Service-Mission SM3B

Am 1. März 2002 um 12:22 Uhr (MEZ) hob das Space Shuttle Columbia nach einer Generalüberholung zum ersten Mal seit 1999 wieder zu einem Einsatz in den Weltraum ab.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: NASA. Vertont von Dominik Mayer.

Das Weltraumteleskop Hubble nach Ende der Service-Mission 3B.
(Foto: NASA)
Das Weltraumteleskop Hubble nach Ende der Service-Mission 3B.
(Foto: NASA)

Am 1. März 2002 um 12:22 Uhr (MEZ) hob das Space Shuttle Columbia nach einer Generalüberholung zum ersten Mal seit 1999 wieder zu einem Einsatz in den Weltraum ab. Schon kurze Zeit später registrierte die Missionskontrolle einen reduzierten Druck in einem von zwei Kühlsystemen des Raumschiffs, der nur knapp über den zulässigen Mindestwerten lag. Nach einigen Stunden intensiver Beratung wurde entschieden, die Mission dennoch fortzuführen.
 
Zwei Tage später erreichte die Raumfähre das Weltraumteleskop und manövrierte es mit Hilfe des Roboterarms in die Ladebucht von Columbia, wo es mit bordeigenen Versorgungssystemen verbunden wurde. Einige Stunden später wurden die Solarpaneele von Hubble aufgerollt, um sie abmontieren und in der Ladebucht des Space Shuttle verstauen zu können. Am 4. März um 07:37 Uhr (MEZ) begann dann der erste von fünf Außeneinsätzen für die Columbia-Besatzung, in dessen Verlauf eines der beiden neuen Solarpaneele am Weltraumteleskop erfolgreich installiert wurde. Einen Tag später, am 5. März um 07:40 Uhr, wurde dann beim zweiten Außeneinsatz dieser Mission das andere Solarpaneel von Hubble ausgetauscht. Außerdem tauschten James Newman und Michael Massimino noch ein so genanntes Reaktionsrad erfolgreich aus, mit dessen Hilfe das Teleskop Lageveränderungen durchführt; obwohl zur Zeit voll funktionstüchtig wurde es ausgetauscht, da im letzten Jahr Anomalien bei diesem Bauteil aufgetreten waren.

Größenvergleich der alten und neuen Solarpaneele von Hubble.
(Grafik: NASA)
Größenvergleich der alten und neuen Solarpaneele von Hubble.
(Grafik: NASA)

Der Austausch der Solarpaneele war notwendig geworden, da die bei der ersten Service-Mission im Dezember 1993 angebrachten Exemplare aufgrund natürlicher Alterungsprozesse mittlerweile nicht mehr genug Strom lieferten, um den nach Abschluss dieser Wartungsmission durch die neuen Beobachtungsinstrumente gestiegenen Energiebedarf von Hubble abzudecken. Während die nun abmontierten Solarpaneele eine flexible Struktur aufwiesen – weshalb sie ähnlich wie eine Jalousie aufgerollt werden können -, sind die neu angebrachten Paneele starr und weisen eine 30 Prozent geringere Fläche auf (dennoch produzieren sie acht Prozent mehr Strom als die alten Solarpaneele zu Beginn ihrer Einsatzzeit). Die geringere Fläche der Solarpaneele ist vorteilhaft, da die Abbremsung von Hubble durch Atmosphärenreste geringer als bisher ausfallen wird.
 
Der dritte „Weltraumspaziergang“ begann erst mit Verspätung, da der Raumanzug von John Grunsfeld ein Leck aufwies, durch das Kühlwasser auslief. Erst nachdem er einen anderen Raumanzug angezogen hatte, konnte der Einsatz am 6. März um 09:28 Uhr beginnen. Während dieser EVA (= Extravehicular Activity) kam es zum wahrscheinlich schwierigsten und wichtigsten Geräteaustauschs der gesamten Service-Mission. Die für die Energieverteilung und -kontrolle zuständige Power Control Unit (PCU) ist kein für den Austausch vorgesehenes Bauteil von Hubble, weswegen die beiden Astronauten John Grunsfeld und Richard Linnehan eine sehr schwierige Arbeit zu erledigen hatten. Über 30 Kabelverbindungen in teilweise nicht einsehbarer Lage mussten erst gelöst und nach Einbau der neuen PCU wieder hergestellt werden. Zu diesem Zweck wurde das Weltraumteleskop zum ersten Mal komplett abgeschaltet, weshalb natürlich auch keinerlei aktive Temperaturkontrolle für die Bestandteile von Hubble möglich war – eine wesentliche Verzögerung des PCU-Austauschs hätte deswegen zu gravierenden Schäden am Teleskop geführt. Aber auch diese Aufgabe wurde mit Bravour erledigt und bewies einmal mehr, wie gut die Vorbereitung der Astronauten war.

John Grunsfeld und Richard Linnehan während des Austauschs der PCU. (Foto: NASA)
John Grunsfeld und Richard Linnehan während des Austauschs der PCU. (Foto: NASA)

Außeneinsatz Nummer vier begann am 7. März um 10:00 Uhr (MEZ). Bei diesem Einsatz wurde die Advanced Camera for Surveys (ACS) eingebaut, die eine enorme Verbesserung der Beobachtungsleistung von Hubble ermöglichen wird: Gegenüber dem Vorgängerinstrument ist die in einer gegebenen Zeiteinheit erzielbare Beobachtungsleistung zehn Mal größer. Die ACS enthält drei elektronische Kameras und ist in der Lage, Bilder in einem vom Ultravioletten bis zum Nahen Infrarot reichenden Spektralbereich aufzunehmen. Bisher war an ihrer Stelle die Faint Object Camera installiert, das letzte Original-Beobachtungsinstrument des Weltraumteleskops (alle anderen Beobachtungsinstrumente wurden bereits bei früheren Wartungs-Missionen ausgewechselt).
 
Der letzte von fünf Außeneinsätzen begann am 8. März um 09:46 Uhr (MEZ). Die Shuttle-Astronauten John Grunsfeld und Richard Linnehan installieren ein neues, experimentelles Kühlsystem für die Infrarotkamera NICMOS. Das Kühlsystem ist erforderlich, um die Kamera wieder in Betrieb nehmen zu können, da für die Beobachtung der so genannten „Nahen Infrarot-Strahlung“ (= Wärmestrahlung) das Beobachtungsinstrument auf extrem niedrige Temperaturen von weniger als -190° C heruntergekühlt werden muss. Das nach der Installation von NICMOS im Februar 1997 während der zweiten Hubble-Servicemission verwendete Kühlmittel war zwei Jahre später wegen eines winzigen Lecks im Kühlmittelkreislauf aufgebraucht, so dass die Kamera seitdem außer Betrieb war.
 
Nachdem auch dieser Außeneinsatz erfolgreich verlaufen war, wurde das Weltraumteleskop einen Tag später um 11:04 Uhr (MEZ) wieder in den Orbit entlassen. Bis zur nächsten, für 2004 geplanten Service-Mission wird Hubble wieder alleine in 600 Kilometer Höhe seine Bahnen um die Erde ziehen. In den nächsten Wochen werden noch weitere Tests und Kalibrierungen folgen, und wenn auch diese Phase erfolgreich abgeschlossen ist, steht den Wissenschaftlern ein Weltraumteleskop zur Verfügung, dessen neue Leistungsfähigkeit aufregende Entdeckungen erwarten lässt.

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