Neue Daten vom Spitzer-Teleskop werfen einen neuen Aspekt in die Debatte um die Entstehung von Leben im All: Sind kühle Sterne in der Lage, die Verbindungen bereitzustellen, die bei uns ein essentieller Bestandteil der Erbsubstanz sind?
Ein Beitrag von Karl Urban. Quelle: NASA JPL.
Seit die Chemiker Stanley Miller und Harold C. Urey im Jahr 1953 das Ursuppen-Experiment vorstellten, ist viel Zeit vergangen. Das Experiment bestand aus den vermuteten Bestandteilen der jungen Erde, denen Energie in Form von Blitzen zugesetzt wurde. – Und siehe da, die ersten lebenswichtigen organischen Moleküle entstanden. Auch wenn die Aussagekraft des Miller-Urey-Experiments heute umstritten ist: Kann man davon ausgehen, dass auch in anderen Sonnensystemen ähnliche chemische Grundvoraussetzungen für die Entstehung von Leben bestehen? Diese Frage hat kürzlich ein US-amerikanisches Forscherteam versucht, mit Hilfe des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA zu klären.
Ihre Anfangsfrage lautete: Enthalten andere Sterne solche Moleküle, die man als präbiotisch bezeichnen kann?
„Um kalte Sterne hat sich die präbiotische Chemie vielleicht ganz anders entwickelt,“ sagte Ilaria Pascucci, leitende Autorin der neuen Veröffentlichung von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore. Die Studie erscheint am 10. April im Astrophysical Journal.
Die Forscher waren auf der Suche nach Cyanwasserstoff, der in protoplanetaren Scheiben vorkommt. Aus diesen Scheiben entstehen später Planeten und auf ihnen sammelt sich dann vielleicht eine Ursuppe, aus der Leben entstehen könnte. Cyanwasserstoff ist eine Komponente des Adenin, einem Hauptbestandteil der DNA und damit jeden Lebens auf der Erde.
„Es ist durchaus möglich, dass auch das Leben auf der Erde durch die Zufuhr solcher Moleküle aus dem Sonnensystem gestartet wurde“, sagte Pascucci.
Die Forscher untersuchten mit dem Infrarotspektrografen des Spitzer-Teleskops 44 protoplanetare Scheiben um sonnenähnliche und 17 um kühle Sterne. Sie haben alle ein Alter von etwa drei Millionen Jahren. In dieser Phase entstehen nach den heutigen Modellen die meisten Planeten.
Das Ergebnis der Studie lautet: Cyanwasserstoff wurde in 30 Prozent der Staubsteiben um sonnenähnliche gelbe Sterne gefunden. Der übrige Teil sowie die kühlen M-Typ-Zwergsterne und braunen Zwerge zeigten keine Spuren des Moleküls.
„Vielleicht ist ultraviolettes Licht dafür verantwortlich, dass bei gelben Sternen mehr Cyanwasserstoff produziert wird. Sie erzeugen größere Mengen dieser Strahlung“, sagte Pascucci.
Die Funde bergen Implikationen für andere kürzlich gefundene Exoplaneten um M-Typ-Sterne. Bisher wurden keine erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone gefunden, in der flüssiges Wasser existieren kann. Wird eines Tages ein solcher Planet gefunden, könnte er auch Leben beherbergen? Diese Frage möchte Pascuccis Gruppe beantworten.
„Die Astronomen sind sich da nicht so sicher. M-Typ-Sterne neigen zu extremen magnetischen Ausbrüchen, was frisch entstandenes Leben in Bedrängnis bringen könnte. Mit den neuen Spitzer-Daten müssen sie ein weiteres Detail berücksichtigen: Diese Planeten haben vielleicht einen ernsthaften Mangel an Cyanwasserstoff. Dieses Molekül ist ein nicht unwichtiger Bestandteil von uns“, sagt Douglas Hudgins, Spitzer-Programmwissenschaftler am NASA-Hauptquartier in Washington D.C. „Die Frage lautet: Enthalten kühle Sternensysteme überhaupt die richtigen Zutaten für die Entstehung von Leben? Hieße die Antwort nein, wäre die Frage über Leben an kühlen M-Sternen ausgesprochen fragwürdig.“
Verwandte Diskussionen