Staubige Zeiten in Sicht

Die Auswertung von Daten des Sonnenorbiters Ulysses hat gezeigt, dass die durch unser Sonnensystem flutenden interstellaren Staubmengen stark vom Magnetfeld der Sonne beeinflußt werden.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: ESA.

Verteilung des interstellaren Staubes während solarer Minima (oben) und Maxima (unten): gelb und rot zeigen Gebiete hoher Staubkonzentration an.
(Grafik: ESA)

Seit 1992 misst die europäische Raumsonde Ulysses den ständig durch unser Sonnensystem fließenden Strom von Sternenstaub – obwohl es vielleicht genauer ist davon zu sprechen, dass unser Zentralgestirn mitsamt allen übrigen Mitgliedern unseres Sonnensystems mit hoher Geschwindigkeit durch interstellaren Staub fliegt, der Bestandteil der lokalen galaktischen Wolke ist, durch die wir uns zur Zeit hindurchbewegen. Entsprechend unserer Reisegeschwindigkeit von 26 Kilometern pro Sekunde benötigt eines der winzig kleinen Staubkörner rund 20 Jahre, um unser Planetensystem zu durchqueren.

Das vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg gebaute Instrument DUST hat über Jahre die Größe, Geschwindigkeit und Einfallrichtung solcher interstellarer Partikel registriert, während Ulysses seine Bahnen um die Sonne drehte. Mehrere Wissenschaftler unter Leitung von Markus Landgraf am Max-Planck-Institut in Heidelberg haben bei der Auswertung der Messdaten festgestellt, dass die Dichte der Staubwolken, die sich durch unser Planetensystem hindurchbewegen, direkt mit dem Zustand des Magnetfeldes unserer Sonne zusammenhängt.

Wenngleich die Sonne von der Erde aus betrachtet mit bloßem Auge einen statischen Eindruck vermittelt, so ist sie tatsächlich doch ein sehr dynamischer Himmelskörper. So schwankt beispielsweise die Aktivität der Sonne, die sich in der Anzahl von „Sonnenflecken“, gigantischen Protuberanzen und anderen Erscheinungen ausdrückt, in einem elfjährigen Rhythmus (die Wissenschaftler sprechen von Minima und Maxima solarer Aktivität). Schon vor einiger Zeit haben Wissenschaftler festgestellt, dass unter anderem auch alle elf Jahre eine Umpolung des solaren Magnetfelds erfolgt: Aus dem magnetischen Nordpol der Sonne wird der Südpol und umgekehrt! Solche Vorgänge gibt es zwar auch beim irdischen Magnetfeld, allerdings liegt hier zwischen zwei Neuausrichtungen des Erdmagnetfelds nicht nur ein gutes Jahrzehnt wie bei der Sonne, sondern üblicherweise mindestens mehrere zehntausend Jahre.

Was aber hat das solare Magnetfeld mit dem interstellaren Staub zu tun? Die Daten von Ulysses zeigen, dass das weit in den umgebenden Weltraum reichende Magnetfeld der Sonne den Großteil des Sternenstaubs aus unserem Planetensystem heraushält, da diese Partikel zu einem nicht geringen Teil elektrisch geladen sind und somit durch Magnetfelder abgelenkt werden. Die Auswertung neuester Daten, die bis Ende letzten Jahres gesammelt worden sind, hat nun aber gezeigt, dass diese abschirmende Kraft während des letzten solaren Maximums um die Jahrtausendwende herum deutlich nachgelassen hat und deshalb dreimal mehr interstellarer Staub als vorher das Sonnensystem durchströmt. Ursache für die Schwächung des Magnetfelds der Sonne ist die alle elf Jahre während eines solaren Maximums erfolgende Magnetfeldumpolung, die schon deutlich vorher und nachher ein „ungeordnetes“, wenig strukturiertes und damit einhergehend auch schwächeres Magnetfeld zur Folge hat.

Doch dieser mit der Umpolung des Magnetfelds der Sonne einhergehende Anstieg der Staubkonzentration im Sonnensystem ist nicht noch nicht alles, was die Wissenschaftler entdeckt haben. Interessanterweise hat auch die Anordnung der magnetischen Pole unserer Sonne Auswirkungen auf die Ablenkung des interstellaren Staubs, wie Markus Landgraf gegenüber Raumfahrer.net erläuterte: „Der Grund dafür ist, dass während des ersten Minimums (z.B. 1995) der magnetische Nordpol am heliographischen Nordpol und der magnetische Südpol am heliographischen Südpol liegen. Im darauf folgenden Minimum ist es umgekehrt. Das solare Magnetfeld hat nun die Eigenschaft, elektrisch geladene Staubpartikel im ersten Minimum von der Sonnenäquatorialebene abzulenken und während des zweiten Minimums sie auf die Äquatorialebene zu fokussieren. Während der Sonnenmaxima ist die Polarität des Feldes so ungeordnet, dass es keinen Einfluss auf die Staubpartikel hat.“

Die jetzige Pol-Anordnung führt also einer verstärkten Durchleitung der elektrisch geladen winzigen Staubpartikel in die Bereiche des inneren Sonnensystems, so dass spätestens ab 2005, wenn das Magnetfeld der Sonne in den Zeiten geringer solarer Aktivitäten besonders gut und strukturiert ausgebildet ist, eine noch einmal deutlich höhere Staubkonzentration in unserem Sonnensystem vorhanden sein wird – es wird staubig…

Die direkten Auswirkungen der erhöhten Staubdichte bleiben allerdings gering: Wegen ihrer winzigen Masse und Größe – die einzelnen Partikel sind im Mittel nur ein hundertstel so groß wie der Durchmesser eines menschlichen Haares – werden die Planeten davon nicht beeinflußt. Allerdings werden sie aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit und Anzahl beim Aufprall auf Asteroiden und Kometen mehr Sekundärpartikel als gewöhnlich erzeugen, doch auch diese werden natürlich nur im mikroskopischen Bereich angesiedelt sein.

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