Sternbilder, Planeten und Satelliten mit bloßem Auge beobachten: Im Herbst 2023 geht die von der Klaus Tschira Stiftung geförderte SkyPole-Anlage an der Heidelberger Landessternwarte an den Start. Eine Pressemitteilung der Klaus Tschira Stiftung gGmbH.
Quelle: Klaus Tschira Stiftung gGmbH 1. Februar 2023.
Heidelberg, 1. Februar 2023. Hoch oben über Heidelberg, auf dem weitläufigen Gelände der Landessternwarte soll im September 2023 eine einzigartige SkyPole-Anlage zur Beobachtung von Himmelsobjekten in Betrieb genommen werden. Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) ermöglicht das Projekt, damit noch größere Besuchergruppen als bisher die faszinierende Beobachtung des Sternenhimmels mit bloßem Auge erleben können. Ob Planeten, Sterne, Sternbilder oder Satelliten, all das wird zu sehen sein: Astronomie pur!
Im Interview erklärt Norbert Christlieb, Professor am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg, das Projekt.
Was ist eine SkyPole-Anlage?
Christlieb: SkyPole ist ein Hilfsmittel zum Aufsuchen von Himmelsobjekten. Das funktioniert so, dass sich in der Mitte ein zehn Meter hoher Mast befindet, an dem auf unterschiedlicher Höhe drei farbige Leuchtmarken angebracht sind. Darum herum befinden sich Gehwegplatten mit selbstleuchtender Beschriftung, die in einem ringförmigen Koordinatensystem angeordnet sind. Auf einem Bildschirm kann man abrufen, welche Himmelsobjekte in der betreffenden Nacht gerade beobachtbar sind. Der Computer berechnet die Koordinaten in Echtzeit und teilt einem mit, auf welche der Platten man sich stellen und auf welche Leuchtmarke an dem Mast man schauen sollte, um das ausgewählte Himmelsobjekt zu finden. Damit können Sterne, Planeten, aber auch ganze Sternbilder und Satelliten angepeilt werden.
Das heißt, es ist ein Mittel zur Orientierung am Himmel, und zwar ohne Teleskop?
Christlieb: Ganz genau. Es geht um die Beobachtung mit bloßem Auge. In Ergänzung zu unseren Beobachtungsveranstaltungen mit Teleskopen.
Wie ist die Idee entstanden?
Christlieb: Das Ganze entstand durch den Kontakt zu Peter Kroll von der Firma „4pi Systeme“, die den SkyPole erfunden haben und auch das Patent darauf halten. Die von ihm installierten Anlagen an der Sternwarte Sonneberg in Thüringen und im UNESCO Biosphärenreservat Hohe Geba in der Rhön haben uns so fasziniert, dass wir uns das auch für Heidelberg und die Landessternwarte vorstellen konnten. Allerdings ist unsere, jetzt geplante Anlage, viel größer. Sie hat 520 Platten statt der 280 in Sonneberg und 200 in der Rhön und ermöglicht dadurch, dass der Himmel sehr viel engmaschiger abgebildet und die Aufsuchgenauigkeit größer wird.
Was versprechen Sie sich davon?
Christlieb: Am Zentrum für Astronomie und dem von der KTS gestifteten Haus der Astronomie auf dem Königstuhl haben wir schon ein vielfältiges Angebot der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, das wir durch den SkyPole optimal ergänzen können. Außerdem verfügen wir mit dem großen Gelände hier auf dem Königstuhl über einen geeigneten Standort, an dem sich auch die Lichtverschmutzung in Grenzen hält. Es ist deutlich dunkler als in der Stadt und die Sicht ist auf dem Berg besser.
Was war der Anlass?
Christlieb: Ursprünglich wollten wir das Ganze im Juni zum 125-jährigen Jubiläum der Landessternwarte fertig haben und eröffnen, jetzt wird es wohl der Tag der offenen Tür am 24. September, gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Astronomie.
Aber der Himmel muss schon wolkenlos sein, oder?
Christlieb: Ja, das ist in der optischen Astronomie immer so.
Was ist die Zielgruppe?
Christlieb: Das sind interessierte Laien, aber auch Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, die hier ihr astronomisches Praktikum machen. Auch für die regelmäßig stattfindenden Fortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer ist der SkyPole geeignet.
Viele Physikstudierende, die unbedingt nach Heidelberg kommen wollen, sagten schon vor Jahren, ihre Hauptmotivation sei, dass Heidelberg ein deutschen „Hotspot“ für Astronomie sei. Ist das noch so?
Christlieb: Rund die Hälfte aller Studienanfängerinnen und -anfänger im Studiengang Physik hier in Heidelberg tun das auch wegen ihres Interesses für die Astrophysik.
Lässt sich diese Begeisterung dann auch auf andere, nicht so eingängige Gebiete der Physik übertragen?
Christlieb: Wir sind eine Art Einstiegstor, um die Leute zu begeistern. Wenn sie dann merken, dass sie beispielsweise die Festkörperphysik doch mehr interessiert, haben wir trotzdem unseren Beitrag geleistet (lacht).
Haben Sie eine Erklärung, warum die Astronomie so viele Menschen fasziniert?
Christlieb: Da ist zum einen der Drang zu verstehen, woher wir kommen. Die Menschen möchten wissen, wie unser Sonnensystem und unser Planet entstanden sind, und wie es sich entwickeln wird. Dazu kommt noch die Faszination dieser großen Dimension, dass das Weltall scheinbar unendlich ist. Und natürlich die Exoplaneten, die Suche nach der zweiten Erde, und die Frage, ob wir denn alleine sind im Weltall.
Wieso haben Sie den Antrag für das Projekt ausgerechnet bei der Klaus Tschira Stiftung gestellt?
Christlieb: Weil die Klaus Tschira Stiftung sich schon immer für die Förderung des Nachwuchses in den Naturwissenschaften eingesetzt hat. Es war ja ein großes Anliegen des Stifters Klaus Tschira selbst, Kinder und Jugendliche so früh wie möglich für Naturwissenschaften zu begeistern. Da passte das perfekt.
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