuttle genauestens nach Schäden untersucht, die einer sicheren Landung im Weg stehen könnten. Mithilfe von Sensoren und Kameras kann man Aussenaufnahmen des Shuttle machen und diese zur Auswertung zur Erde senden. Vor dem Andocken an die ISS werden auch von der Raumstation aus Fotos gemacht und zur Erde geschickt, damit dort geschaut werden kann, ob alles in Ordnung ist.

Die erste Inspektion fand am zweiten Flugtag statt, die zweite am zwölften Tag. Jede Inspektion dauert etwa 10 Stunden. Manchmal bitten auch die Astronauten die Bodenkontrolle, sich einige Stellen noch etwas genauer anzuschauen.

Der Start am 4. Juli war der dritte Versuch. Lisa Nowak hatte schon am 1. Juli die Hoffnung: „endlich geht’s los“, war dann also enttäuscht, als es nicht klappte. Am 2. Juli ist noch nicht mal die ganze Startsequenz durchlaufen worden. „Anscheinend musste es doch unbedingt der 4. Juli, der amerikanische Unabhängigkeitstag, sein.“ Weil sie im Mitteldeck sass, konnte Lisa Nowak aber das Abtrennen der SRB (Solid Rocket Booster) nicht in echt, sondern nur später auf Video sehen.

Für Mark Kelly war STS-121 der zweite Besuch bei der Internationalen Raumstation. Man könne von aussen sehen, dass einige Teile neu dazu gekommen sind, ausserdem sei es in der Raumstation beim zweiten Mal ordentlicher gewesen. Über die Grösse der Raumstation meint Kelly, sie sei riesig. Jedoch teilt er nicht die Einschätzung mancher Leute, ihr inneres Volumen entspräche dem inneren Volumen einer Boeing 747. Allerdings sei es nicht möglich, sich am einen Ende abzustossen und mit dieser Schubkraft das andere Ende zu erreichen.

Bei der nächsten Mission wird „Stubby“ installiert werden, ein Stück, das zwischen zwei Sonnensegel montiert werden wird.

Die Astronauten haben später am Tag noch eine Präsentation für Schulklassen und eine für das allgemeine erwachsene Publikum gegeben, wobei sie eine DVD über die Mission zeigten und verschiedene Fragen beantworteten. Im grossen und ganzen war es interessant, allerdings war es schade, dass alles so straff durchorganisiert war und der Zeitplan leider sehr strikt eingehalten wurde.

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