STS-107: „Akte Columbia“ geschlossen

Mit dem heute erschienenen US-Untersuchungs-Bericht gilt der Fall der verunglückten Mission STS-107 als gelöst. Trotzdem behält der Vorfall einen bitteren Beigeschmack.

Ein Beitrag von Felix Korsch. Quelle: CAIB, NASA.

Start der Space-Shuttle-Mission STS-107. (Bild: NASA)
Start der Space-Shuttle-Mission STS-107. (Bild: NASA)

Lange gab es Spekulationen über die Unglücksursache, welche zu dem tragischen Verlust des Space Shuttles Columbia sowie sieben Astronautenleben am 1. Februar 2003 führte. Nach über einem halben Jahr Arbeit – Ermittlungen, Datensichtungen und Tests – stellte das CAIB (Columbia Investigation Board), ein zwölfköpfiges Gremium um den Navy-Admiral Hal Gehman, heute ihren finalen Untersuchungsbericht der Öffentlichkeit vor. Erwartungsgemäß enthält er keine Überraschungen. Bereits in vorigen Veröffentlichungen und so genannten Working Scenarios wurde die Richtung der Ermittlungen klar: bereits beim Start entstand ein nennenswerter Schaden am Orbiter, welcher beim Wiedereintritt die Katastrophe erst ermöglichte. Urheber aller Probleme ist demnach ein Stück Schaumstoff-Isolation des großen externen Tanks, welches sich während des Aufstieges, rund 81 Sekunden nach dem Abheben vom Launch Pad in Cape Canaveral, löste und ein Loch in die linke Flügel-Vorderkante riss. Später, während des Fluges durch die Atmosphäre, bot eben jener Schaden einen Angriffspunkt für heiße Gase. Diese gelangten ins Innere der Shuttle-Struktur und zerstörten schließlich das gesamte Raumschiff.

Reifen des rechten Hauptfahrwerks nach dem Absturz des Orbiters Columbia. (Bild: CAIB/NASA)
Reifen des rechten Hauptfahrwerks nach dem Absturz des Orbiters Columbia. (Bild: CAIB/NASA)

Oft wurde in der Vergangenheit gerätselt und spekuliert über die Gründe und Ursachen sowie den genauen Verlauf der Katastrophe. Es kursierten zwischenzeitlich viele Theorien, darunter die, das Shuttle sei im Weltraum von einem Stück Weltraumschrott oder einem Mikrometeoriten getroffen worden. Unter all diese Thesen setzt das CAIB mit dem definitiven Ermittlungsbericht nun den Schlussstrich. „Smoking Gun“ heißt die damit bestätigte, oben beschriebene Variante, und illustriert den Vorgang am Starttag. Tragischerweise blieb der Schuss weitestgehend ungehört. Auch für die NASA als Institution wird sich der Bericht als folgenreich erweisen: Nicht nur organisatorische Mängel in der Management-Struktur der Behörde sind mittlerweile bekannt geworden, auch gibt es offenbar gravierende Sicherheitsmängel – Resultate von Schlamperei und einer rigiden Sparpolitik. Die sich stellende zentrale Frage – wie konnten technische Risiken trotz früherer Warnungen bestehen bleiben? – wird somit auch zur Zerreißprobe für die NASA. Überhaupt ist das Trauma der Tragödie weitreichend. Experten rechnen mit Gesamtkosten von mehr als einer Milliarde US-Dollar für den Verlust des Shuttles, die Bezahlung professioneller Such- und Bergungsdienste sowie die Finanzierung des Untersuchungsausschusses.

Kopf eines der Triebwerke vom Typ SSME des Orbiters Columbia nach dem Absturz. (Bild: CAIB/NASA)
Kopf eines der Triebwerke vom Typ SSME des Orbiters Columbia nach dem Absturz. (Bild: CAIB/NASA)

Das Ziel der NASA ist eine baldige Wiederaufnahme der Shuttle-Flüge. Die NASA strebt einen Termin im April kommenden Jahres an, Optimisten rechnen gar mit einem neuen Flug zur Internationalen Raumstation ISS schon um den 12. März. Bis dahin sind jedoch noch viele Probleme zu lösen, und die Überwindung des Geschehenen wird die NASA nicht nur Geld, sondern auch Nerven, vielleicht sogar führende Köpfe kosten, welche die Befürchtungen von Technikern und Ingenieuren bezüglich eines eventuellen Schadens in den Wind schlugen. Das CAIB versteht seinen Bericht daher auch als Leitfaden für die NASA auf dem Weg zur Wiederaufnahme des bemannten Raumfahrt-Programms. Hierzu wurden einige grundlegende technische Forderungen erhoben: unter anderem soll bei künftigen Flügen standardmäßig die Unterseite und die Flügelstruktur des Orbiters durch Außenbordeinsätze auf mögliche Beschädigungen hin untersucht werden. Unterstützung werden die Astronauten dabei von hochauflösenden militärischen Kameras auf der Erde bekommen, um Schäden frühzeitig zu verifizieren. Auch eine Reparaturmöglichkeit kleinerer Beschädigungen soll geschaffen werden. Dies alles erfordert zwangsweise Veränderungen der Konstruktion der verbleibenden Shuttle-Flotte und kostet damit wertvolle Zeit. Zeit, die zum Beispiel das ISS-Projekt immer weiter in einen Versorgungsenpass hineinmanövriert.

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