Eine Chronik des Unglücks

STS-107: Das Space Shuttle „Columbia“ gilt als vermisst und seine Besatzung als verloren. Eine Chronik des Unglücks.

Ein Beitrag von Michael Schuhmacher.

NASA-Poster mit der STS-107-Besatzung und einer Beschreibung der Missionsziele. (Bild: NASA)
NASA-Poster mit der STS-107-Besatzung und einer Beschreibung der Missionsziele. (Bild: NASA)

Die National Aeronautics and Space Administration (NASA) verlor den Funkkontakt mit dem Space Shuttle Columbia, und das Orbiter Vehicle (OV) 102 erschien nicht am Himmel über Zentralflorida wie es während des Wiedereintritts am Samstagmorgen zu erwarten war. Fernsehbilder einer Station in Texas zeigen wie der Space Shuttle auseinander bricht.

Die NASA empfing den letzten Funkkontakt mit dem Space Shuttle gegen 09.00 Uhr Eastern Standard Time (EST) beziehungsweise 15.00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (MEZ) als das OV-102 über Texas flog. An Bord der Columbia befanden sich sieben Astronauten: Kommandant Rick Husband, Pilot William McCool, die Missionsspezialisten Kalpana Chawla, Laurel Clark, Michael Anderson und David Brown sowie der israelische Nutzlastspezialist Ilan Ramon.

NASA-Flugdirektor Leroy Cain rief im Mission Control Center (MCC) in Houston den Notfallalarm aus. Die Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn fand wie geplant um 08:15 Uhr (EST) bzw. 14:15 Uhr (MEZ) statt und alles schien beim Wiedereintritt gut zu verlaufen bis der Kontakt über dem Norden von Zentraltexas verloren ging.

STS-107-Kommandant Rick Husband (li.) und Pilot William McCool (re.). (Bild: NASA)
STS-107-Kommandant Rick Husband (li.) und Pilot William McCool (re.). (Bild: NASA)

Während der routinemäßigen Überprüfung einen Tag vor der Landung am Freitag wurden keine technischen Probleme mit dem Space Shuttle gemeldet. Auf der Pressekonferenz vor der Landung beantwortete der Flugdirektor für den Wiedereintritt Fragen zu der möglichen Beschädigung der Hitzeschutzkacheln der Columbia, die von Isolierschaum herrührt, der sich beim Start vom External Tank (ET) des Space Shuttle gelöst hatte.

Cain sagte, dass Ingenieure die Situation untersucht haben und nicht beunruhigt seien. „Wir haben die Situation mit der Hitzeschutzkachel am linken Flügel sehr gründlich untersucht und wir haben überhaupt keine Bedenken“, sagte Cain am Freitag. „Daher haben wir nichts in Hinsicht auf unsere Flugbahngestaltung geändert.“

Sollte die Beschädigung schwerer gewesen sein, ist es möglich, dass ein Durchbrennen jeglicher Art eine Reihe von katastrophalen Ereignissen auslösen kann.

Im Folgenden sehen sie eine chronologische Auflistung der letzten 60 Minuten des Space Shuttle Columbia, alle Zeiten EST, um auf MEZ zu kommen addieren Sie sechs Stunden:

  • Um 08.09 Uhr erhält die Besatzung vom Flugdirektor für den Wiedereintritt das „Go“ für die Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn. Die Zündung soll um 08.15:30 Uhr erfolgen und zwei Minuten und 38 Sekunden. Die Landung auf dem Kennedy Space Center (KSC) in Florida ist für 09.16 Uhr geplant, 16 Tage nach dem Start.
  • Um 08.11 Uhr aktiviert Pilot William McCool eine der drei Auxiliary Power Units (APUs) zwei Minuten vor der Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn. Die beiden anderen APUs werden später während des Abstiegs gezündet, um den Druck im Hydrauliksystem aufzubauen, um die Flügelklappen, die Ruder und die Luftbremse zu steuern, das Fahrwerk auszufahren und das Bugrad zu steuern. Die NASA stellt sicher, dass mindestens eine APU vor der Durchführung der Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn funktioniert, da der Space Shuttle nur eine einzige APU für eine sichere Landung benötigt.
  • Um 08.15 Uhr findet die Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn als sich die Columbia 283 Kilometer über dem Indischen Ozean westlich von Australien befindet. Die Columbia fliegt mit dem Heck voraus und verkehrt herum.
  • Um 08.18 Uhr ist die Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn erfolgreich abgeschlossen. Die Columbia befindet sich auf ihrem Weg nach Hause.
  • Um 08.23 Uhr manövriert das Führungssystem die Columbia von der Konfiguration für die Zündung zum Verlassen der Erdumlaufbahn, Köpfe nach unten, Heck voraus in die Konfiguration für den Wiedereintritt, Köpfe nach oben und mit der Nase voran. Die Nase wird um 40 Grad angehoben. In dieser neuen Position werden die schwarzen Hitzeschuldkacheln am Bauch der Raumfähre das Raumschiff während des feurigen Sturzes durch die Erdatmosphäre schützt. Die Columbia wird in 20 Minuten auf die oberen Schichten der Atmosphäre über dem Pazifischen Ozean treffen.
  • Um 08.31 Uhr befindet sich die Columbia in einer Höhe von 235 Kilometern, noch 45 Minuten bis zum geplanten Aufsetzen.
  • Um 08.32 Uhr werden die verbleibenden zwei APUs aktiviert. Sie werden nur während den Start- und Landephasen einer Space Shuttle-Mission aktiviert. Zusätzlich wird überflüssiger Treibstoff des vorderen Reaction Control System (RCS) abgelassen.
  • Um 08.42 Uhr befindet sich die Columbia in einer Höhe von 145 Kilometern über dem Pazifischen Ozean.
  • Um 08.44 Uhr trifft die Columbia auf die äußeren Schichten der Erdatmosphäre und beginnt den Wiedereintritt. Diese Periode wird als „Entry Interface“ bezeichnet. Die Geschwindigkeit beträgt Mach 25.
  • Um 08.46 Uhr sind es noch 30 Minuten bis zum Aufsetzen. Die Höhe beträgt 103 Kilometer. Die Columbia wird das amerikanische Festland über Kalifornien nördlich von San Francisco erreichen. Der Kurs führt den Raumgleiter über Nevada, Arizona, New Mexico, Texas und dann entlang der Golfküste nach Florida.
  • Um 08.49 Uhr beginnt die Columbia die erste einer Reihe von Kurven zum Abbau der Geschwindigkeit während sie durch die Erdatmosphäre absteigt. Diese Manöver bauen die Energie ab, die die Columbia während des Starts aufgebaut hat. Diese erste Kurve geht nach rechts.
  • Um 08.51 Uhr befindet sich die Columbia in einer Höhe von 76 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 26.389 Kilometern pro Stunde.
  • Um 08.53 Uhr kreuzt die Columbia die Küstenlinie von Kalifornien.
  • Um 08.55 Uhr befindet sich die Columbia über dem südlichen Teil von Nevada. 20 Minuten bis zum Aufsetzen.
  • Um 08.56 Uhr beträgt die Geschwindigkeit 24.135 Kilometer pro Stunde als sich die Columbia über dem Norden Arizonas befand.
  • Um 08.57 Uhr befindet sich die Columbia 69 Kilometer über New Mexico. Sie kurvt nun nach links um Geschwindigkeit abzubauen.
  • Um 08.59 Uhr befindet sie sich 64 Kilometer über Texas.
  • Um 09.01 Uhr verlieren die Flugkontrolleure den Funkkontakt mit der Columbia. 15 Minuten bis zur Landung.
  • Um 09.04 Uhr wird von Trümmerteilen hinter der Plasmaspur des Space Shuttle während des Wiedereintritts berichtet.
  • Um 09.05 Uhr gibt es immer noch keinen Funkkontakt mit der Columbia.
  • Um 09.06 Uhr gibt es immer noch keine Bahnverfolgungsdaten. Gleichzeitig wird von Trümmern am Himmel berichtet.
  • Um 09.09 Uhr gibt es immer noch keinen Kontakt mit der Columbia.
  • Um 09.10 Uhr sucht die NASA immer noch nach Bahnverfolgungsdaten. Der Funkkontakt brach vor ungefähr 10 Minuten ab.
  • Um 09.14 Uhr weist der Flugdirektor für den Wiedereintritt seine Flugkontrolleure an ihre Notfallpläne hervorzuholen.
  • Um 09.15 Uhr gibt es weiterhin keine Bahnverfolgungsdaten.
  • Um 09.19 Uhr treten die Notfallpläne im Missionskontrollzentrum in Kraft.
  • Um 09.27 Uhr gibt die NASA bekannt, dass sich die Columbia zum Zeitpunkt des Verlustes des Funkkontaktes mit einer Geschwindigkeit von 20.113 Kilometern pro Stunde in einer Höhe von 60.960 Metern befand.

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